Das Inferno Roman
das ist krank, ich will das gar nicht näher sehen.
Willst du doch.
Ist doch nichts dabei, sagte sie sich. Ist nicht so, dass es die ersten Leichen wären, die wir an diesem Tag zu Gesicht bekommen. Mittlerweile müsste ich mich eigentlich an den Anblick gewöhnt haben.
Die drei Leichen lagen rücklings nebeneinander: zwei junge Männer und zwischen ihnen eine schlanke blonde Frau.
Barbara, die eingerahmt von Earl und Pete bei den Füßen der Frau stand, gefiel die Ähnlichkeit überhaupt nicht.
Das könnten wir sein.
Sind wir aber nicht, sagte sie sich. Das sind tote Menschen, und es ist Zufall, dass sie so nebeneinanderliegen und uns irgendwie ähnlich sehen.
Sie sehen nicht aus wie wir.
Der Typ, der hingestreckt vor Earls Füßen lag, war fett. Petes Gegenstück war sehr groß, fast einen Meter fünfundneunzig, und trug Bürstenschnitt. Die Blonde zwischen ihnen war vielleicht zehn Jahre älter als Barbara,
hatte viel größere Brüste, die von Implantaten aufrecht gehalten wurden, glatte nackte Haut, wo ihr Schamhaar hätte sein müssen, und bestach durch nahtlose Bräune.
Außerdem war eine Seite ihres Schädels eingeschlagen.
Durch eine tiefe Schnittwunde im Bauch des fetten Typen konnte man dessen Eingeweide erkennen.
Dem Großen fehlte das rechte Bein.
»Die sind nicht ermordet worden, oder?«, fragt Pete mit leiser, zittriger Stimme.
»Nee«, meinte Earl, »die hat das Beben erwischt. Ich habe’ne Menge anderer gesehen, die ähnlich zugerichtet waren. Vielleicht haben ein paar Plünderer sie aus dem Schutt gezogen und hier liegen lassen.«
»Und ausgezogen?«, fragte Pete.
»Falls die Alte nicht gerade ein Sonnenbad auf ihrem Dach genommen hat, als das ganze Geraffel zusammengestürzt ist. Sie hat diese Ganzkörperbräune, siehst du?«
Pete nickte.
»Bist du auch am ganzen Körper gebräunt, Banner?«
»Hör auf«, sagte sie.
»Ich wette, dass dieses Schätzchen hier eine Stripperin war. Vielleicht hat sie auch Pornofilme gedreht. Sieht man an der rasierten Muschi. Hast du auch deine Muschi rasiert, Banner?«
»Halt’s Maul!« Dieses Mal kam die Warnung von Pete.
Earl kicherte leise vor sich hin. Er beugte sich vor und betrachtete die Leichen konzentriert. »Was meint ihr, haben die sie nochmal rangenommen?«
»Earl!«, zischte Pete.
»Ach, mach dich locker. Sollte ein Witz sein.«
»Sehr witzig«, brummelte Barbara.
»Das passiert. Glaubt bloß nicht, dass es so was nicht gibt. Mein Fall wäre es allerdings nicht. Ich ziehe es vor, wenn meine Schnecken lebendig sind und stöhnen.« Er trat zwischen die Leichen des Fetten und der Frau. Zur Frau gewandt, kauerte er nieder.
»Was hast du jetzt schon wieder vor?«, fragte Barbara.
Earl lächelte sie unschuldig an und quetschte dann eine der Brüste. »Tuut-Tuut.«
»Was ist bloß mit dir los?«, murmelte Barbara.
»Das ist Silikon. Igitt. Ich mag das Natürliche. Lass dir bloß nie Silikon einsetzen, Banner. Ich liebe dich so wie du bist.«
Langsam wurde ihr übel. Sie stieß Pete mit dem Ellenbogen an.
»Lass uns abhauen.«
»Wartet mal, wartet mal«, bremste Earl. Er machte sich am Kopf der Frau zu schaffen.
»Earl!«
»Ich möchte mir bloß was genauer ansehen. Seht mal, wie blutig sie um den Mund herum ist.« Er zog den Mund der Frau am Kiefer auf, bückte sich tiefer und lugte hinein. Er drehte ihren Kopf ein wenig von rechts nach links. »Ja. Scheiße. Genau, was ich vermutet hatte.«
»Was?«, fragte Pete.
»Ihr fehlen ein paar Beißerchen.«
»Wovon redest du?«
»Sie sind gezogen worden. Hinten.«
»Vielleicht sind sie ihr beim Erdbeben ausgeschlagen worden«, schlug Pete vor.
»Na klar.« Er untersuchte den Mund des fetten Typen. »Bei dem ist alles okay - wenn man von seinen offensichtlichen Problemen absieht.«
Pete trat vor, bückte sich und sah sich die Mundhöhle des Großen an. »Der hier hat noch alle seine Zähne.«
»Dann war es nur bei der Alten«, sagte Earl. »Ich sag euch, was passiert ist: Irgend so ein verdammter Straßengangster hat ihr die Goldkronen rausgebrochen.« Kopfschüttelnd stand er auf. »Nicht genug, dass sie sämtliche Leichen bis auf die Haut ausziehen und alles klauen - jetzt auch noch die Zähne. Das habe ich noch nie gesehen. Vorsicht vor dem Mann mit der Zange. Hast du auch Gold in deiner Fresse, Banner?«
»Nein.«
»Ich auch nicht«, fügte Pete hinzu.
»Dann bin ich wohl der einzige Glückliche.« Earl öffnete weit den Mund und zeigte mit dem Finger. Barbara hatte
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