Das innere Kind umarmen
»Konfluenz«. Dahinter
verbergen sich sogenannte »Symbiosewünsche«. Das bedeutet, dass man den Zustand
zwischen Mutter und Baby wiederherstellt. Tatsächlich ist die einzige
Situation, in der Variante 2 für begrenzte Zeit sinnvoll ist, die
Schwangerschaft. Mutter und Kind spüren einander und sind am gleichen Blutkreislauf
angeschlossen. Eine wichtige Zeit der Symbiose und des Einsseins des Babys mit
der Mutter, um zu reifen und lebensfähig zu werden. Wurde dieser Zustand zu
früh oder unschön beendet, trägt der betroffene Mensch im späteren Leben genau
diese Sehnsucht in sich und versucht, den Mangel durch enge und konfluente
Beziehungen auszugleichen.
Eine
andere Art von Kontaktvermeidung ist Variante 3. Man nennt das Kompromiss. Ein
Kompromiss bedeutet immer, dass man sich nur einigen kann oder eine gemeinsame
Basis findet, wenn beide Menschen eigene Bedürfnisse zurückstellen. Das geht in
manchen Situationen kurzfristig auch gut, aber als Dauerlösung bleibt ein
Kompromiss für beide Seiten unbefriedigend. Denn es bedeutet, dass man niemals
mit all seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen im Leben des anderen Platz hat. Es
ist mitunter ein hoher Preis, den man für solche Beziehungen bezahlt. Ein
Beispiel dafür wäre eine Wochenendbeziehung: Die Partner führen ihr
alltägliches Leben weit voneinander entfernt. Keiner möchte von seinem Wohnort
und das wichtige, soziale Netz zurücklassen. Das bedeutet, dass man sich als
Kompromiss am Wochenende sieht. Irgendwann möchte man aber, dass der Partner
Teil des Alltags wird, und dann wird es schwierig. Wer geht aus seiner
vertrauten Umgebung weg? Eine schwere Entscheidung. Es gibt Paare, die über
einen langen Zeitraum räumlich getrennt voneinander leben und damit zufrieden
sind. Sie sind sich einig darüber, am Leben des anderen nicht zu sehr
teilnehmen zu wollen. In dieser Version herrscht zwar kein enger Kontakt, aber
immerhin Aufrichtigkeit.
Wenn
man Variante 4 bevorzugt, so ist man an wahrem Kontakt nicht interessiert, oder
man hat im tiefsten Inneren Angst davor. Diese Variante nennt man Distanz. Man
kann dem Partner körperlich sehr nah sein, ihm innerlich aber distanziert
begegnen. Hier geht es um die emotionale Seite im Menschen. Hat man als Kind
beispielsweise Nähe und Kontakt als erdrückend und als zu viel erfahren, so
wird man als Erwachsener zu engen Kontakt vermeiden. Es ist selten, dass
Menschen bewusst so handeln. Diese Strategien laufen überwiegend unbewusst ab,
und deshalb leidet man auch so sehr darunter. Jemandem, der das mit vollem
Bewusstsein macht, wird die Kontaktvermeidung selbstverständlich nicht wirklich
zusetzen.
Es
gibt aber noch einen weiteren großen Irrtum in Bezug auf Distanz. Wenn Menschen
mit jemandem Schwierigkeiten haben, dann unterbrechen sie diesen Kontakt und
gehen auf Distanz. Man redet nicht mehr miteinander und sorgt dafür, dass man
sich nicht mehr über den Weg laufen kann. Diese Taktik wird fälschlicherweise
mit Abgrenzung gleichgesetzt. »Ich habe mich abgegrenzt, indem ich mich
distanziert habe«, ist ein klassischer Satz für diesen Irrtum. Es ist zwar ein
Schritt, der dabei hilfreich sein kann, eine Grenze zu ziehen, aber die Lösung
des Problems sieht anders aus. Wenn man eine gesunde Grenze hätte, dann könnte
man der Person gegenüber, mit der man Schwierigkeiten hat, klar und deutlich
die eigenen Grenzen zum Ausdruck bringen und sie notfalls auch verteidigen. Man
braucht mit gesunden Grenzen keine Angst vor Kontakt und Auseinandersetzungen
zu haben, denn man könnte ja, falls nötig, seine Grenze verteidigen.
Variante
5 symbolisiert eine Trennung, die nicht im gegenseitigen Einvernehmen
stattfindet. Meistens geht solch einer Trennung eine konfluente Beziehung
(Variante 2) voraus. Einem der Partner wird es zu eng, und er verschließt sich
radikal vor dem anderen, indem er eine innere Mauer errichtet. Es ist auch
möglich, dass ein Mensch solch eine Mauer um sich herum gebaut hat und trotzdem
versucht, Kontakt zu anderen aufzunehmen. Es wird sicherlich nicht den
gewünschten Erfolg bringen, da man mit dieser Sicherheitseinrichtung unbeweglich
bleibt und sich nicht auf eine Beziehung einlassen kann. Kon trolle wird hier
die Oberhand haben, und somit kann sich auch kein Vertrauen entwickeln, welches
allerdings für eine gesunde Beziehung unabdingbar ist. Ohne Vertrauen kann sich
Liebe und Zuneigung nicht entwickeln. Liebe braucht diese vertrauensvolle
Atmosphäre, um aufzublühen und um
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