Das Intercom-Komplott
nur indiskret, sondern auch – da er gewiß ohne Antwort bleiben würde – nutzlos.
»Ich werde alles versuchen, Herrn Bloch noch heute zu erreichen«, antwortete er deshalb. »Und auf alle Fälle werde ich Ihnen Freitag Bescheid geben.«
Er fuhr in sein Büro zurück und versuchte, Herrn Bloch zu informieren.
Die Münchner Nummer blieb tot. Das überraschte Dr. Bruchner freilich nicht, da Carter ihm am Vormittag über ähnliche Schwierigkeiten berichtet hatte. Er entwarf ein Telegramm, in dem er das Angebot erläuterte, auf den Freitag-Termin hinwies und um sofortige Antwort bat. Er ließ es an die Münchner Adresse Blochs abschicken; erst später fiel ihm ein, daß er auch die Münchner Bank unterrichten sollte, von der ihm seinerzeit der Betrag für die Aktien überwiesen worden war.
Der Donnerstagmorgen verstrich, und Bloch hatte immer noch nicht reagiert. Bruchners Sekretärin versuchte immer wieder, in München anzurufen, aber auch das war ohne Erfolg. Sie telefonierte mit der Münchner Bank. Dort sagte man ihr, man könne über Kunden keinerlei Auskünfte geben; es sei jedoch möglich, gegebenenfalls eine Nachricht weiterzuleiten.
Am Freitagmorgen machte sich Dr. Bruchner ernsthafte Sorgen. Er hatte Dr. Schwob versprochen, ihm noch vor Bankenschluß eine Antwort zukommen zu lassen, und nun sah es ganz danach aus, daß er ihm nichts anderes würde sagen können, als daß es ihm unmöglich gewesen sei, seinen Klienten zu erreichen. Natürlich konnte er um eine Fristverlängerung bitten, und vielleicht würde man sich sogar einverstanden erklären, aber es lag ihm nicht, mit Männern vom Kaliber eines Dr. Schwob seine Geschäfte auf eine solche Weise abzuwickeln.
Noch einmal wies er seine Sekretärin an, stündlich in München anzurufen.
Um zehn Uhr war die Verbindung mit München hergestellt. Sekunden später rief die Sekretärin bei Dr. Bruchner an.
»Das Gespräch nach München«, sagte sie atemlos. »Die Polizei will Sie sprechen.«
»Wer?«
»Die Münchner Polizei, Herr Doktor.«
»Stellen Sie durch.«
Der Mann in München stellte sich selbst als Kriminalinspektor vor.
»Sie sind Herrn Blochs Anwalt?« fragte er.
»Ich vertrete ihn hier in Basel. Warum? Was ist passiert?«
»Das versuchen wir gerade herauszubekommen, Herr Doktor. Eine Putzfrau meldete heute morgen dem Hausmeister, daß während der Nacht in Herrn Blochs Büro eingebrochen worden sei. Und der Hausmeister hat uns alarmiert. Ich bin jetzt am Tatort. Kennen Sie das Büro?«
»Nein.«
»Es ist nicht sehr groß; ein Vorzimmer und ein zweiter Raum. Aktenschrank und Schreibtisch scheinen durchsucht worden zu sein. Herr Bloch ist im Augenblick nicht in München, und der Hausmeister weiß nicht, wo er sich aufhält. Ob etwas gestohlen wurde oder nicht, können wir erst dann sagen, wenn Herr Bloch oder einer seiner Mitarbeiter eine Bestandsaufnahme gemacht hat. Wissen Sie, wie wir Herrn Bloch erreichen können?«
»Ich dachte, er sei in München. Darum rief ich ja in seinem Büro an. Seine Bank ist im Besitz seiner Anschrift. In einem solchen Notfall wird sie sie wohl an die Polizei weitergeben.« Er nannte ihm den Namen der Bank und gab ihm seine eigene Telefonnummer. »Wenn Sie Herrn Bloch heute noch sprechen, bitten Sie ihn doch, sofort bei mir anzurufen.«
Der Kriminalpolizist sagte, er wolle es tun.
Als Dr. Bruchner am Nachmittag gegen drei Uhr überlegte, in welche Worte er wohl seine Bitte um eine Fristverlängerung an Schwob kleiden sollte, kam Arnold Blochs Telegramm.
ANGEBOT BANKHAUS SCHWOB ZURUECKWEISEN , DA ABSOLUT UNINTERESSANT . TEILEN SIE MIT , DASS MINDESTGEBOT VON 50 0 000 USDOLLAR FUER AUFNAHME VON VERHANDLUNGEN ERWARTET WIRD . KONKURRENZANGEBOTE WERDEN DIESE SUMME BETRAECHTLICH ERHOEHEN . NACHRICHT UEBER WEITERE ENTWICKLUNG TELEGRAFISCH AN POSTE RESTANTE 1065, BRUESSEL , KOPIE NACH MUENCHEN .
BLOCH
Das Telegramm war in Stuttgart aufgegeben worden.
Dr. Bruchner las es zweimal, kam zu dem Schluß, Bloch müsse übergeschnappt sein, und nahm sich vor, die meisten seiner Anweisungen zu ignorieren.
Als er Dr. Schwob anrief, teilte er ihm lediglich mit, Bloch habe das Angebot zurückgewiesen.
»Sie wollen damit also sagen, daß er unter keinen Umständen zu einem Verkauf bereit ist?« wollte Dr. Schwob wissen.
»Nein, das hat er nicht mitgeteilt. Er meint nur, Ihr Angebot sei uninteressant.«
»Hat er nicht angedeutet, was er für angemessener hält?«
Dr. Bruchner brach der Schweiß aus allen Poren.
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