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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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Prompt haben sie ihn gefragt, wo das ist, wo er herkommt, und seine Antwort war: ›Aus einer Parteiorganisation, wo die Arbeiterklasse herrscht!‹
    Na, der Abend war hin, weil die Schriftsteller sich auf solche Unterscheidungen nicht einlassen wollten; das wäre ja auch übel, wenn sich plötzlich jeder seine eigene und besondere Partei in der Partei erfinden wollte.
    Aber dies nur als Ausgangspunkt; die Frage ist natürlich: Wie ist das nun mit der Arbeiterklasse und unsereins? Ich hab doch nicht deshalb studiert, damit es eines Tages heißt: Du gehörst nicht mehr zur Arbeiterklasse. Natürlich hat sich etwas geändert, aber so, daß einer einen Gegensatz daraus konstruieren kann? Nee, bin ich nicht der Meinung.
    Ich mache keinen Fetisch daraus, aber wenn ich höre: Voran, du Arbeitsvolk!, meine ich mich selber immer noch mit, verstehst du?«
    »Das ist ja nicht schwer«, sagte David, »aber das Problem ist schwierig genug. Weil wir doch tatsächlich keine Arbeiter mehr sind, Handarbeiter nicht und Proletarier schon gar nicht. Proletarier im klassischen Sinne gibt’s sowieso nicht mehr bei uns, aber Arbeiter gibt es natürlich, und so zu tun, als wären wir und sie noch in allen Punkten ein Pott, einStülp, das wäre unwissenschaftlich, aber, und das scheint mir der springende Punkt zu sein: Wer nun daraus etwas anderes machen will, aus dem Unterschied einen Gegensatz, dem gehört eins auf die Nase.«
    Jochen Güldenstern winkte ab. »Bleiben wir bei mir: Ich war jetzt oben auf der Baustelle Kraftwerk Nord. Du weißt, wie so was aussieht: Eine Gegend, in der der Gipfelpunkt an Technik bisher die Eisenbahn gewesen ist. Sand und Kiefer, Heidekraut und Kreuzottern. In ein paar Jahren steht da ein Kernkraftwerk, und niemand zweifelt daran. Wenn du nach Bewußtseinsfortschritt suchst, da steckt er: Die Schwarzen Pumpen haben diese Art Zweifel erledigt.
    Aber es wird natürlich wieder eine Schinderei; per aspera ad astra, fein, aber jetzt kommt erst einmal eine lange Zeit aspera, kannst du auch mit Rabotta übersetzen: Schlick und Schlamm und Gummistiefel, Hau ruck und Gib ihm.
    Dann kommst du da hin, Zeitungsfritze, der tausendste ungefähr, und der freundlichste Blick sagt: Na ja, muß es auch geben.
    Das ist aber der freundlichste. Du steigst aus dem Auto und störst. So heilig ist denen die Arbeit nicht, daß eine Unterbrechung sie umbrächte, aber jetzt störst du sie.
    Gabelbach ist da noch fein raus; der hat seinen Fotokram mit, dem sieht man an, daß er eine Art Arbeit macht, aber was ist mit mir? Ich weiß noch, in Schwedt hab ich mal einen gefragt, ich Idiot: ›Nun, Kollege, wie entwickeln sich die Dinge?‹, und die Antwort war: ›Nun, Kollege, die Dinge entwickeln sich folgendermaßen: Ich nehme dieses Gerät hier, man nennt es einen Spaten, wenn Sie sich das einmal notieren möchten, und den richte ich im rechten Winkel gegen den Boden, unter uns gesagt: Es ist nie ein exakter rechter Winkel, es ist eher ein leicht stumpfer, hundert Grad etwa, das erleichtert die Entwicklung des Spatens in das Erdreich hinein. Um diese Entwicklung zu erreichen, setze ich meinen rechten Fuß, das ist dieser hier, auf die rechte obere Spatenkante – wenn Sie das festhalten wollen: rechter Fuß auf rechte Kante, das wird soleicht verwechselt und hemmt dann die Entwicklung der Arbeitsproduktivität –, und nun kommt etwas sehr Wichtiges: Es kommt in meinem Körper zu einer gewissen Kraftentwicklung, die aber nur stattfindet, wenn alles zusammengeht: Sehnen, Muskeln, Knochen und vor allem das Bewußtsein, nicht nur das Bewußtsein: Es muß jetzt diese Kraftentwicklung eintreten, damit mein Spaten durch die Grassoden in die Erde dringt, sondern auch das Bewußtsein von der gesellschaftlichen Bedeutung meines Handelns – so einfach drauftreten, das wäre, entwicklungsmäßig gesehen, nicht die richtige Haltung, da entwickeln sich die Dinge nicht …‹
    Seine Kumpel wären zuerst beinahe am unterdrückten Lachen erstickt, und mir hat es fast die Trommelfelle zerrissen, als sie dann doch loslegten. Zum Glück bin ich nicht weggelaufen; ich hab mich für die dämliche Frage entschuldigt, aber auch gesagt, daß ich mich ganz gut alleine verarschen könnte, o weh!«
    »Ich weiß nicht, was ihr habt«, sagte Davids Fahrer plötzlich, »was soll denn daran nun knifflig sein? Wenn du keine dämliche Frage gestellt hättest, hättest du keine dämliche Antwort gekriegt. Dasselbe Ding hätte dir doch mit einem Arzt auch passieren

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