Das Internat
in einem eleganten schwarzen Luxuswagen auf sie. Weil sie den Mietwagen bereits abgegeben hatte, bevor sie nach Washington geflogen war, nahm Mattie jetzt ein Taxi, nannte dem Fahrer Jamesons Adresse und fügte hinzu, sie müsste bis gestern da sein.
"Bemühen Sie sich ja, uns beide nicht in den Bay zu manövrieren", warnte sie, als er wenig später über die Golden Gate Bridge schoss.
Das Klingeln eines Handys irritierte sie. Ihr erster Gedanke galt Jameson und der Deadline, aber sie hatte bereits ihre Nachrichten abgehört. Von ihm war keine dabei gewesen. Nachdem Mattie ihr Mobiltelefon aus der Tasche genommen hatte, drückte sie auf den Knopf und zögerte kurz, bevor sie sich meldete.
Die sanfte Frauenstimme am anderen Ende konnte sie wegen der Motorengeräusche kaum verstehen. "Miss Smith, sind Sie es? Hier ist Nola Daniels. Sie haben mir seinerzeit Ihre Nummer gegeben."
"Die Frau von Chief Daniels?", fragte Mattie. "Wie geht es Ihnen? Ist alles in Ordnung? Ich kann Sie kaum verstehen."
Nola sprach etwas lauter. Dennoch klangen ihre Worte genuschelt, so als hätte sie den Hörer näher an die Lippen gepresst. "Es geht um meinen Mann. Er glaubt, dass er sich an etwas erinnert. Er möchte mit Ihnen sprechen. Können Sie herkommen? Können Sie gleich jetzt herkommen, bitte?"
Mattie warf einen Blick auf die digitale Uhr ihres Handys. Sie
musste
mit Jameson sprechen. "Ich kann leider nicht, Mrs. Daniels. Ich habe einen Termin und bin bereits spät dran. Kann ich Sie anrufen, sobald ich fertig bin?"
"Ich weiß nicht, Miss Smith."
"Es tut mir sehr leid, wirklich, mehr kann ich im Moment nicht tun. Eine Stunde. Geben Sie mir eine Stunde, geht das?", bat sie.
"Ich werde mit ihm sprechen."
Sobald der Wagen vor Jamesons Haustür hielt, verabschiedete sich Mattie eilig. Sie atmete tief ein, stieg aus dem Wagen und bezahlte den Fahrer, der bereits ihre Taschen aus dem Kofferraum lud. Das Trinkgeld war üppig, ein Dankeschön, weil er sie nicht beide umgebracht hatte.
37. KAPITEL
I ch weiß, was du getan hast – und es war ungeheuerlich.
Wissen ist Macht, sagte sich Mattie, als sie die Taschen auf dem Treppenabsatz abstellte und an Jamesons Tür klopfte. Schon ordnete sie ihre Gedanken vor der unvermeidlichen Auseinandersetzung, aber nichts passierte. Die Tür blieb fest verschlossen. Kein Licht ging an, kein Geräusch war zu hören. Das Haus war so ruhig wie ein Grab.
Sie entdeckte die Klingel und probierte es damit. Immer noch nichts.
Schriftsteller waren zu ungewöhnlichen Zeiten aktiv, das hatte Mattie oft gehört. Trotzdem schien es zu früh für Jameson, ins Bett zu gehen. Er konnte ausgegangen sein. Das würde erklären, warum er nicht reagierte. Dennoch wurde Mattie das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte. Konnte ihr Traum eine Vorahnung gewesen sein? Sie wusste nicht, wie sie mit ihrer Sorge umgehen sollte. Überhaupt wusste Mattie nicht, was sie jetzt noch tun konnte – wie bei einem Unfall, den sie kommen sah, aber nicht vermeiden konnte. Das Oberlicht des Hauses lief über die gesamte Länge, vorn gab es Fenster, nur nicht an den Seiten, wo Jamesons Schlafzimmer lag.
Vielleicht gab es einen Weg. Über ein Gitter oder eine Feuerleiter könnte Mattie vielleicht zum Oberlicht gelangen. Als sie einen Schritt zurücktrat, um nachzuschauen, blendete sie ein Licht. Sie hörte ein lautes Knallen. Schnell duckte sie sich und schlug schützend die Hände vors Gesicht. Mehr Lärm. Es klang, als ob eine Glühbirne zerplatzte, nur tausendmal lauter.
"Was tust du hier?"
Jamesons Stimme donnerte ihr in den Ohren, das gleißende Licht verschwand. Nachdem Mattie den Blick gehoben hatte, sah sie ihn vor sich stehen. Sie konnte ihn zwischen den weißen Flecken erkennen. Anscheinend hatte er einen Sicherheitsscheinwerfer angeschaltet und sich jetzt davorgestellt.
"Du bist spät dran", sagte er.
Es schien, dass Jameson wieder so lebendig, gesund und angriffslustig war, wie Mattie ihn kennengelernt hatte. Tyrann.
Feigling.
Mattie kam sich wie eine Idiotin vor, weil sie sich um ihn gesorgt hatte. Sie hatte tatsächlich darüber nachgedacht, ob sie diesem Mann vertrauen sollte. Das gleiche Ziel hätten sie verfolgen sollen: dem Schuldigen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Doch Jameson schien es nur darum zu gehen,
sie
zu Fall zu bringen, als ob er einen persönlichen Rachefeldzug führte und kein Gegenbeweis zählte. Er tat ihr genau das gleiche an wie seinem Bruder.
Kampfbereit richtete Mattie sich auf
Weitere Kostenlose Bücher