Das Internat
großen, traurigen Augen auf Breeze. "Ja, aber nicht so, wie du denkst."
Breeze fühlte sich, als hätte sie einen Schlag mit dem Ellbogen in die Rippen bekommen. Wie konnte jemand Ivy verletzen? Sie war schließlich etwa so bedrohlich wie eine Stechmücke. "Egal, wie man es dreht und wendet. Wenn er dich verletzt hat, müssen wir es jemandem erzählen."
Sie griff nach Ivys Ärmel und zog sie Richtung Fahrstuhl. "Komm schon. Es muss doch jemanden an dieser verdammten Schule geben, der uns helfen kann."
"Nein!" Ivy riss sich los. "Miss Rowe bringt mich um – und Mattie auch."
"Niemals. Das ist doch nur eine Drohung, damit wir uns fügen. Ich werde es dir beweisen. Wir gehen direkt zu ihr."
Ivy war den Tränen nahe. Ihre Stimme brach. "Nein, bitte. Sie wird mich nach Hause schicken. Und das könnte ich nicht ertragen."
"Nein, das wird sie nicht. Sie will in erster Linie, dass dieses Campus-Bordell funktioniert. Ich schwöre es dir. Einer dieser Kerle hat mich geschlagen. Sie hat okay reagiert. Sagte, es würde nicht wieder passieren."
"Sie mag dich – und diese Männer von ihr, die mögen dich auch." Ivy schlang aufgelöst die Arme um ihren Oberkörper. "Sie schickt mich heim, Breeze, und dann würde ich lieber sterben."
"Ivy, sag so etwas nicht. Was ist nur los mit dir?
Sag es mir.
Du musst es mir sagen, sonst kann ich dir nicht helfen."
Die Aufzugtüren öffneten sich, und eine kleine Gruppe Schülerinnen lief fröhlich tratschend an ihnen vorbei und auf das andere Ende des Flurs zu.
Ivy zischte Breeze atemlos zu: "Misch dich nicht ein. Du wirst es nur schlimmer machen, und wenn du es Miss Rowe erzählst, dann laufe ich weg, das schwöre ich."
Ihr wunderschönes Gesicht glühte gequält. Sie machte eine Kehrtwende und rannte in ihr Zimmer. Breeze sah, wie sie die Tür aufschloss und hinter sich zufallen ließ. Einen Augenblick später fand sich Breeze vor Ivys Tür wieder und fragte sich, ob sie klopfen sollte. Sie lauschte nach Schluchzern oder irgendwelchen Anzeichen dafür, dass Ivy zusammengebrochen war. Bei dem kleinsten Laut dieser Art würde sie sich Eintritt verschaffen. Als Breeze das Knirschen des schweren Kleiderschranks hörte, wie er über den Boden geschoben wurde, glaubte sie, dass Ivy die Tür verbarrikadierte.
Breeze fühlte sich, als läge ihr ein Stein im Magen. Irgendetwas ging hier furchtbar schief, und sie konnte nichts tun, ohne ihre Freundin zu verraten.
Nichts.
Es dauerte eine Weile, bis diese Erkenntnis sie traf. Aber dann atmete sie tief ein, setzte ein entschlossenes Lächeln auf und kehrte in ihr Zimmer zurück.
Wenn die anderen Mädchen noch da sein sollten, würde sie da weitermachen, wo sie aufgehört hatte, nämlich ihre Geheimnisse über Männer und Sex preisgeben, um die Neugier ihrer Freundinnen anzustacheln. Vielleicht könnte sie so tun, als wäre nichts geschehen. Sie hoffte, dass die drängenden Fragen der Freundinnen ihr helfen würden, dieses furchtbare, hilflose Gefühl loszuwerden.
Ivy stand am Rande der schmutzigen Zufahrtsstraße und starrte auf ihre verschrammten Tennisschuhe. Ihre Jeans waren an den Knien ausgebeult, und das übergroße T-Shirt lugte unter dem dunkelblauen Anorak hervor, das sie trug, um sich vor den stürmischen Herbstwinden zu schützen. Sie machte sich nicht die Mühe, aufzuschauen, als das schwarze Auto die Straße hinauffuhr, die zur Schule führte, und schließlich vor Ivy anhielt.
Der Regen hatte die Straße aufgeweicht, sodass Ivys Schuhe tief in den Matsch sanken, als sie auf das Auto zuging. Das wird Ärger geben, dachte sie. Er hasst Unordentlichkeit.
Ein Fahrer stieg aus und kam zu ihr, nickte kurz und öffnete die Tür. Sie glitt in die düsteren Tiefen der Limousine und murmelte dem Mann, der innen saß, einen kurzen Gruß zu. Sein Aftershave roch nach Zitrone, sein Atem nach stechender Minze. Im Innenraum herrschten beißende Gerüche vor. Klinisch sauber.
Als er zu ihr herübersah, meißelte sich Missbilligung in die Konturen seines Gesichts. "Ich bin überrascht, dass Miss Rowe euch so herumlaufen lässt."
Nervös zupfte Ivy an ihren Jeans. Ihr dämmerte, dass sie nicht hier sein wollte und dass dieses Outfit ihr erlaubte, sich nicht wie ein williges Opfer zu fühlen. Sie war gekommen, aber sie hatte sich nicht dafür zurechtgemacht.
Mit gepresster Stimme erwiderte sie: "Ich habe aufgepasst, dass Miss Rowe mich nicht sieht. Sie hätte darauf bestanden, dass ich mich umziehe."
"Warum hast du dich denn nicht
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