Das Inferno
Barford sein.‹ Ende des Zitats.«
»Großer Gott!« Newman hatte es fast den Atem verschlagen.
»Das ist ja eine auf Kriegsrecht fußende Diktatur. Und Barford ist mit in die Verschwörung verwickelt.«
»Sehen Sie jetzt, wie ernst die Lage ist?«, sagte Tweed.
»Außerdem geht aus dem Papier klar hervor, dass wir nicht mehr viel Zeit haben.«
»Ich bin völlig erschlagen«, sagte Paula. »Was machen wir nur?«
»Ich habe Ihnen ja schon einmal gesagt, dass es meiner Überzeugung nach noch eine zweite, ebenfalls sehr mächtige Gruppe gibt, die diese Verschwörung verhindern möchte, und rechne eigentlich jeden Augenblick damit, dass ich von einem Repräsentanten dieser Gruppe kontaktiert werde.«
»Und woher soll diese Gruppe wissen, dass wir hier in Tønder sind?«, fragte Paula.
»Weil sie bis jetzt immer wusste, wo wir uns aufgehalten haben. Als wir von der Windmühle abgefahren sind, habe ich in der Ferne ein Flugzeug gehört. Vielleicht saß darin ja jemand von dieser Organisation. Aber jetzt möchte ich, dass wir uns in Tønder umsehen, ob uns hier irgendwelche Gefahr droht. Wir bewaffnen uns und teilen uns in drei Gruppen von jeweils zwei Leuten. Ich gehe mit Paula, Newman tut sich mit Marier zusammen, und Butler und Nield bilden das dritte Team. Wir schwärmen alle in unterschiedliche Richtungen aus und durchkämmen die Straßen. Aber gehen Sie in keine Bars oder Hotels. Das ist zu riskant. Was Lisa anbetrifft, so werde ich sie dazu überreden, sich nach dem Essen etwas hinzulegen. Sie braucht viel Schlaf, um sich von ihrem Schock zu erholen. Gibt es noch irgendwelche Fragen?«
Alle schüttelten den Kopf. Paula war beeindruckt, aber auch ein wenig beunruhigt von Tweeds energiegeladenem Auftreten.
Bei ihr erweckte es den Eindruck, als ob sie kurz vor dem Ausbruch eines Krieges ständen.
Die drei Paare verließen das Hotel und schwärmten aus.
Tweed ging mit Paula die Søndergade entlang ins Zentrum des Ortes, wo es viele schmale, kopfsteingepflasterte Gassen gab, die von alten Straßenlaternen nur spärlich beleuchtet wurden. Es war still, und nirgends war eine Menschenseele zu sehen.
»Dieses Tønder ist richtiggehend malerisch«, sagte Paula.
»Ich liebe diese putzigen kleinen Häuser.«
Die meistens nur zwei Stockwerke hohen Reihenhäuser waren in bunten Farben gestrichen – ocker, rosa, blau oder gelb. Viele von ihnen hatten große Fenster im Erdgeschoß und gemütliche, spitzgiebelige Mansarden. Auf den Gassen war es so ruhig, dass Paula jeden ihrer Schritte auf dem Pflaster hören konnte.
»Wie idyllisch«, sagte sie. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass an einem so friedlichen Ort wie diesem eine Gefahr lauern sollte.«
»Seien Sie trotzdem auf der Hut. Was auf der Autobahn nach Flensburg passiert ist, müsste Ihnen eigentlich gezeigt haben, dass der Feind nichts unversucht lässt, um uns zu vernichten.«
»Aber woher sollen unsere Feinde wissen, dass wir in Dänemark sind?«
Tweed schaute auf den Stadtplan, den er sich an der Rezeption des Hotels hatte geben lassen. In dem Gewirr von kleinen Gassen konnte man sich schnell verlaufen.
Während Paula entspannt und guter Dinge war, schien Tweed sich große Sorgen zu machen. Paula sah, dass er die rechte Hand nicht aus der Tasche seines Sommermantels nahm, in die er zuvor seine Walther gesteckt hatte, und hoffte, dass das nur eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme war. Als sie sich dem Stadtrand näherten, deutete sie nach vorn.
»Sehen Sie das rote Gebäude da? Das ist das Tønderhus, das andere Hotel, von dem Sie uns erzählt haben.«
Als sie sich dem Hotel näherten, kam gerade ein großer, beleibter Mann heraus. Er blieb stehen, um sich eine Zigarre anzuzünden, und als Paula im Licht des Feuerzeugs sein Gesicht sah, griff sie unwillkürlich nach Tweeds Hand. Fast gleichzeitig packte Tweed sie am Ellenbogen und zog sie in eine unbeleuchtete Seitenstraße.
»Ich kann es kaum fassen«, flüsterte Paula. »Das war doch Oskar Vernon, oder?«
»Natürlich war er das. Na, fühlen Sie sich jetzt hier im friedlichen Dänemark immer noch so sicher?«
»Wie um alles in der Welt kommt denn der hierher?«
Während sie sprachen, eilten sie die Gasse entlang und bogen in eine andere ab, die sie noch weiter vom Hotel wegführte.
Paula atmete schwer. Die Begegnung hatte sie sichtlich mitgenommen.
»Das muss ein Zufall sein«, sagte sie.
»Sie wissen genau, dass ich nicht an Zufälle glaube.«
»Das heißt aber noch lange nicht, dass es
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