Das Intercom-Komplott
habe.«
Zum erstenmal wirkte sie nicht mehr so mißtrauisch und zurückhaltend. »Ja, das stimmt.«
»Ihr Vater sagte, es wären Leute von der CIA gewesen?«
»Er sagte mir, einer von ihnen wäre ein CIA-Mann. Sie hingegen behaupteten, sie kämen von irgendeiner Zeitschrift. Aber für Journalisten benahmen sie sich etwas zu eigenartig. Es war nicht gerade gemütlich.«
»Wollen Sie mir noch etwas darüber erzählen?« Und sie erzählte mir davon. Sie sagte mir auch, daß sie Nachforschungen über jenen Skriabin angestellt und was sie in der UNO-Bibliothek über ihn erfahren hatte. Das zum Beispiel hatte mir ihr Vater verschwiegen. Aber es paßte in die Geschichte. In diesem Augenblick begann ich anzunehmen, daß das, was ihr Vater berichtet hatte, stimmte, so phantastisch es auch im ersten Moment klingen mochte.
Ich sagte es ihr nicht sofort, und das war nicht nur in einer Hinsicht schade. Aber ich war in einer schwierigen Lage. In diesem Fall trug ich nicht nur medizinische, sondern auch eine juristische Verantwortung, und äußerste Vorsicht war geboten. Wenn ich davon überzeugt war, daß mein Patient nicht phantasiert hatte, sondern bei der Wahrheit geblieben war, mußte ich die Polizei und wahrscheinlich auch noch andere Dienststellen einschalten – natürlich dachte ich dabei auch an die Schweizer Sicherheitsbehörden. Die Polizei ist bekannt dafür, daß sie sich den Argumenten eines Psychiaters widersetzt, wenn es darum geht, der eigenen vorgefaßten Meinung zum Erfolg zu verhelfen. Ich hatte keinen Grund zu der Ansicht, daß mit den Sicherheitsbehörden leichter umzugehen sei. Bevor ich mir eine endgültige Meinung bildete, mußte ich genau wissen, daß ich auf absolut sicherem Boden stand. Schließlich mußte ich das Ansehen Dr. Thomas’, das Ansehen der Klinik und meinen eigenen Ruf im Auge behalten.
Valerie beobachtete mich mit zusammengekniffenen Augen. Noch immer wartete sie auf eine Antwort auf ihre Frage. So unverfänglich wie ich nur konnte, sagte ich ihr:
»Ich danke Ihnen, Mademoiselle. Sie haben mir sehr geholfen.«
»Ich habe auch das Auto gesehen, das ihn verfolgt hat«, sagte sie. »Den Fiat mit dem Fribourger Kennzeichen.«
»Haben Sie beobachtet, wie man ihm folgte?«
»Nein, aber er parkte unserem Haus gegenüber am Straßenrand.«
»Sie haben ein Auto mit Fribourger Nummer gesehen«, antwortete ich vorsichtig. »Ist das hier in Genf denn etwas so Außerordentliches?«
Sie seufzte. »Nein. Ich verstehe. Ein Beweis ist es nicht.«
Ich erhob mich. »Wahrscheinlich wollen Sie jetzt mit Ihrem Vater sprechen. Er sagte, er habe Sie gebeten, ihm seine alte Ersatzbrille mitzubringen. Hat man es Ihnen ausgerichtet?«
»Ja. Und ich habe die Brille mitgebracht.« Auch sie stand jetzt auf. »Herr Dr. Loriol, Sie können doch nicht annehmen, daß mein Vater verrückt ist?«
Diese Frage war gleichzeitig Ausdruck ihrer eigenen Überzeugung und ein Appell an mich, sie zu teilen. Leider reagierte ich ausweichend.
»Ich versichere Ihnen, Mademoiselle, daß ich mich nur höchst ungern davon überzeugen lassen würde. Sein Zimmer ist im Nebengebäude. Wenn Sie mit mir kommen, will ich Ihnen gern den Weg zeigen.«
Sie erwiderte nichts, aber ich wußte, daß ich sie enttäuscht hatte. Im Nebengebäude stellte ich sie der Schwester vor; danach ging ich zurück in mein Büro.
Von dort aus rief ich im Polizeipräsidium an und bat, man möge mich mit Commissaire Vauban verbinden. Da er nicht zu sprechen war, wurde ich mit seinem Vertreter verbunden. Ich sprach mit ihm nicht über meinen Patienten; ich wollte nur etwas über die Aktenmappe erfahren, in der der Bloch-Ordner steckte und von der Carter behauptet hatte, sie müsse noch in seinem Wagen liegen. Der Beamte war zwar hilfreich, aber in diesem Fall konnte er nicht viel tun. Der beschädigte Wagen war in die Polizeigarage abgeschleppt worden, wo er jetzt noch stand. Ohne ausdrückliche Genehmigung durfte aus ihm nichts entfernt werden. Der Polizeibeamte versprach mir, er werde die Angelegenheit zur Sprache bringen, sobald Commissaire Vauban wieder zu sprechen sei.
Fast vierundzwanzig Stunden vergingen, ehe ich den Inhalt der Mappe sehen durfte.
Aber da war es schon zu spät.
VALERIE CARTER
Tonbanddiktat
Der Tag hatte mit einem Schrecken begonnen. Und je länger er währte, desto häßlicher wurde er.
Nachdem die Polizei mich angerufen hatte, ging ich ins Krankenhaus, wo ich erfuhr, daß man meinem Vater Trunkenheit am Steuer
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