Das Inferno Roman
passende Ort dafür aus.«
»Gut, ich verhungere nämlich.«
24
Die Vorhänge des Panoramafensters, vor dem das Sofa stand, waren zugezogen, hielten das Sonnenlicht draußen und tauchten den Raum in ein schummriges gelbes Licht.
Barbara und Pete saßen mit Blick auf das Sofa nebeneinander auf dem Boden. Barbara überlegte, ob Pete diesen Platz ausgesucht hatte, weil er tief lag und dem Fenster abgewandt war. Vielleicht hatte er auch aus reiner Höflichkeit darauf verzichtet, sich auf die Polster zu setzen, da seine Hosen nass waren. Wie auch immer, ihr gefiel der Platz. Sie fühlte sich dort unten relativ sicher. Sie hatte die Wand im Rücken, freie Sicht auf das verhangene Fenster, die Tür, Heather - und Lee.
Heather hatte sich so selbstverständlich aufs Sofa gesetzt, als ob sie ihre blutverkrusteten Beine, Arme und Hände vergessen hätte. Sie saß seitlich, ein Bein über das andere geschlagen, die Hände ruhten auf ihren Oberschenkeln, ihr Blick war Lee zugewandt.
Lee kniete in der Sofamitte, die Ellenbogen auf die Rückenlehne gestützt, und spähte durch einen hell erleuchteten Schlitz zwischen den Vorhängen.
Seine Pistole steckte im Hosenbund seiner Jeans. Neben ihm auf dem Sofa lehnte ein respekteinflößendes kompaktes Gewehr mit einem Lederriemen. Für Barbara sah es wie eine Militärwaffe aus. Vor dem Abzugsbügel ragte ein großes Chrommagazin heraus.
Ein ähnliches Magazin lag auf dem Tisch vor dem Sofa. Barbara konnte an dessen offener Seite einige schmale, spitze Patronen erkennen, die im trüben Licht fast golden schimmerten. Ein viel kleineres Magazin lag ebenfalls auf dem Tisch. Es musste zur Pistole gehören, dachte Barbara sich. Die Patronen waren kurz und dick, mit stumpfgrauer abgerundeter Spitze.
Verschiedene Schachteln mit Munition lagen ebenfalls auf dem Tisch. Und ein Fernglas.
Die ersten Worte aus Barbaras Mund, nachdem sie in das Apartment geleitet worden war und die Ansammlung auf dem Tisch gesehen hatte, waren: »Charles Whitman, nehme ich an?«
»Lee Nolan«, hatte er sie mit verbissenem Gesicht verbessert. Barbaras Anspielung auf den Texas-Tower-Heckenschützen war anscheinend an ihm vorbeigegangen. »Ich bin der Hausverwalter hier«, hatte er gesagt. »Deine beiden Freunde heißen Pete und Heather. Dein Name fehlt mir noch.«
»Barbara. Woher wissen Sie …?«
»Ihre Namen? Du glaubst gar nicht, wie weit der Schall in diesem Hof trägt. Ich kann sogar das Plätschern im Swimmingpool hören.«
»Sie haben uns zugehört.«
»Und zugesehen.«
Barbara wurde vor Verlegenheit ganz heiß, als sie sich vorstellte, wie Lee am Fenster gestanden und Pete und ihr im Pool nachspioniert hatte. Mit seinem Fernglas dürften ihm Einblicke aus nächster Nähe vergönnt gewesen sein, gerade so, als ob er nur einen halben Meter entfernt gestanden hätte.
»Na wunderbar«, hatte sie gemurmelt und an sich
herabgeschaut, um sich zu versichern, dass ihre Bluse nicht offen stand, obwohl sie sie mit der linken Hand zuhielt. Die geballte Faust direkt vor ihrem Oberkörper würde nur dazu beitragen, Aufmerksamkeit auf das Problem - und ihre Brüste - zu lenken. Ganz besonders, da die linke Brust hervorstand und ihr Handgelenk beinahe vollständig verdeckte.
Trotzdem wollte sie unbedingt ihre Hand dort lassen und ihre Bluse zuhalten.
»Es ist mein Job«, hatte Lee erklärt, »zu wissen, was in und um das Wohnobjekt herum vorgeht. Und es zu beschützen.«
»Wir haben nichts getan«, hatte Pete geantwortet.
»Natürlich habt ihr das. Aber ihr habt meinen Mietern und der Liegenschaft keinen Schaden zugefügt. Deshalb habe ich erst eingegriffen, als ihr versucht habt, ins Gebäude einzudringen.«
»Normalerweise tun wir so etwas nicht«, hatte Pete erklärt.
»Ist in Ordnung. Heute ist kein normaler Tag. Setz dich. Setzt euch alle. Heather, fang an zu erzählen. Ich möchte jede Einzelheit wissen über das, was du da draußen gesehen hast.«
Heather begann mit einer ausgedehnteren Version der Geschichte, die sie Pete und Barbara unten am Pool in Stichworten vorgeplappert hatte. Lee schien nicht auf sie zu achten. Er starrte weiterhin durch den kleinen Spalt zwischen den Gardinen.
Er musste die Geschichte schon im Original gehört haben, dachte Barbara, alles andere da unten hatte er ja auch mitgehört.
Und gesehen.
Die ganze Zeit über hatte sie im Hinterkopf gehabt, dass Leute aus den umliegenden Apartments sie sehen könnten. Dass sie vielleicht mal von Zeit zu Zeit aus dem Fenster
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