Das Inferno Roman
ihnen vorbeilief. »Versteckt euch!«, zischte er und begann zu rennen.
Als er an ihnen vorbeirannte, drehte Barbara ihren Kopf zur Seite.
Und sah, was er gesehen hatte.
Ein Obdachloser, der einen Einkaufswagen schob. Auf der Flucht. Der Einkaufswagen rumpelte klappernd über
den schlechten Straßenbelag. Im Wagen lag ein nackter Mann. Es sah aus, als ob man ihn mit dem Hintern zuerst hineingeworfen hatte. Seine Arme und Beine hingen über den Rand des Gitters und flatterten mit jeder Bewegung des Einkaufswagens, der Kopf wackelte auf und nieder.
Dahinter rannte ein schmutziges Wesen mit fettigen grauen langen Haaren in einem riesigen verdreckten Mantel und Stiefeln, das den Wagen vor sich hertrieb.
Ein altes Weib, eine Hexe.
Oder doch ein Mann?
Auf jeden Fall ein Straßenräuber, der seine Beute - einen toten Mann - aus irgendwelchen scheußlichen Gründen, über die Barbara nicht nachdenken wollte, Gott weiß wo hinschaffte.
Kein Wunder, das Earl seine Coolness eingebüßt hatte und …
Dann sah Barbara die Meute.
Sofort wusste sie, dass Earl nicht wegen des Horrorwesens mit dem Einkaufswagen die Fassung verloren hatte.
Sondern wegen der Menschenmenge, die den Plünderer verfolgte.
Ein Blick genügte. Barbara versetzte Pete einen Ellenbogenstoß, keuchte »Hier« und sprang über die Ladeklappe des Pick-ups.
Auf der Ladefläche legte sie sich flach auf den Boden, Pete machte sich neben ihr lang. Er atmete schwer.
»Glaubst du, die haben uns gesehen?«
»Gott, ich hoffe nicht.«
»Sie waren ziemlich weit weg.«
Barbara ließ ihre Pistole los und stemmte sich mit beiden Händen hoch. Gerade in dem Moment, als sie über
die Ladeklappe linste, konnte sie sehen, wie ein fliegender Hammer den Kopf des Obdachlosen traf und zu Boden fiel. Er oder sie verlor den Einkaufswagen und stürzte kopfüber auf den Asphalt. Der Wagen hüpfte klappernd weiter, bis er sich zur Seite neigte, umkippte und den Toten auf die Straße katapultierte.
Die lachende, grölende Meute umzingelte den Obdachlosen.
Die Menge schien größtenteils aus Teenagern, zumeist Jungen zu bestehen, aber es gab auch Mädchen, die keinen Deut weniger hemmungslos zur Sache gingen.
Barbara ließ sich neben Pete zurücksinken.
Ihr Herz klopfte wie ein Schmiedehammer.
»Gott«, keuchte sie.
»Was?«
»Die werden uns zerfleischen.«
»Nicht, wenn wir sie wegknallen.«
»Fünfzehn oder zwanzig von denen?«
»Das schaffen wir.«
»Aber das sind doch nur Kids. Manche sind sogar jünger als wir.«
»Besser, als zuzulassen, dass … Vielleicht finden sie uns nicht, aber … Wir könnten die Plane über uns ziehen …«
»Warte. Nein. Ich hab’s. Zieh deine Klamotten aus.«
»Was?«
»Wenn sie uns für tot halten, werden sie uns in Ruhe lassen.«
Während die Meute in etwa zwanzig Metern Entfernung um den Obdachlosen herum vor Entzücken quietschte, johlte und grölte, hielten sich Barbara und Pete am Boden der Ladefläche und zogen sich mühsam ihre Kleider vom Leib.
Ein paarmal sah Barbara zu Pete. Er kam gut voran, und er starrte sie nicht an.
»Mann, Mann« und »Oh Gott« murmelte er immer wieder.
Das Ausziehen schien endlos lange zu dauern.
»Okay«, keuchte Pete endlich.
Barbara sah hin. »Auch die Unterwäsche.«
»Oh Mann.«
Auf dem Rücken liegend schob Barbara ihr Höschen so weit hinunter, wie es ohne Aufsetzen ging, und strampelte sich schließlich mit den Beinen frei. Mit dem Fuß schob sie das Höschen unter die Abdeckplane.
Sie rollte sich auf die Seite.
Ihre Handtasche und die meisten ihrer Kleider lagen zwischen ihren Körpern.
Pete lag mit dem Gesicht zu ihr auf der Seite, hielt das Gewehr vor seinen Körper, die Schulterstütze gegen seine Genitalien gepresst. Er war rot geworden und schlotterte.
»Alles unter die Plane«, flüsterte Barbara. »Bis auf die Waffen. Und das.« Sie zog ihre Jeanshandtasche aus dem Haufen.
Mit vereinten Kräften strampelten sie ihre Kleidung ab. Bald war alles unter der Plane versteckt.
»Roll dich rüber und versteck das Gewehr unter dir. Wenn alles schiefgeht, eröffnen wir das Feuer. Aber nur, wenn wir müssen. Ich will niemanden töten.«
»Ich auch nicht«, sagte Pete. »Aber wir tun es, wenn wir müssen.«
»Genau.«
»Ich werde nicht zulassen, dass dir jemand wehtut.«
Sie spürte einen Kloß im Hals. »Dreh dich um.«
Er rollte sich zu Barbara, bedeckte mit seinem Körper das Gewehr und legte seine Stirn auf den Metallboden der Ladefläche. Den Kopf hatte er
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