Das Internat
seinen Manschettenknöpfen entgegen.
Augenblicklich stand Mattie auf, schloss die Tür und drehte sich um, den Körper dagegengepresst. Mit Wucht hämmerte ihr das Herz gegen die Rippen. "Ivy, wir müssen hier verschwinden. Sie spricht mit einem von Miss Rowes Männern. Es ist der, den ich angespuckt habe. Er ist hier!"
Ohne zu zögern, stopfte Ivy den unangerührten Schokoriegel in die Tasche und stand auf. "Wie sollen wir hier rauskommen? Es gibt doch nur die eine Tür."
Mattie sah keine Fluchtmöglichkeit, außer um ihr Leben zu rennen. Wenn sie ein Ablenkungsmanöver inszenieren könnte, bei dem Ivy entkommen könnte … Mattie würde so tun können, als sei sie schwer verletzt und falle plötzlich in Ohnmacht.
Sie winkte Ivy zu sich und schilderte ihr flüsternd den Plan. Die arme Ivy sah so aus, als würde
sie
ohnmächtig. Mattie griff sie an den Händen und sprach ihr in einem tiefen, ernsten Tonfall Mut zu. Schließlich nickte Ivy. Sie würde es tun. Sie war bereit. Doch als Mattie am Griff zog, ließ sich die Tür nicht öffnen. Sie war verschlossen.
Abgeschlossen, von außen.
Im freien Fall. Mattie fühlte sich, als würde sie durch das All rasen. Verzweifelt sah sie Ivy an, keine von ihnen sagte ein Wort. Sie wussten es. Es war alles vorbei. Schockiert gingen sie zurück zu den Stühlen und setzten sich einander zugewandt hin, so fix und fertig, dass sie kaum atmen konnten. Nach einer Weile drückte Mattie Ivys Hände, um sie zu trösten. Welche Alternative hatten sie auch, als sich gegenseitig Halt zu geben?
Etwas später wurde die Tür geöffnet und Mattie sah hoch. Miss Rowe betrat den Raum und schloss hinter sich zu. Sie war allein – für Mattie ein ganz schlechtes Zeichen.
Die Direktorin kam zu dem Tisch, und ihr Regenmantel wogte, als sie ihnen gegenüberstand. "Ich habe schlechte Neuigkeiten für euch beide", sagte sie mit sanfter Stimme. "Es gab einen Einbruch in der Rowe-Akademie. Heute Abend, nachdem alle schlafen gegangen waren, wurden die Schaukästen eingeschlagen und kostbare Rowe-Familienerbstücke gestohlen."
"Wir haben nichts geklaut!" Mattie verzog das Gesicht, als ihr Ivys Fingernägel in die Haut stachen.
"Ich glaube, dass ihr zwei es wart. Als mich die Polizei mit der Nachricht weckte, dass ihr hier seid, wusste ich, dass meine Räuber gefasst sind. Hast du deinen Rucksack dabei, Mattie? Wo ist er?"
Automatisch schaute Mattie zu dem Tisch, auf dem die Polizistin die Taschen abgestellt hatte. Miss Rowe folgte ihrem Blick und nickte. "Sehr gut", sagte sie.
Mattie sagte nichts. Der Rucksack war gemäß Schulordnung mit ihrem Namen versehen. Sie hatte nichts dagegen, dass Miss Rowe nachsah. Gestohlen hatte sie nichts, der Inhalt würde nichts anderes belegen.
Verwirrt beobachtete sie, wie Miss Rowe den Reißverschluss der Tasche öffnete und etwas aus ihrem Regenmantel zog. Schnell wischte die Direktorin ihre Fingerabdrücke mit einem Taschentuch ab, schob die Gegenstände nach innen und zog den Reißverschluss wieder zu.
"Was haben Sie da gemacht?" Mattie rang um Fassung. "Was haben Sie in meinen Rucksack getan?"
Miss Rowe drehte sich um und zog den Mantel fest um ihren Körper. Ihre Lippen zitterten, sie war unfähig zu lächeln. "Du bist so ein verdorbenes Mädchen", sagte sie. "Du besitzt die Dreistigkeit, mich zu bestehlen, über mich Lügen zu verbreiten, und jetzt beschuldigst du mich auch noch? Meine Erbstücke sind da in deiner Tasche. Du hast sie entwendet."
Keines der Mädchen sprach. In Gedanken schrie Mattie:
Sie haben nichts in meiner Tasche gefunden. Sie haben dort etwas hineingetan.
"Sie wissen alles über dich, Mattie." Miss Rowes Stimme war kaum hörbar, als sie zurück an den großen Tisch trat, in ihren Augen brannte der Hass. Wahrscheinlich hätte sie Mattie gern direkt hier in diesem Raum ermordet und tat es nur nicht aus Angst, gehört zu werden. Undurchsichtige Fenster oder transparente Spiegel gab es in dem Verhörzimmer nicht, aber ein Mikrofon konnte dort versteckt sein.
"Ich habe ihnen erzählt, wie du die anderen Mädchen drangsalierst und sie in Kämpfe verwickelst", sagte sie. "Wie du aus Türmen springst und dich selbst verletzt, um Aufmerksamkeit zu erregen. Und Ivy mit ihrer Ess- und Verhaltensstörung. Sie wissen, wie krank und selbstzerstörerisch ihr seid. Ich habe ihnen erzählt, was für eine konstante Qual ihr für mich bedeutet, obwohl ich mich so sehr bemühe, euch zu helfen."
Ivy wimmerte, woraufhin Mattie den Griff um die
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