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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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Gleichen, aber wie hätte er ein Gleicher werden sollen von Respektspersonen wie Johanna Müntzer, Heinrich Meyer oder gar dem Genossen Xaver Frank, den seine Funktion und die Freundschaft mit Johanna Müntzer hin und wieder in die Redaktion führten?
    Zum anderen, und wirklich zum ganz anderen, war es so, daß er mit einem Begriff von Partei aufgewachsen war, der nichts Anziehendes, nur Abstoßendes hatte. In der Übersetzung,die den weitaus längeren Teil seines Lebens gegolten hatte, hieß Partei: Stadtverordneter und Abdecker und SA-Mann Wolter, Lehrermensch und SA-Mann Kasten, Mord im Küchenbach und Mord im Kaufhaus Ascher und Vaters lange Abwesenheit und Vaters Tod. Da wehrte sich viel in David, und dem war eben mit Vernunft nur langsam beizukommen, weil es selber nicht in allen Teilen vernünftig war.
    Es gab einen weiteren Grund, und der ließ sich schon deshalb nicht gut anführen, weil er inzwischen nicht mehr vorhanden war; hätte man es getan, so hätte es wie verspäteter Vorwurf geklungen.
    Also druckste David herum, und das machte einen ungewohnten David. Da ließ Penthesileas Zorn nicht auf sich warten. »Was ist los, du Ratzeburger, weißt du keine Antwort auf eine Frage? Von allen Gelegenheiten, den Mund zu halten, ist dies die ungünstigste, und warum ergreifst du sie? Will Genosse werden und sitzt da wie ein Karpfen; wer soll das billigen?«
    »Nee«, sagte Kutschen-Meyer, »das Wort mußte ergreifen, sonst wird nischt. Um dir mal zu erläutern, warum du hier nach dein langes Ausbleiben gefragt wirst: Den Fedor Gabelbach, den würde ich nicht in hundert Jahren fragen, wieso er nicht in der Partei ist; das wäre in allen Hinsichten unpassend. Aber dann gibt es Menschen, bei denen sieht es unnatürlich aus, wenn sie parteilos sind. Bei denen möchte man schon Gründe erfahren. Hast du welche?«
    »Hatte ich«, sagte David, »aber sie sind jetzt hinfällig. Als ich zur Zeitung kam, gab es noch zwei Parteien, in die ich hineingepaßt hätte. Ich hab nicht recht gewußt, in welche besser, und da dachte ich: Dann kommen wohl beide ohne mich aus. Dann kam die Vereinigung, und ich dachte: Ob das wohl geht mit den beiden? Jetzt sehe ich, es geht sehr gut, und ich komme mir komisch vor, so parteilos.«
    »Meine Rede«, sagte Kutschen-Meyer, und Schäfers erklärte die Frage für historisch konkret beantwortet. Ebensogut hätte er auch gleich die Frage für beantwortet geltenlassen können, ob Einverständnis bestehe über die Aufnahme Davids, denn Eignung oder nicht, das wurde nicht erst an diesem Tisch entschieden.
    Aber Schäfers glaubte sich wohl zu scharfem Examen verpflichtet; er hatte eine Liste parat, und David mußte sich zu Grundbegriffen der Theorie und Hauptproblemen der Praxis äußern, und da er meinte, er müsse in dieser besonderen Situation auch mit besonderem Wissen glänzen, zog er die Beispiele, mit denen er seine Thesen stützen wollte, aus einem Gebiet heran, das ihm durch ersten Beruf und frühe Leidenschaft vertraut geworden war, und zu Johannas sichtbarem Grimm und Kutschen-Meyers hörbarem Vergnügen gewann das Aufnahmegespräch allmählich den Charakter eines militärhistorischen Kolloquiums.
    Erst als David nach Schäfers Aufforderung, er möge den Sinn des Kollektivs historisch-konkret erläutern, das heillose Nebeneinanderher bei der Entwicklung des Hammerless-Gewehrs als tragischen Fall mangelnder Kollektivität vorgeführt hatte und den Widerstand feudaler Militärs gegen den Hinterlader als Beleg für die Rolle des Bewußtseins bei der Entwicklung der Produktivkräfte verstanden wissen wollte, erst da griff Johanna Müntzer ein und forderte die Rückkehr in zivilere Bereiche, und richtig zornig wurde sie erst, als David sich noch nicht gleich bremsen wollte und seinen künftigen Genossen eröffnete, Militärisches und Ziviles seien oftmals von Leuten befördert worden, die sich auf beiden Gebieten gleich erfindungsreich gezeigt, zum Beispiel danke man Spencer nicht nur das nach ihm benannte Schießeisen, sondern auch eine automatische Drehbank, und White, dessen Gewehrmagazin das erste kriegsmäßig eingesetzte gewesen, habe auch so etwas Friedliches wie eine Nähmaschine konstruiert.
    Da schlug Penthesilea mit ihrer Handtasche auf den Tisch und forderte David auf, hier jetzt nicht wie ein schießwütiger Teufel zu reden, es gehe schließlich um sein neues Leben und nicht um alte Mordwerkzeuge.
    »Stimmt«, sagte Kutschen-Meyer, »obwohl es fürs neue Leben nicht schadet,

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