Das Internat
niemand.
Breeze fühlte sich mit ihrem Körper so wohl wie nur wenige Mädchen in ihrem Alter. Mit vierzehn Jahren hatte sie schon einige Erfahrungen mit Sex gemacht, auch wenn es nur ein gleichaltriger Junge gewesen war, mit dem sie anderes erlebt hatte als mit Miss Rowes Männern. Trotzdem hatte sie ihre ersten zwei Treffen überlebt, ein bisschen über Männer gelernt und einen ganze Menge über sich selbst. Offenbar verfügte Breeze über eine natürliche Begabung für die subtilen Signale, die Männer und Frauen sich sandten, obwohl sie nicht mal sich selbst erklären konnte, was die Zeichen bedeuteten. Aber sie wusste, dass das ihr Talent war, ihre Begabung, und sie sah darin nichts Schlechtes.
"Was ist, wenn er dich wiedersehen will?", fragte Mattie.
Breeze spielte mit dem Armband. "Das hoffe ich. Und nicht nur wegen des Schmucks."
"Warum dann?", fragte Jane. "Hat es dir gefallen, als er dich angefasst hat?"
"Ich fand es jedenfalls nicht unangenehm." Breeze zögerte, weil sie wusste, dass ihre Freundinnen sie auslachen würden, wenn sie die Wahrheit sagte. "Er war traurig, und ich habe ihn glücklich gemacht. Ich glaube, nächstes Mal hat er weniger Angst vor mir oder einer anderen Frau. Ich weiß nicht warum, aber ich habe mich gut dabei gefühlt."
Mattie sprang vom Bett und baute sich direkt vor Breeze auf. Ihre Augen waren tiefblau und ihr Haar schwarz wie das der Medusa. "Diese Männer sind nicht traurig", sagte sie. "Sie sind krank, und wenn es anfängt, dir zu gefallen, wirst du auch krank."
"Beruhige dich, Mattie. Es war nicht der Sex. Es hat ihm geholfen. Er hat sich besser gefühlt, und deshalb habe ich mich auch besser gefühlt."
"Also bist du jetzt die 'Mutter Teresa des Sexes'? Du wirst die Welt bereisen, damit Männer sich besser fühlen?"
Breeze gelang es, nicht zurückzuzucken, was nicht einfach war, wenn Mattie Smith jemandem ins Gesicht starrte. "Vielleicht", sagte sie sanft.
Jane unterbrach sie, indem sie fragte, wo Ivy war. Den Mädchen war gar nicht aufgefallen, dass Ivy den Raum verlassen hatte. "Bleibt hier", sagte Breeze zu den anderen, die auf die Tür zustürzten. "Ich suche sie. Es ist bestimmt meine Schuld, dass sie abgehauen ist."
Breeze stürmte in den Flur und überließ ihre Freundinnen dem Schnaufen und Keuchen und den anderen dummen Geräuschen, die sie von sich gaben. An den Fenstern des Erkers sah sie Ivy stehen, am anderen Ende des Flurs. Sie starrte hinaus in die Dunkelheit. Breeze rief ihren Namen, aber Ivy drehte sich nicht um. Sie schien sie nicht einmal zu hören, und Breeze wusste einen grauenhaften Moment lang, was sie nicht wissen wollte. Ihre Freundin wäre gesprungen, wenn es einen Weg gegeben hätte, die Fenster zu öffnen.
12. KAPITEL
B reeze näherte sich dem Fenster zögerlich. "Ivy, stimmt etwas nicht? Hat es mit den Dingen zu tun, die ich gesagt habe?"
Ivy drehte sich um und schirmte die Augen mit der Hand ab, als wäre die Flurbeleuchtung zu grell. "Was? Nein. Ich brauchte nur ein bisschen frische Luft."
Ihre Haut sah blass und schweißig aus. Breeze fragte sich, ob sie eine Hungerkur begonnen hatte. Die Aufsicht hatte herausgefunden, dass sie Süßigkeiten hortete, und jetzt machten sich die anderen Schülerinnen darüber lustig. Sie machten grunzende Tiergeräusche und ärgerten sie. Ihre Mahlzeiten rührte Ivy mittlerweile kaum noch an, was Breeze lächerlich fand. Ivy war nicht übergewichtig.
Breeze griff nach ihrer Hand, aber Ivy ballte die Hände zu Fäusten und steckte sie in die Taschen. Sie wich Breezes Blicken aus.
"Isst du?", fragte Breeze.
"Ja, mir geht's gut. Es ist nicht das Essen."
"Was dann? Du bist aus dem Raum gerannt, also kann etwas nicht stimmen. Wenn es nicht das Essen ist, was dann … Jungs?"
Ivy sah weg, und Breeze wusste Bescheid. Ivy hatte keinen Freund. Keine von ihnen. Den Schülerinnen war es nicht erlaubt, Jungs aus dem Ort zu treffen, und die nächste Schule lag auf der anderen Seite der Bucht von San Francisco.
Um sicherzugehen, dass sie allein waren, blickte sich Breeze um.
"Einer von Miss Rowes Männern hat dich letzte Woche in einer Limousine abgeholt. Ich habe gesehen, wie du unten an der Straße eingestiegen bist. Außer mir hat dich niemand gesehen. Du hast aber gar nichts davon erzählt. Also frage ich mich, ob alles okay gelaufen ist."
Ein Seufzer ließ Ivys ganzen Körper erzittern. "Oh, Gott", flüsterte sie.
"Was ist passiert?", fragte Breeze. "Hat er dich verletzt?"
Ivy richtete ihre
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