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Das Intercom-Komplott

Das Intercom-Komplott

Titel: Das Intercom-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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im Flur nur ein einziger Stuhl stand. Ich wartete noch eine oder zwei Minuten und kroch dann zur Etagentür. Erst als ich den Türpfosten erreicht hatte, versuchte ich aufzustehen. Meine Schläfen schmerzten immer noch so, als habe jemand flüssiges Blei hineingegossen, aber der Magen schien sich wieder beruhigt zu haben. Ich suchte den Schalter und knipste das Licht an. Als ich mich daran gewöhnt hatte, aufrecht zu stehen, und sicher war, daß mir meine Beine den Dienst nicht versagen würden, ging ich im großen Bogen um den Schmutz auf dem Boden in mein Arbeitszimmer.
    Mein Schreibtisch war durchsucht worden; ich hatte es nicht anders erwartet. Der Inhalt der Schubladen war säuberlich auf der Tischplatte aufeinandergestapelt. Daß der Safe offenstand, überraschte mich. Es war die Idee des Generals gewesen, daß wir einen Panzerschrank für unsere Dokumente haben müßten, aber ich hatte kaum einmal etwas anderes darin verwahrt als unsere Rechnungsbücher, und da es offenbar ein recht billiges Modell war, das eher vor Feuer als vor Dieben schützen sollte, ließ ich meistens den Schlüssel im Schloß stecken.
    Ich ging hinüber in Nicoles Zimmer. Hier schien nichts angerührt worden zu sein. Der Ordner mit der Bloch-Korrespondenz lag noch dort, wohin ich ihn gelegt hatte.
    Ein rasches Durchblättern zeigte mir, daß nichts fehlte. Ich nahm das Electret-Bulletin heraus, spannte es in Nicoles Schreibmaschine und setzte unter die Überschrift die Zeile: »Von unserem Münchner Korrespondenten Arnold Bloch«. Dann kopierte ich es und legte das Duplikat in die Mappe mit den anderen Manuskripten, die für die Ausgabe der nächsten Woche vorgesehen waren. Nicoles erste Aufgabe am Montag war es, sie alle noch einmal abzuschreiben, damit ich sie zum Druck fertig machen könnte. Bis dahin brauchte ich mir darüber keine Gedanken mehr zu machen.
    Das Original des Bulletins legte ich wieder in den Ordner ab, den ich anschließend in mein Büro stellte. Zunächst hatte ich vor, ihn im Safe zu verschließen, zog es dann aber doch vor, ihn mit nach Hause zu nehmen. Ich steckte ihn deshalb in eine alte Aktentasche.
    Als nächstes holte ich die Whiskyflasche aus ihrem Versteck hinter dem Who’s Who in America und das Glas, das ich hinter Satow’s Guide to Diplomatic Practice verborgen hielt, um endlich den Metallgeschmack des Gases aus meinem Mund zu vertreiben.
    O ja, ich dachte wirklich daran, die Polizei zu verständigen. Ich überlegte es sehr sorgfältig. Aber was hätte ich sagen können, das man mir auch geglaubt hätte? Daß jemand in mein Büro eingedrungen war? Es gab keinen Beweis dafür, daß sich jemand gewaltsam Zutritt verschafft hatte; ich hatte die Etagentür sehr sorgfältig nach Spuren untersucht. Daß mich ein Dieb heimgesucht hatte? Mir war nichts gestohlen worden. Daß mir jemand etwas ins Gesicht geschüttet hatte, wovon mir übel wurde? Nun ja – man sah deutlich, daß ich mich übergeben hatte; zweifellos hatte ich etwas gegessen, was mir nicht bekommen war. Gas? Morgen fühlen Sie sich gewiß wieder wohler, Monsieur.
    Ich würde von Glück reden müssen, wenn man mich noch so höflich behandelte.
    Ich machte im Flur sauber, so gut es eben ging, und trank noch ein Glas Whisky. Man kann es nicht anders sagen: In diesem Augenblick fühlte ich mich miserabel – ich fror, und meine Knie waren weich. Wahrscheinlich eine nachträgliche Wirkung des Schocks. Denn betrunken war ich wirklich nicht. Ich hatte jetzt nur noch den Wunsch, sofort ins Bett zu gehen.
    Und mit etwas Glück wäre ich sicher auch rasch ins Bett gekommen. Ich stellte die einigermaßen geleerte Whiskyflasche wieder in ihr Versteck, nahm die Aktenmappe unter den Arm und schaltete alle Lichter aus. Dann öffnete ich die Etagentür und drückte auf den Knopf der Treppenhausbeleuchtung. Das Ritual des Abschließens erschien mir sinnlos – jeder, der es wollte, konnte mit einer Papierklammer hereinkommen –, aber ich tat es doch, wie immer. Wenn ich ehrlich sein soll: ich war froh über die Verzögerung, die dadurch vor meiner Abfahrt entstand. Sie werden sicher verstehen, daß ich Angst davor hatte, hinaus auf die Straße zu gehen. Ich hatte Angst davor, daß Schneider mit Verstärkung zurückgekommen sein könnte und mich draußen erwartete. Aber ich war entschlossen, dieses Risiko auf mich zu nehmen. Erst als ich schon auf dem Weg die Treppe hinab war, sah ich diesen CIA-Knilch Rich mit einem anderen Mann, den ich nicht kannte, dir mir

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