Das Internat
Schwester."
Ivys Betäubung hatte sich in etwas Fundamentaleres verwandelt. Seine Stimme drang wie aus weiter Ferne zu ihr. Sie saß auch nicht mehr neben ihm im Auto. Es spielte keine Rolle, wo sie war. Eine Reihe Wörter rauschten ihr durch den Kopf, aber sie konnte ihnen kein Gefühl zuordnen. Sie war total leer. Tot.
Ein Baby. Sie hatte eine kleine Schwester. Und er hatte noch jemanden, den er zerstören konnte.
13. KAPITEL
S ausalito, Kalifornien
Sommer 2005
Mattie zögerte, als Jane Mantle sich umdrehte und sie in dem Durchgang stehen sah. Zwar hatte Mattie eine Reaktion erwartet, aber nicht diese. Entsetzen verzerrte Janes perfekt geschminkte Züge in eine Schreckensmaske.
"Was ist passiert?", flüsterte sie, auf Matties Aufzug starrend. "Geht es dir gut?"
Mattie schaute an sich hinunter und stellte fest, dass ihre Kleidung durcheinandergeraten war. Ihre Kakihosen waren verdreht, und das Poloshirt hatte einen Riss bekommen, vermutlich während sie gegen die Tür gefallen war.
"Was machst du hier?", fragte sie Jane. Warum der Geheimdienst ihre Wohnung durchsucht hatte, war Mattie jetzt klar. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass Jane persönlich vorbeikam, wenn es sich nicht um eine Frage nationaler Sicherheit handelte. Dass dies nur ein Höflichkeitsbesuch war, glaubte Mattie nicht.
Unsicher trat Jane einen halben Schritt nach vorn. "Du hast eine dringende Nachricht hinterlassen. Ich dachte, ein Besuch wäre sicherer als ein Telefongespräch."
"Hat der Secret Service deshalb mein Haus auf den Kopf gestellt?"
Jane atmete frustriert aus. "Das tut mir leid. Sie lassen mich nirgendwo hingehen, ohne vorher die Lage zu sondieren."
Ihre Hand zitterte, als Mattie sich den Rücken stützte. "Sie sind sehr gründlich."
"Mattie, stimmt etwas nicht? Hast du dich verletzt?"
Matt blickte Mattie an sich hinunter und machte einen halbherzigen Versuch, ihre Kleidung in Ordnung zu bringen. Ihr Haar sah vermutlich auch schrecklich aus. Kein Wunder, dass Jane sich erschrocken hatte. Mattie ging einen Schritt und zuckte zusammen, als sie das Knie belastete. Großartig, sie hatte es sich irgendwie gezerrt.
"Du humpelst? Humpelst du?"
"Ich bin gestolpert." Mattie zuckte die Achseln, um es abzutun. "Du kennst mich. Ich kriege keine Preise in Sachen Koordination."
Jane schürzte die Lippen, ein sicheres Zeichen dafür, dass sie mit der Antwort nicht zufrieden war. Über zwanzig Jahre schwanden mit diesem einen Blick, und Mattie fühlte sich augenblicklich in ihre Jugend zurückversetzt, als Jane mit ihrem streng mütterlichen Tonfall sagte: "Komm hierher, Mattie. Das will ich mir ansehen."
"Es geht mir gut." Widerwillig humpelte sie zu Jane hinüber. In der Schule hatten die vier Stipendiatinnen sie Lady Jane genannt. Und das nicht nur wegen ihrer Ausstrahlung. Sie hatte sich immer wie eine Glucke benommen, und es hatte keinen Sinn, zu versuchen, sich ihr jetzt zu widersetzen. Als Jane einen aufstrebenden Politiker geheiratet und ihn in einen Präsidentschaftskandidaten verwandelt hatte, war Mattie nicht überrascht gewesen. Denn Jane verfügte über Ehrgeiz, Antrieb und eine unerschütterliche Arbeitsmoral. Mattie hatte sich nur gewundert, dass Jane nicht selbst zur Wahl angetreten war.
Obwohl sie es versuchte, konnte Mattie das Humpeln nicht völlig unterdrücken.
Jane schnalzte mit der Zunge. "War das der Secret Service? Ist es dieses Arschloch Bratton gewesen?"
"Deine Jungs haben mir einen höllischen Schrecken eingejagt, und ich bin hingefallen, aber das war alles."
"Nun, das tut mir leid. Mr. Bratton kann etwas extrem sein. Offensichtlich hält man mich für schwierig zu beschützen, kannst du dir das vorstellen?", fragte sie trocken. "Also hat man mir Godzilla als Beschützer zur Seite gestellt. Er und ich machen uns gegenseitig das Leben schwer, aber alles natürlich unter dem Deckmäntelchen der Höflichkeit."
Mattie war ehrlich erfreut, das zu hören. Armer Bratton, sein schlechtes Benehmen holte ihn in Form einer Gegnerin wie Jane Mantle ein.
"Ich sollte ihn melden", sagte Jane. "Er hat in dieser Situation ganz klar übertrieben."
"Wem auch immer du das meldest, derjenige wird alles über dein privates Treffen mit mir wissen wollen. Und darauf können wir verzichten, oder?" Mattie setzte sich in ihren Rattanschaukelstuhl, um ihr Knie zu schonen. "Übertrieben zu agieren, ist wahrscheinlich eine gute Sache, wenn eine Wiederwahl ansteht und all die Sorgen über den Terrorismus vorherrschen. Sie
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