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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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nicht, Frau Groth, inständig.
    Fran lachte, aber dann dachte sie: Und ich, würde ich es mitmachen, wenn er käme, wirklich, im Ernst, und sagte: Du, ich soll Minister werden?
    Hier war der Spaß zu Ende. Manche Sachen konnte man nicht einfach nur so denken, nur so, wie man manchmal ein Los kaufte in einer Lotterie, die einen sagenhaften Hauptgewinn verhieß: Hunderttausend Mark? Wunderbar, hier habenSie Ihre fünfzig Pfennig und schönen Gruß nun auch an Ihr Präsidium vom Roten Kreuz!
    Ja, wenn der Mann käme und sagte, er solle Chefredakteur der ersten Zeitung auf dem Mond werden, das ließe sich ausspinnen, das wäre unwirklich genug, da fiele einem etwas ein.
    Aber Minister, hier bei uns? Das wäre zwar witzig, aber es wäre zu nahe an den Möglichkeiten. So etwas könnte einem passieren hier.
    Wollte man dem Sozialismus am Zeuge flicken, könnte man ihm vorwerfen, daß er das Reich der Träume beschnitten hatte. Beschnitten oder besiedelt oder bebaut, jedenfalls mit Wirklichkeit besetzt und so verändert.
    Wenn man sich einmal in einen älteren Roman minderer Güte verirrte, im Urlaub kam das schon vor, stieß man auf diese Art überholter Wunschbilder. Da leisteten sich arme Leute verstohlen die Kühnheit zu denken: Ach, wäre das schön, könnte unser Junge Doktor werden, einer, der böse Krankheiten heilt und zu Ansehen kommt und zu Geld und zu einer netten, sauberen Frau!
    Oder sie träumten sich ihren Sohn zu einem Pastor zurecht, sahen ihn in einer hübschen Kirche auf der Kanzel, und das war wohl der höchste Punkt, auf den sie ihn hinaufträumen konnten.
    Oder ein Katheder. Das war auch ein Gipfel, den man nur im Traume bestieg. Bei bescheideneren Gemütern war es ein schlichtes Schulkatheder, und der Herr Sohn war ein Herr Lehrer, aber manchmal kam es auch zu Ausschweifungen, und die unkontrollierte Zukunftsschwärmerei ließ aus dem Lehrer einen Oberlehrer werden und aus dem einen Schulrektor und aus dem ein fast olympisches Wesen, das alles wußte, schrecklich viele Bücher hatte, Professor hieß, aber dennoch jeden Sonntagnachmittag zu Muttern zum Kaffee kam, ein treuer Sohn auch in den kaltweißen Höhen einer spektakulären Karriere.
    Immer waren es Söhne, und die Ränge, die die Träume ihnenverliehen, waren maskulinen Geschlechts: Arzt oder Pastor oder Professor oder auch General.
    Die Fabelwege der Töchter abzustecken forderte nicht weniger Gedankenmut, aber die Erfindung fiel dennoch leichter, denn der Tochter Bestimmung war, in jenen Büchern jedenfalls, Gefährtin zu sein, Lebensgefährtin, Gattin und, schon wieder äußerst träumerisch, Gnädige Frau.
    Möchtest du Gnädige Frau sein, Franziska? Lach nicht, möchtest du, oder möchtest du nicht?
    Wenn ich nicht lachen darf, kann ich auf so eine Frage nicht antworten. Nicht lachen dürfen heißt eine Sache nicht ernst nehmen müssen. Nur wenn auch Lachen erlaubt ist, kann man gerecht sein. Große Worte, aber schließlich ist auch die Frage nicht klein, trotz ihrer Komik.
    Ich Gnädige Frau? Ich Gnädige Frau und David also Gnädiger Herr, wir Herrschaften, wir wären ein feines Gespann, David kriegte einen Biberpelz und ich einen Krimmermuff. Ich sehe schon, ich muß die Frage zurückgeben, ich bin ihr nicht gewachsen: Krimmermuff! Wer sich eine Gnädige Frau mit Krimmermuff vorstellt, bezeugt seine Unreife für Höheres; wer einen Biberpelz für das Kennzeichen von Herrschaftlichkeit hält, scheidet aus jeder Kandidatur für Gehobenes. Arme Franziska, wo holst du deine Bilder her?
    Franziska wußte wohl, woher sie ihre Bilder holte und wie sie auf Biberpelz und Krimmermuff gekommen war.
    Das hatte Weißleben ihr mitgegeben, die Viertausend-Seelen-Siedlung in der Börde, deren reichster Bürger ein Mann gewesen war, der in Magdeburg ein Kino besaß und zu seinem braunen Mantel einen Kragen aus Biberpelz; und einen Krimmermuff hatte die Frau des Verwalters der Zuckerfabrik gehabt, und sie war auch sonst sehr schön gewesen.
    Da konnte man inzwischen Nerz und Seal und Zobel begegnet sein – die alten Signale behaupteten sich, und immer würde die Maschine Erinnerung zuerst die Karten Krimmermuff und Biberpelz auswerfen, sollte ihr Material zur Beschreibungvon Wohlstand und Gnädiger Frau und Herrschaftlichkeit abverlangt worden sein.
    Gäbe man ihm freilich das Stichwort Gräfin ein, Nachbarbegriff zu Gnädige Frau und märchenhafter und präziser zugleich, so würde das Memorabil nicht lange suchen und sortieren, denn es lagerten zwar

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