Das Intercom-Komplott
Sache ein Ende machen. Bluthunde auf ihre Spur ansetzen. Sie festnageln und schwitzen lassen.«
Ich mußte noch eine ganze Weile solche markigen Worte über mich ergehen lassen, ehe ich ihn dazu überreden konnte, er möge mir doch zuerst einmal sagen, was er überhaupt im Schilde führte. Nachdem er es mir aber erklärt hatte, war ich nicht weniger begeistert als er.
Und darin bestand sein Plan: Er wollte Intercom dazu benutzen, seine Geschichte publik zu machen; zuvor jedoch sollten auch die Presse-Agenturen unterrichtet werden. Auf diese Weise gewann sowohl er als auch Intercom größte Publizität; man müßte die Story nur so sensationell wie möglich aufziehen. Commissaire Vaubans Vorgesetzten würde nichts anderes übrigbleiben, als von der Angelegenheit Notiz zu nehmen. Man würde Fragen stellen – und die Behörden wären in die Defensive gedrängt.
Ich sollte in diesem Spiel die Rolle eines Kuriers übernehmen. Zuerst mußte ich ihn mit Schreibzeug versorgen, und danach – wenn er seine Meldung geschrieben hatte – war es meine Aufgabe, sie aus der Klinik zu bringen. Anschließend sollte ich sie mit der Maschine abschreiben und Nicole anweisen, sie auf die erste Seite der Ausgabe vom nächsten Donnerstag zu setzen. Das war eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, daß mein Vater entweder von der Klinik oder der Polizei daran gehindert werden würde, am Montag wieder ins Büro zu gehen.
Als nächstes sollte ich den Bericht ins Deutsche und Französische übersetzen, diejenigen Pressekorrespondenten anrufen, mit denen mein Vater persönlich bekannt war, außerdem einen Journalisten von der Tribune de Genève , und ihnen allen eine Kopie der Meldung anbieten.
Das Schreibmaterial zu beschaffen war nicht schwer. Ich gab ihm einen Kugelschreiber, den ich in meiner Handtasche hatte, und bevor ich ging, bat ich die Krankenschwester, ihm ein paar Zeitschriften zum Lesen zu bringen. Während sie sie holte, stahl ich aus einem Regal im Korridor ein Päckchen Papiertaschentücher.
Mein Vater versteckte sie unter seinem Kopfkissen. »Morgen früh kannst du es abholen«, sagte er. »Jetzt wollen wir es ihnen einmal richtig zeigen.«
Beim Weggehen traf ich Michel.
»Was für einen Eindruck machte Ihr Vater auf Sie?« fragte er mich.
»Natürlich einigermaßen verärgert«, erwiderte ich kurz angebunden, »und nicht verrückter als Sie, Herr Doktor.«
Bei unserer ersten Unterhaltung hatte er auf mich ziemlich steif und förmlich gewirkt. Jetzt aber überraschte er mich mit einem Lächeln. Es war einfach entwaffnend. Und ich merkte plötzlich, daß ich ihn ein wenig mochte.
»Daß er verärgert ist, tut mir leid«, sagte er. »Ich will mir alle Mühe geben, nicht auch noch dazu beizutragen. Besuchen Sie ihn morgen wieder?«
»Wenn es möglich ist, gleich am Vormittag.«
»Gegen zehn Uhr wäre es am besten.« Er zögerte einen Augenblick. »Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen?«
»Worüber?«
»Sicherlich haben Sie viele Bekannte, aber ich denke doch, daß es zumindest jetzt am besten ist, wenn Sie sich mit ihnen nicht über die Behauptungen Ihres Vaters unterhalten.«
»Weil es absurd klingt – oder weil sie wahr sind?«
Er lächelte wieder. »Ich würde sagen, daß beides Grund genug ist, diskret zu sein.«
Er tat also alles, um mich zu warnen, aber ich richtete mich noch nach der Ansicht meines Vaters und schlug seine Worte in den Wind. Ich hatte ihn im Verdacht, er würde versuchen, mich an der Zurechnungsfähigkeit meines Vaters zweifeln zu lassen, und einen kurzen Moment lang war ich drauf und dran, ihm zu sagen, was ich wirklich zu tun vorhatte. Doch rechtzeitig genug fiel mir ein, daß er es in der Hand hatte, unseren Plan zunichte zu machen, wenn er es wollte, und ließ es sein. Ich erwiderte ihm, ich danke ihm sehr für seinen Rat; ob ich mich aber nach ihm richten wollte oder nicht, sagte ich nicht.
Als ich meinen Vater am nächsten Tag besuchte, sah er schon viel besser aus. Er war zwar noch unrasiert, und die Wunden machten einen schauerlichen Eindruck, aber seine Wangen hatten etwas Farbe, und die Augen blickten viel heller. Die Schwester sagte mir, er habe in der vergangenen Nacht sehr gut geschlafen.
Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, holte er ein zusammengefaltetes Bündel von Papiertaschentüchern unter seinem Kissen hervor und drückte es mir in die Hand.
»Da ist es«, sagte er. »Lies es und sag mir, was du davon hältst.«
Ich faltete das Paket auseinander. Die Überschrift
Weitere Kostenlose Bücher