Das Inferno
erwartet.«
»Wir haben Tweed und seine Leute in Flensburg aus den Augen verloren. Und Delgado ist verschwunden.«
»Halt dein blödes Maul, Panko«, raunzte Barton, der wieder aus dem Schuppen herausgekommen war. »Ich erzähle.«
»Na dann mal los«, sagte Vernon. »Was soll das heißen, ›Delgado ist verschwunden‹?«
»Er wollte sich in Flensburg umsehen, ob er eine von Tweeds Weibern allein erwischt. Die wollte er sich dann vornehmen, um Informationen aus ihr herauszuquetschen. Aber er ist nicht zurückgekommen.«
»Merkwürdig. Aber wir können wegen ihm keine Zeit vergeuden. Ihr habt doch nicht etwa Tweed in Flensburg gesehen?«
»Doch«, antwortete Barton zögerlich. »Er ist dort mit ein paar seiner Leute die Fußgängerzone entlanggegangen. Wir haben uns in einer Seitenstraße versteckt, aber als wir wieder rauskamen, waren sie verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt.«
»Wieso läuft Tweed in Flensburg herum? Ihr hättet die ganze Bande doch schon auf dem Weg dorthin umbringen sollen. Was ist passiert?«
»Sie waren in der Überzahl«, sagte Barton. »Sie haben uns in einen Hinterhalt gelockt und alle unsere Männer getötet. Nur Delgado und wir beide konnten entkommen.«
»In der Überzahl«, sagte Vernon skeptisch. »Dann seid ihr beiden also meine letzte Reserve.« Er klopfte auf sein Mobiltelefon. »Morgen werde ich vermutlich erfahren, wo ich euch hinschicken soll. Ich habe euch Zimmer im Hotel Tønderhus gebucht. Ich bringe euch jetzt hin. Da drüben steht mein Audi.«
»Wohnen Sie auch in dem Hotel?«, fragte Barton.
»Nein. Ich wohne bei einem dänischen Freund, der keine Ahnung hat, was ich beruflich mache. Ihr könnt im Hotel essen und dann einen kleinen Spaziergang durch den Ort machen. Er ist klein, aber recht nett. Aber geht früh ins Bett, morgen braucht ihr nämlich eure ganze Kraft. Und jetzt steigt endlich ein, ich habe nicht ewig Zeit.«
Als Newman den Mercedes wieder von den Küste wegsteuerte, fiel Paula ein großer, lang gezogener Betondamm auf.
»Was ist denn das?«, fragte sie.
»Das ist ein Deich, der nach einer verheerenden Sturmflut vor ein paar Jahren gebaut wurde. Er schützt Tønder, das man auch die ›Hauptstadt der Marsch‹ nennt, obwohl es eigentlich nicht viel mehr als ein großes Dorf ist. Die Dänen sind fast so gute Deichbauer wie die Holländer.«
»Er scheint unendlich weit nach Norden zu reichen«, sagte Paula.
Auf der Fahrt nahm Tweed das Blatt Papier zur Hand, das der Wind aus Gavin Thunders Koffer geweht hatte, und las es. Paula sah, wie sein Gesichtsaudruck dabei immer düsterer wurde.
»Probleme?«, fragte Paula, nachdem er das Blatt wieder in die Tasche gesteckt hatte.
»Katastrophe wäre ein besseres Wort. Wir stehen nicht nur vor dem schwierigsten Fall, mit dem wir es jemals zu tun hatten, sondern müssen auch gegen unglaublich mächtige Gegenspieler antreten.«
»Wie ermutigend.«
»Ich erkläre es Ihnen später, aber jetzt muss ich erst einmal auf die Karte schauen. Bob, biegen Sie da vorn nach links ab.
Wird wohl wieder eine von diesen kleinen Landstraßen sein.«
Kurze Zeit später erschienen neben der Straße einige Waldstücke, die Paula den Blick auf das weite, flache Land von Dänemarks festländischem Teil Jütland verdeckten. Als sie erst an einem schwarzrotgoldenen und dann an einem rotweiß gestreiften Grenzpfahl vorbeikamen, wunderte sich Paula, dass nirgends ein Grenzer zu sehen war.
»Jetzt sind wir in Dänemark«, sagte Tweed.
»Gott sei Dank. Ich fühle mich schon sehr viel sicherer.«
»Wir sind ganz nahe an unserem Ziel. Wenn wir in Tønder sind, müssen wir uns ein Hotel suchen. Ich bevorzuge das Hotel Hostrups, weil man von dort aus einen schöne n Blick auf den Fluss hat. Wenn es voll ist, könnten wir aber auch im Tønderhus absteigen.«
»Wer mag wohl Nummer fünf sein?«, fragte Lisa.
»Nummer fünf?«, sagte Tweed, der mit den Gedanken woanders war.
»Ja. Als die Amerikaner von der Windmühle abzogen, kam ein Soldat aus dem Wald – nein, falsch, es war ein Zivilist – und sagte zu dem FBI-Mann, dass Nummer fünf nicht käme.«
»Stimmt«, sagte Tweed. »Das hat er gesagt. Bisher sind vier Mitglieder des Elite Clubs eingetroffen: Gavin Thunder, der amerikanische Außenminister, der deutsche Außenminister und der französische Premier. Wer also könnte Nummer fünf sein?«
»Rhinozeros«, flüsterte Paula.
Das Hotel Hostrups war ein dreistöckiges, weiß getünchtes Gebäude, das unmittelbar am
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