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Das Inferno Roman

Titel: Das Inferno Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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taten nichts, sondern warteten einfach, bis sich der Verkehr lichtete und sie nach Hause fahren konnten.
    Zwischen den Abwartern und der Stelle, an der sie die Straße überquerte, konnte Barbara keine Menschen erkennen, bis auf zwei Frauen, die vor einem Apartmentgebäude auf dem Bürgersteig standen, schwatzten und gestikulierten. Wahrscheinlich erzählten sie sich ihre größten Erdbeben-Abenteuer.
    Weit links von ihr konnte Barbara eine weitere große Ost-West-Hauptverkehrsader sehen, auf der der Verkehr zum Erliegen gekommen war. Die Entfernung war allerdings so groß, dass sie die winzigen Umrisse der Abwarter kaum erkennen konnte.

    Zwischen jenen Abwartern und ihr befand sich kein Mensch.
    Niemand.
    Eine Straße voller verlassener Fahrzeuge. Sonnendurchflutete Luft, in der sich Dunst und Rauch fingen. Ein paar Bäume, die nicht viel Schatten spendeten. Hier und da gab es ein paar grüne Fleckchen, aber vorherrschende Farben waren Betongrau und die Pastelltöne der bemalten Stuckwände der Häuser und Apartmentgebäude.
    Risse in den Mauern und im Straßenbelag.
    Zerbröckelter Stuck.
    Zerbrochene Fensterscheiben.
    Eingestürzte Schornsteine.
    Sonst nichts.
    Überhaupt keine Menschen.
    Ist auch besser so, dachte Barbara. Das Hauptbeben hast du überstanden, ohne dass dir Trümmer den Schädel eingeschlagen haben, jetzt musst du nur noch aufpassen, dass dich die Überlebenden nicht umbringen.
    Sie war froh, dass Pete und sie bewaffnet waren.
    Sie dachte an den Revolver zu Hause und hoffte, dass Mom daran gedacht hatte, ihn an sich zu nehmen.
    Vielleicht ist auch Dad mittlerweile zu Hause.
    Wenn sie nur zu Hause sind und es ihnen gutgeht und das Haus noch steht … dann sind wir bald wieder zusammen, und alles wird gut.
    Wenn ich es bis dorthin schaffe.
    Sie war froh, von der Straße weg- und wieder in einem Gässchen angekommen zu sein, wo sie sich nicht wie auf dem Präsentierteller bewegten. Pete bemühte sich nicht länger, das Gewehr zu verstecken. Er trug es wie ein Soldat
vor sich her, zu allem bereit. Barbara beschloss, die Pistole in ihrem Hosenbund zu lassen. Es war ihr lieber, die Hände frei zu haben.
    Sie war sich sicher, dass sie die Pistole schnell genug ziehen konnte, wenn sich Schwierigkeiten ergeben sollten.
    Sie hatte ein komisches Gefühl im Magen, dass es nicht mehr lange dauern würde.
    Und den beiden anderen geht es genauso. Man sieht es.
    Alle drei bewegten sich sehr viel langsamer als zuvor.
    Earl an der Spitze schaute sich immer wieder nach allen Seiten um. Pete, der an Barbaras Seite ging, blickte dauernd über seine Schulter. Auch Barbara musste sich ständig umsehen, falls jemand hinter einer Mülltonne oder aus dem Schatten einer Garage hervorgesprungen kam.
    Wir sehen aus, als ob wir geradewegs in einen Hinterhalt tappen und es genau wissen, dachte sie.
    Es ist nur, weil uns der Anblick der Leichen so verschreckt hat.
    Hoffentlich.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Gässchens parkte ein Dodge Pick-up in einem Carport unterhalb des zweiten Stockwerks eines Apartmenthauses. Daneben stand ein Jeep Wrangler. Der Jeep bereitete ihr keine Sorgen. Der Wagen hatte kein Dach, und sie konnte sehen, dass sich niemand darin befand. Mit dem Pick-up war das etwas anderes.
    Es war ein großer Pick-up, keiner dieser sportlichen kleinen Importwagen. Die Ladefläche hinter dem Fahrerhaus war von hohen Metallplanken eingefasst. Von dort,
wo sie stand, konnte Barbara nicht über die Ladeklappe sehen.
    »Ich sehe mir das da drüben mal an«, flüsterte sie.
    »Was?«, fragte Pete.
    Sie nickte in Richtung des Pick-ups. »Ich will keine Überraschungen erleben. Behalte mich im Auge, okay?« Sie ging an ihm vorbei. Als sie auf den Wagen zuging, griff sie unter ihre Bluse und zog den Colt.
    Pete sagte: »Warte auf mich.«
    Er eilte an ihre Seite.
    Earl blickte zu ihnen zurück und verzog das Gesicht. »Was ist denn los?«
    »Wir sehen nur mal nach«, erklärte ihm Pete.
    »Nach dem Schlüssel?«
    Pete schüttelte den Kopf.
    »Hätte ich auch nicht gedacht. Ihr Weicheier.«
    Mit jedem Schritt konnte Barbara mehr von der Ladefläche erkennen. Sie schien leer zu sein, abgesehen von der zerknüllten blauen Abdeckplane beim Fahrerhaus.
    Sieht nicht aus, als ob jemand …
    »Scheiße!«
    Der Schrei war schrill und mädchenhaft und hörte sich so gar nicht nach Earl an. Barbara schoss herum. Es war tatsächlich Earl, der den Rückzug angetreten hatte und mit weit aufgerissenen Augen und gebleckten Zähnen an

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