Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Insekt

Das Insekt

Titel: Das Insekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
Vom Netzwerk:
in weißen Shorts sprang. Unter dem Arm trug er zwei Tennisschläger. Er erinnerte Bonnie an irgendwen, aber ihr fiel nicht ein, an wen.
    Auf dem Weg zum Nachbarhaus hielt der blonde Mann plötzlich an, drehte sich um, nahm die Sonnenbrille kurz ab, setzte sie wieder auf und kam auf sie zugelaufen. »Entschudigung, aber kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    »Ich komm schon klar, danke.«
    Er legte eine Hand an den Türrahmen des Electra. Sein gebräunter Arm hatte feine, goldenen Härchen. Am Handgelenk trug er eine Rolex.
    »Wissen Sie, was hier passiert ist?«, fragte er.
    Sie war sich jetzt absolut sicher, dass sie sich schon einmal begegnet waren. Dabei gab es in ihrem Leben eigentlich gar keine Gelegenheiten, Männer dieser Kategorie kennen zu lernen. Sie wollte sich von ihm abwenden und starrte dann doch auf seine kräftigen Waden und die Beule vorn in seiner strahlend weißen Tennishose. Sie fühlte sich ertappt, hob den Blick und sah sich selbst in seiner voll verspiegelten Sonnenbrille. Zweimal. Plump, schwitzend, verzerrt.
    »Allerdings weiß ich das.«
    »In den letzten Tagen kamen hier immer wieder Gaffer vorbei. Leute, die aus ihrem Wagen steigen, sich die Nasen an den Fenstern platt drücken und sich anschließend gegenseitig im Vorgarten fotografieren. Eine Familie hat sogar gepicknickt. Mit Grill und allem drum und dran. Können Sie sich das vorstellen? Kalte Hühnerbeine.«
    »Und jetzt denken Sie, ich wäre auch so ein Gaffer?«
    »Was hier passiert ist, war eine menschliche Tragödie. Und ich sage nur, dass man solchen Tragödien mit mehr Respekt begegnen sollte.«
    »Verstehe.«
    »Also…«, er machte eine Art winkende Geste, »… dann möchte ich Sie nicht länger aufhalten.«
    In diesem Moment wusste sie, wer er war. »Sie sind Kyle Lennox!«, sagte sie aufgeregt. »Jetzt hab ich’s. Kyle Lennox. Von Die Wilden und die Widerspenstigen!«
    »Genau. Ich bin Kyle Lennox von Die Wilden und die Widerspenstigen, aber das ändert gar nichts. Ich wohne hier, und meine Nachbarn und ich haben die Schnauze voll von… Hyänen wie Ihnen. Ich habe Mrs Marrin gekannt. Sie war eine gute Freundin von mir. Und ihren Neffen kannte ich auch. Was glauben Sie eigentlich, was hier abläuft? Eine Wiederholung der besten Szenen?«
    »Nein, nein.« Bonnie holte ein Visitenkarte aus dem Handschuhfach und reichte sie ihm. »Deshalb bin ich hier, Mr Lennox. Ich warte hier auf den Anwalt der Hinterbliebenen, um ihm einen Kostenvoranschlag für die Reinigung zu machen.«
    Kyle Lennox hob wieder seine Sonnenbrille und besah sich die Karte. Er hatte die blauesten Augen, die Bonnie jemals gesehen hatte. Schon auf dem Bildschirm sah er gut aus, aber hier in Fleisch und Blut… Sie gab sich alle Mühe, nicht wieder auf seine Tennishosen zu starren.
    »Also ehrlich«, sagte er, »das konnte ich ja nun wirklich nicht ahnen. Tut mir Leid.«
    »Kein Problem. Ich kann gut verstehen, dass man nervös wird, wenn die eigenen Nachbarn auf diese Weise ums Leben kommen.«
    »Nein, nein. Ich habe sie als Gaffer beschimpft, und dafür möchte ich mich entschuldigen.«
    »Das müssen Sie nicht. Die Vermutung lag ja wirklich nahe.«
    »Ich hab mir nie überlegt, dass es spezielle Reinigungskräfte, also eher Reinigungsfirmen gibt, die nach Selbstmorden und so aufräumen. Ist das denn nicht Aufgabe der Polizei?«
    »Die verstehen nicht genug davon. Und ein Wischmop mit Eimer reicht in solchen Fällen nicht.«
    »Meine Güte. Wer kommt auf so etwas? Sie haben wohl schon ein Menge scheußlicher Sachen gesehen, oder?«
    »Hin und wieder schon. Meistens sind nur Flecken übrig.«
    »Meine Güte. Und zu wie vielen… Tatorten gehen Sie so in der Woche?«
    »Vier. Manchmal mehr. Irgendwer bringt ständig irgend wen um.«
    »Meine Güte. Was war denn so das Schlimmste, das Sie jemals gesehen haben?«
    Bonnie deutete auf die Visitenkarte, die Kyle Lennox immer noch in der Hand hielt. »Wären Sie vielleicht so nett, mir darauf ein Autogramm zu geben? Ich bin ein großer Fan Ihrer Serie. Bitte schreiben Sie >Für Duke<. Das ist mein Mann. Der ist schon kein Fan mehr, sondern eher ein Jünger.«
    »Klar. Haben Sie was zu schreiben?«
    Bonnie gab ihm den zerkauten Kugelschreiber von ihrem Klemmbrett und er signierte schwungvoll. »Bitte sehr: Für Duke – Jeder kann wild, und widerspenstig sein.«
    »Also widerspenstig ist er. Richtig wild hab ich ihn allerdings schon länger nicht mehr erlebt.«
    In diesem Augenblick hielt einige Meter hinter Bonnie

Weitere Kostenlose Bücher