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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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wir so einen neuen Kisch, vielleicht einen neuen John Reed, vielleicht zweie von beiden oder fünfe gar – die Chancen sind an dich gebunden, und wenn du so fürs Träumen bist und für den träumerischen Satz: Man müßte mal!, dann sagen wir: So mach doch, Mensch!
    Für den Fall, du hast es noch nicht bemerkt: Hier war schon die Rede von deiner Verbindung zur Arbeiterklasse, immerfort war die Rede davon. Denn was will deine Arbeiterklasse von dir? Daß du ihr beweist, du kannst auch heute noch einen Hammer halten, daß du ihr in der Frühstücksbude persönlich aufs Maul schaust, daß du im Drainagegraben ebenso schmutzig werden kannst wie sie? Will sie dich immer mal wieder im blauen Kittel sehen oder im Fleischerhemd, auf dem Fahrrad zur Frühschicht mit ihr, an der eingefrorenen Kohlenweiche in Klettwitz, geschwärzt unter Tage, fluchend auf hoher See? Will sie, daß du machst, was sie selber besser kann? Oder will sie vielleicht doch, du mögest bei deinem Leisten bleiben, damit du morgen noch besser kannst, was sie schon heute von dir erwartet?
    Was erwartet sie von dir, deine Arbeiterklasse? Die Antwort ist einfach: Sie erwartet von dir, gerade nun einmal von dir, eine Zeitung, eine illustrierte Wochenschrift, die Neue Berliner Rundschau.
    Die will sie aufschlagen zwischen Feierabend und Fernsehen, und mindestens dreimal pro Nummer will sie Lust verspüren, wenigstens die Lust verspüren, zur Frau ins andere Zimmer hinüberzurufen oder gar hinüberzugehen und zusagen: »Hast du dies Ding hier gesehen? Mann, ist das ein Ding! Die machen Dinger!« – Ehen sind lang, und manchmal fällt einem nichts mehr zu sagen ein, auch wenn man möchte, und da ist es keine Kleinigkeit, wenn eine Zeitung einem Grund gibt, aufzustehen, nach nebenan zu gehen und zu sagen: »Mann, machen die Dinger!« – Und Gottes Segen dem Bilderblatte, das einem im Bett kurz vor dem letzthin allzu häufigen Sieg der Müdigkeit eingibt, von jenem vorhin gesehenen Korallenriff zu sprechen und: »Weißt du, wenn der FDGB auf Draht wäre, da Urlaub, und nischt wie im Wasser liegen täte ich und dann zu Goldbroiler rösten lassen, und du mit so ’m weißen Bikini, wieso denn nicht, du unterschätzt dich da, doch ich schätze, du unterschätzt dich da, hast du gar nicht nötig, beileibe nicht, Ulla, ick möchte fast sagen: Bei deinem Leibe nicht, Ulla – wie fin’st du den: Bei deinem Leibe nicht? Ich finde es einwandfrei«, und Ulla findet es auch einwandfrei, und sie mag das, wenn er albern ist, und wieso Müdigkeit? Sie mag das.
    Deine Arbeiterklasse, Genosse Groth – um auch von ihren anderen Bedürfnissen zu sprechen –, die ist mit dir zufrieden, wenn deine Zeitung ihr hin und wieder einen Pfiff entlockt: »Die Franzosen haben aber ganz hübsch noch Kolonien, wie ich das hier so sehe! – Mit dem Kahn um die Welt, na, Mahlzeit! – So sah der Thyssen aus? Auch gut: Zwanzig Jahre hab ich für die Pfeife gearbeitet, und ich würde ihn nicht kennen, wenn ich ihn auf der Treppe träfe! – Ja, das nenn ich eine Kantine! Schmeiß die Zeitung nicht weg, die schenk ich der BGL, und zwar morgen, und zwar in
unserer
Kantine! – Tatsächlich, die Erde ist blau! – Mein Fall wär’s ja nicht: eine ganze Stadt auf ewigem Eis, aber wenn du es so siehst, legst du doch die Ohren an! – Guck an, eben denk ich: Was zeigen mir die hier für einen langhaarigen Flaps?, und nun steht da, das ist ein Mathematik-As – kannst also auch nicht immer nach gehn!«
    Wenn du wahrhaftig um deine Verbindung zur Arbeiterklasse bangst, David Groth, dann halte dich an deine NBR; mach sie so, daß die Deinen merken, du machst sie für sie.Mach sie so, daß jeder deiner Leser ein bißchen klüger aus deiner Zeitung kommt, als er hineingegangen ist. Zeige ihnen ihre Leistung, aber rede sie nicht immerfort mit »Helden« an. Und immer dran denken: Deine Leser haben den ganzen Tag gearbeitet; nun kommt ihnen Produktion sehr bekannt vor. Sie sind auf das Unbekannte aus und auch auf das lieb Vertraute. Da zeig ihnen zumindest das Verborgene im scheinbar Vertrauten. Reiß ihnen die Welt auf, beteilige sie an deren Rätseln, sprich ihnen immer wieder von ihrem Teil an deren Lösungen, füg einen Buchstaben mehr in ihr Alphabet, führ sie auf Augenweiden, verklapse sie nie, bescheiße sie nie, sei ihr vorgeschobener Posten und ihr Kurier, höre auf ihre Führer und gib die Verbiesterten nicht auf, zeig das lustige Leben und sorg für ein lustiges Leben und tu deinen Teil,

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