Das Inferno
»Außerdem geht diese Runde auf mich.«
»Sie trinken, wenn ich Sie einlade«, sagte Barford in einem Kommandoton, als würde er im Offizierskasino einen unbotmäßigen Untergebenen abkanzeln. »Außerdem habe ich Sie gefragt, wie Ihre Untersuchung vorankommt.«
»Was für eine Untersuchung?«
»Halten Sie mich für blöd, Tweed?«, sagte Barford ungehalten. »Sie stecken doch immer bis über beide Ohren in irgendwelchen Nachforschungen.«
»Was sagen Sie eigentlich zu den Krawallen, die uns vor ein paar Wochen so in Atem gehalten haben?«, fragte Tweed unvermittelt.
»Was ich zu den Krawallen sage«, wiederholte Lord Barford und trank langsam einen Schluck von seinem Whisky, als wollte er sich damit Zeit zum Nachdenken verschaffen. »Ich bin dafür, das Pack ohne viel Federlesen zu erschießen – und zwar nicht mit Gummigeschossen. Unsere Gesellschaft ist total verweichlicht. Was wir brauchen, ist eine starke Regierung…«
Er verstummte, weil jemand in die Bar kam, aber Tweed hatte den Eindruck, als ob er bei Barford einen Nerv getroffen hätte.
Als der Ex-General sah, dass der Neuankömmling nur die Ablösung für den Barkeeper war, wirkte er sichtlich erleichtert.
Tweed stand auf.
»Ich muss jetzt gehen. Vielen Dank für den Drink.«
»War wirklich nett, mit Ihnen zu plaudern. Das müssen wir demnächst wiederholen…«
Auf einmal hatte Tweed das Gefühl, als ob Lord Barford nicht annähernd so alkoholisiert wäre, wie dieser sich den Anschein gab. Als er sich beim Hinausgehen noch einmal umdrehte, sah er, wie Barford aufstand und an die Bar ging, um sich noch etwas zu bestellen. Dabei schwankte er kein bisschen. Im Gegenteil, er ging so aufrecht und gerade wie der Soldat, der er einmal gewesen war.
In seiner Suite war Tweed gerade noch einmal unter der Dusche gewesen und hatte sich für das Abendessen umgezogen, als es an der Tür klopfte.
Es waren Paula und Newman, die bereit zur Abfahrt waren.
Paula trug ein eng anliegendes blaues Kleid mit hohem Kragen, das an einer Seite einen Schlitz hatte, der bis hinauf zum Knie reichte.
»Sie sehen phantastisch aus«, sagte Tweed.
»Das sage n alle«, erwiderte Paula in scherzhaftem Ton. »Soll heißen, dass auch Bob etwas Ähnliches gesagt hat. Wie kommen wir eigentlich hin?«
»Wir nehmen ein Taxi«, sagte Newman.
»Was? Zum Hafen?«, rief Paula erstaunt.
»Beruhigen Sie sich.« Newman legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Hinter dem Taxi fahren zwei Geländewagen. Einer mit Butler und Marier, der zweite mit Pete Nield und, wie ich hoffe, Mark Wendover.«
»Was ist eigentlich mit dem los?«, brummte Tweed. »Der ist doch hoffentlich nicht schon wieder auf einer seiner Extratouren?«
Wie auf ein Stichwort hin klopfte es an der Tür, und als Newman öffnete, spazierte breit grinsend Mark Wendover herein.
»Hallo, Leute«, grüßte er fröhlich. »Ich wette, Sie haben mich gerade verflucht«, fügte er, an Tweed gewandt, hinzu.
»Richtig. Wo haben Sie die ganze Zeit gesteckt? Von jetzt an sagen Sie mir, was Sie machen, oder Sie nehmen das nächste Flugzeug nach Hause.«
»Ich bleibe lieber hier. Aber ich frage mich, was mit Ihnen los ist. Sind Sie denn alle über Nacht zu Schwächlingen geworden?«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Newman.
»Haben Sie schon vergessen, wie wir diesen Verbrechern am Fernsehturm eine Tracht Prügel verpasst haben?«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich habe heute Nachmittag eine ganze Weile das Hotel Renaissance beobachtet. Und wer glauben Sie, ist dort hineinspaziert? Barton und Panko. Sie haben an der Bar etwas getrunken und dann zu Fuß das Hotel wieder verlassen. Ich bin ihnen hinterher gegangen. Können Sie mir soweit folgen?«, sagte er und grinste Newman frech an.
»Ja«, antwortete Newman kurz angebunden.
»Die Kerle sind zu einer Turnhalle in der Nähe des Hotels gegangen. Ich habe den Eintritt bezahlt und mich auf der Empore versteckt. Von dort aus habe ich gesehen, wie Barton einen Punchingball bearbeitet hat. Keine schlechte Beinarbeit, das muss der Neid ihm lassen. Und Panko hat unterdessen Gewichte gestemmt. Mit anderen Worten, unsere Freunde sind wieder im Geschäft.«
»Kaum zu glauben«, sagte Newman.
»Aber es stimmt.«
»Vernons Männer sind harte Burschen«, sagte Tweed gelassen. »Also müssen wir noch härter sein.« Er erklärte Wendover kurz, um wen es sich bei Oskar Vernon handelte und dass dieser jetzt im Hotel Atlantic wohnte. Dann bat er Newman, Wendover von der geplanten Fahrt
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