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Das Impressum

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Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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habe ihm vorgeschlagen, er soll mit Ihnen zum Friedhof fahren, da stört keiner.«
    »Und wann überlege ich meine Rede?« fragte David, aber Christa war schon am Telefon.
    Sie hatte recht: Es gab nichts mehr zu überlegen, denn dies war eine weitere Stufe der Beisetzungsfeierlichkeiten für den Hauptpförtner der Neuen Berliner Rundschau, und man würde sich bei der heutigen Steinaufrichtung mit einer Kurzfassung der Rede begnügen können, die anläßlich der eigentlichen Trauerfeier gehalten worden war, denn seit Schäfers’ Tod hatte es nichts Neues mehr über ihn gegeben, und solange er gelebt hatte, war er so vielschichtig auch nicht gewesen.
    Im Gegenteil: Ein einfacher Mensch in einem Sinne, der nicht der allerbeste war. Ein Mann, der immer nur eines nach dem anderen tun konnte, niemals zweierlei zur gleichen Zeit.
    Vor dem Krieg war er Elektriker in der Druckerei gewesen, einfach, unpolitisch, steuerbar, gesteuert, gesteuert schließlich bis in die Schlacht am Kursker Bogen. Dort hatte es ihm denrechten Arm abgerissen. Als die Rote Armee nach Berlin kam, machte Schäfers Hilfsarbeiten in seiner alten Druckerei, und eine einzige kurze Ansprache eines einzigen sowjetischen Soldaten brachte ihn in die Partei: »Dein Arm kaputt in Krieg, da? Du verstehen: Kommunist sprechen: Hitler machen Krieg. Du nix hören. Hitler machen Krieg, Krieg machen deine Arm kaputt. Du besser hören Kommunist!«
    Über diesen Faustregel-Marxismus kam Schäfers nie hinaus. Der Spruch des Soldaten war unwiderlegbar und schien der revolutionären Weisheit letzter Schluß zu sein; ein leuchtendes Beispiel für die Verbindung von Theorie und Praxis, deutlicher ging’s gar nicht. So jedenfalls meinte Schäfers, und wo immer er sich an die Überzeugungsarbeit machte, war ihm sein Stigma Ausgangspunkt einer Einführung in die wissenschaftliche Weltanschauung.
    An ihn mußte sich David wenden, als er sich entschieden hatte, in die Partei einzutreten.
    Schäfers korrigierte diesen Ausdruck sofort. »So nicht. Es geht nicht darum, ob du dich entschieden hast einzutreten; es geht darum, ob wir uns entscheiden, dich aufzunehmen. Hier erklärt man nicht seinen Beitritt, hier beantragt man seine Aufnahme.«
    »Ist in Ordnung«, sagte David, »dann beantrage ich hiermit meine Aufnahme.«
    »So auch nicht«, sagte Schäfers. »Du brauchst zwei Bürgen, Kollege.«
    »Die habe ich: Genossin Müntzer und Genossen Meyer«, sagte David und überreichte Schäfers zwei Schriftstücke, einen Zettel und ein Bündel Papier. Auf dem Zettel stand: »Ich befürworte die Aufnahme des Kollegen Groth in die Partei und bürge für ihn. Heinrich Meyer«, und in dem Bündel Papier stand ungefähr das gleiche, nur hatte Johanna Müntzer es nicht an Begründungen, historischen Betrachtungen, gesellschaftlichen Ausblicken, differenzierten Erwägungen und politischen Empfehlungen fehlen lassen; und wo von Davids Fehlern die Rede war, nahm David sich auswie ein Weißgardist, und wo Johanna ihren Assistenten lobte, mußte man sich fragen, wie die Partei bis dahin ohne diesen David Groth hatte bestehen können.
    »Dann werde ich dir jetzt einen Fragebogen aushändigen. Der muß wahrheitsgemäß ausgefüllt werden und in Druckbuchstaben, denn was nützt einem die Wahrheit, wenn man sie nicht lesen kann. Der nächste Schritt in dem Vorgang ist das Aufnahmegespräch; dafür erteile ich dir einen Rat: Man wird dich nach deinen persönlichen Erfahrungen fragen, aber du mußt in deinen Antworten das Persönliche mit dem Allgemeinen verbinden. Und noch etwas: Es wird in der kommenden Periode sehr viel Wert gelegt auf fachliches Wissen, weil es die Periode des Aufbaus ist. Es kommt darauf an, daß du fachliches Wissen dialektisch-politisch in einen Zusammenhang bringst. – Also dann bis Donnerstag, Kollege.«
    Am Donnerstag aber wollte man zunächst von David wissen, warum er erst jetzt, anderthalb Jahre nach seinem Eintritt in die Rundschau und also nach anderthalb Jahren der Zusammenarbeit mit bewährten Parteikadern, diesen Antrag gestellt hatte.
    Die Antwort war nicht einfach. Das Zögern hatte verschiedene Gründe gehabt, die sich nur schwer benennen ließen. Wenn man sie in Worte faßte, nahmen sie sich nicht sehr vernünftig aus.
    Die Genossen in der Rundschau waren alle ältere Leute, und so hatte sich in Davids Kopf eine Deckung hergestellt zwischen Parteimitgliedschaft und alt oder doch wenigstens sehr erwachsen. David hatte gewußt: Partei war eine Vereinigung von

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