Das Inferno Roman
seinem grauen Anzug und Schlips. Er trug eine Brille mit silbernem Rand.
»Steig ein«, sagte er.
»Danke für das Angebot, aber ich warte hier nur auf jemanden.« Den Satz hatte sie bei den anderen Männern, die angehalten hatten, auch erfolgreich angebracht.
Aber dieser Fahrer grinste nur. »Hey, komm schon, erzähl mir nichts. Das ist doch kein Geheimnis, dass du eine Mitfahrgelegenheit suchst. Ich habe gesehen, wie du den Käfer rauswinken wolltest.« Er nickte in Richtung des weißen VW, der schon in einiger Entfernung die 15 th Street runterfuhr. »Und jetzt hast du plötzlich das Interesse verloren? Komm schon, steig ein.« Die Beifahrertür flog auf. Schnell. Genau in Höhe von Barbaras Oberschenkeln.
Sie trat einen Schritt zurück. Der Türrand wischte an der Vorderfront ihrer Shorts entlang und verfehlte knapp ihre Beine.
»Danke, dass Sie angehalten haben«, sagte sie. »Wirklich nett. Aber ich warte …«
»Wo willst du hin? Brauchst du eine Mitfahrgelegenheit nach Hause? Ich bringe dich, wohin du willst. Wenn es der Verkehr zulässt. Auf den Straßen herrscht völliges
Chaos, falls es dir noch nicht aufgefallen ist. Ich kann froh sein, wenn ich es selbst bis nach Hause schaffe …«
»Sollten Sie dann nicht langsam losfahren, statt mich hier anzumachen?«
»Anmachen? Du trampst doch. Mein Gott.«
»Ich steige grundsätzlich nicht bei Männern ein. Nur bei Frauen.«
»Nur bei Frauen«, murrte er. Seine dünne Oberlippe hob sich bis zum Zahnfleisch. »Wunderbar. Das passt ja. Und wie das passt. Wenn ein Mädel aussieht wie du, kann sie ja nur eine …«
Die Tür wurde aufgerissen.
Auf seiner Seite des Wagens.
Er hatte sich seitlich in ihre Richtung gelehnt, die Hand auf dem Beifahrersitz aufgestützt und Barbara seinen roten Kopf entgegengestreckt. Als er hörte, wie die Tür aufsprang, richtete er sich auf und riss den Kopf nach links.
Earl sprang durch die halbgeöffnete Tür.
»Hey!«, schrie der Mann.
Earl schnappte ihn, zerrte ihn zu sich, brachte das Gesicht des Fahrers auf Höhe seines eigenen und zischte: »Selber Hey!«
»Earl!«, kreischte Barbara. »Was tust du …«
Ihre Stimme versagte, als ob ihr die Luft fehlte. Dabei war es der Fahrer des Pontiac, dem die Puste ausging, als Earl ihn aus dem Wagen zerrte und ihm sein Knie in den Magen rammte.
»Lass ihn in Ruhe!«, schrie sie und rannte los.
Pete und Heather tauchten vor dem alten Pick-up auf, hinter dem sie sich mit Earl versteckt hielten. Pete sah verwirrt aus, Heather schien es zu genießen.
»Er verprügelt den Typ!«, kreischte Barbara.
Bis sie auf der anderen Seite des Pontiac angekommen war, lag der Fahrer zusammengekrümmt auf dem Boden, die Arme schützend über dem Kopf und die Knie angezogen. Mit einer hohen Quietschstimme bettelte er: »Stopp!« und »Aufhören!« und »Bitte!«, während Earl um ihn herumsprang und auf ihn eintrat.
Barbara sparte sich weitere Worte.
Während Earl sein Opfer in den Rücken trat, warf sie sich über den sich am Boden windenden Mann. Mit gesenktem Kopf griff sie Earl von der Seite an und rammte ihm ihre rechte Schulter gegen die Brust.
Earl grunzte.
Und er grunzte ein weiteres Mal, als er mit dem Rücken auf die Straße schlug.
Barbara warf sich auf ihn. Als er aufhörte zu zappeln, rollte sie sich wieder herunter.
Earl lag mit weit aufgerissenem Mund und großen Augen ausgestreckt auf seinem Rücken. Er keuchte.
Auf allen vieren beobachtete Barbara, wie er nach Luft rang. Sein Gesicht war beängstigend rot. Er schien einige Schwierigkeiten zu haben. Sie verzog das Gesicht.
Sie hatte ihn nur stoppen wollen, nicht verletzen.
»Geht’s?«, fragte sie.
Er sah sie an, sagte nichts und schnaufte weiter.
Beim Geräusch schneller Schritte sah sich Barbara um. Pete und Heather kamen um den Wagen gerannt. Der Mann krabbelte auf die offene Wagentür zu. Sie liefen weit um ihn herum, ihre Blicke abwechselnd auf ihn, Barbara und Earl gerichtet.
Der Mann kletterte in seinen Wagen und warf die Tür zu. Durch das offene Fenster fluchte er: »Ihr Bastarde! Dreckschweine! Ich hole die Cops!«
Sein Wagen schoss vorwärts. Mit quietschenden Reifen hinterließ er eine Gummispur auf dem Straßenbelag.
Barbara wendete gerade noch rechtzeitig ihre Aufmerksamkeit Earl zu, um mitzubekommen, wie er seinen Arm hochriss.
»Pass auf!«, schrie Pete.
Bevor sie ihm ausweichen konnte, hatte Earl sich in ihre Bluse gekrallt und Barbara zu sich hinuntergezogen. Ihre Arme gaben nach, und
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