Das Intercom-Komplott
Miss Carter.«
Und dann wandte er sich ab. Ich verschloß die Tür und ging zurück ins Wohnzimmer.
Mein Vater schenkte sich gerade ein neues Glas ein.
»Dieser Fotograf meinte gerade …«
Aber er schnitt mir das Wort ab. »Ich weiß es. Ich habe es gehört. Und ein Fotograf ist er ebensowenig wie ich.«
»Was denn sonst?«
»Hast du das denn nicht gemerkt? Central Intelligence Agency. Einer der Schatzsucher der CIA. Ein Schnüffler. Ich roch es eine Meile gegen den Wind. Unverschämte Aufdringlichkeit.«
»Hast du ihn deshalb gefragt, ob er mit einer Kamera umgehen kann? Ich hielt es tatsächlich für eine Spur zu frech.«
»Frech? Das nennst du frech? Und was hältst du von ihnen? Der älteste Trick der Welt, und sie glaubten, ich würde darauf hereinfallen. Und dann auch noch dieser Knilch Goodman – als könnte der es mit mir aufnehmen. Eine einzige Beleidigung.«
»Du glaubst also nicht, daß Mr. Goodman vom World Reporter kommt?«
»Das habe ich nicht behauptet. So ungeschickt sind sie bestimmt nicht. Sicher ist er Reporter. Aber das spielt keine Rolle. Viele Zeitungsleute arbeiten mit der CIA zusammen, erledigen kleinere Aufträge für sie. Aber ausgerechnet Goodman! Und dieser Dummbeutel von Fotograf! Klatschkolumnist und Knipser für Cocktail-Parties. Selbst Goodman wird gespürt haben, wie link die Sache war. Und als er mich im Büro anrief, sagte er mir auch nicht, daß er einen Fotografen mitbringen wollte.«
»Hat er unsere Adresse gewußt?« fragte ich.
Er überlegte einen Augenblick. »Ach, du meinst die Sache von gestern abend? Ich muß einmal überlegen – nein. Goodman wollte mich im Büro besuchen. Aber ich sagte ihm, wir würden heute drucken, es wäre so laut, daß wir unser eigenes Wort nicht verstehen würden. Ich schlug ihm vor, daß wir uns hier unterhalten, und gab ihm die Adresse. Da dachte ich natürlich noch, daß es einigermaßen friedlich zugehen würde.«
»Dann müssen wir jetzt zuerst einmal herausbekommen, warum die CIA sich plötzlich für dich interessiert. Oder hast du auch schon früher mit diesen Leuten zu tun gehabt?«
»Nein. Sie haben sich natürlich schon oft über uns geärgert, aber nur deshalb, weil wir ihnen ›unnötige Arbeit‹ gemacht haben. Sie mußten eben immer wieder die Grillen des Generals unter die Lupe nehmen. Aber das ist etwas ganz anderes als das, was heute war.«
»Jetzt müssen wir nur noch wissen, warum.«
Er setzte sich umständlich auf die Couch. »Okay, Valerie – wir wissen es schon. Ich bin schließlich nicht auf den Kopf gefallen.«
»Die SESAM-Bulletins?«
»Natürlich.«
Und dann erzählte ich ihm, was ich über N. W. Skriabin herausbekommen hatte.
Als ich geendet hatte, sagte er »O Gott!« und schenkte sich einen Whisky ein.
Ich ging in die Küche. Weil es viel zu spät war, um ein ordentliches Abendessen zuzubereiten, stellte ich die Suppe von gestern noch einmal auf den Herd. Nach einer Weile kam mein Vater herein und sah mir zu, wie ich das Gemüse schnitt, mit dem ich sie verlängern wollte.
Er war jetzt wohl ein wenig betrunken – nicht sehr, aber doch genug, um seine Schrullen zu haben.
Mir machte es nichts aus. Und an diesem Abend hätte ich selbst Lust gehabt, mir … Nun ja, mir einen Schwips anzupicheln.
Er lehnte sich an den Kühlschrank. »Weißt du was?« begann er. »Weißt du, was wir tun?«
»Nein.«
»Die meisten Leute – wie zum Beispiel dieser Goodman – versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen, wenn sie ein Problem haben. Stimmt’s?«
»Ja.« Mit Problemen hatte ich an diesem Abend schon zur Genüge zu tun gehabt, und allmählich fing ich an, das Wort zu hassen.
»Ja«, fuhr er fort. »Aber wir sind anders als er. Wir haben ein Problem und gehen der Sache doch nicht auf den Grund. Wir bleiben an der Oberfläche.« Er legte eine Pause ein. »Und der Witz an der Sache ist« – er sprach jetzt ganz langsam –: »In der Ausgabe von heute haben wir ein neues SESAM-Bulletin abgedruckt.«
Ich antwortete nicht. Ich konnte einfach nichts sagen.
Mein Vater ging aus der Küche, und nach wenigen Augenblicken hörte ich, wie er sich an der Tür zum Bad zu schaffen machte.
II
Der Verkauf
KAPITEL 5
12. BIS 16. DEZEMBER
Rekonstruktion des Geschehens
Theodore Carters Einschätzung der eigenen Lage am Abend des 13. Dezember war zutreffend. Er schwamm tatsächlich an der Oberfläche.
Dr. Bruchner erging es gegen Ende dieser Woche nicht anders. Vor allem deshalb, weil seltsame
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