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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Clemens
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Grundstück zu bekommen. Vielleicht sollten Sie sich eine Alternative überlegen, falls es nicht klappt.«
    Eine Alternative? Sie wusste keine. Woher wollte der Freund das so genau wissen? Sie beschloss, sich nicht entmutigen zu lassen und einfach zu ihm zu fahren. Ohne Anmeldung oder vorherigen Telefonanruf. Angriff war immer noch die beste Verteidigung.
    McConell wohnte in einem weißen Cottage mit reetgedecktem Dach. Sie parkte vor dem einladenden, offen stehenden Tor und ging über hellen Kies zur Haustür, vorbei an wuchtigen Rhododendrenbüschen, deren kompakte, grüne Knospen für das nächste Jahr schon zu sehen waren. Es gab auch zwei hohe Hortensienbüsche mit verblassten, vertrockneten Blüten, die sehr gepflegt wirkten. Sie musste sich unbedingt nach Dünger erkundigen, schoss ihr durch den Kopf. Tim hatte sich um die Pflanzen nicht sonderlich gekümmert.
    Zwei flache, sehr elegante Marmorstufen führten zur Haustür. Sie klingelte und wartete und erschrak fast, als sich die Tür unvermittelt öffnete und sie in das Gesicht eines älteren Mannes mit ergrauten Schläfen und sympathischen Augen blickte.
    »Hallo, ich bin Claire Sammers«, begann sie.
    »Ich wusste, dass Sie kommen«, unterbrach er sie freundlich.
    »Ben hat Sie schon angekündigt. Kommen Sie doch hinein.«
    Sie hatte keine Ahnung, wer Ben war.
    Er führte sie durch den hellen Flur in ein Zimmer, das von einem riesigen Kamin dominiert wurde, der offensichtlich auch genutzt wurde. Holzscheite waren säuberlich an der Wand aufeinandergeschichtet und unter dem Rost war Asche zu sehen.
    »Setzen Sie sich, möchten Sie einen Tee?«
    Sie schüttelte den Kopf und sah sich neugierig um.
    Der Raum gefiel ihr. Es gab eine ganze Wand voller Bücher, behagliche tiefe Sessel und bunte Aquarelle an der Wand. Den Boden bedeckten Teppiche in leuchtenden Farben mit langem Flor. Und es roch angenehm. Sie schnupperte.
    »Das ist der Tabak«, McConell hob seine Hand, in der er eine glänzende Pfeife hielt. Seine Hände waren ausgesprochen schön. Wie die eines Künstlers.
    Sie setzte sich und wollte nicht gleich zur Sache kommen.
    »Darf ich Sie etwas fragen?«, begann sie.
    »Aber ja.«
    »Sind Sie mit Ihrem Dach zufrieden?«
    »Oh, Sie interessieren sich für Reetdächer?«, fragte er überrascht.
    »Ja, ein wenig. Ich finde sie wunderschön, weiß aber nicht richtig, was ich davon halten soll.«
    »Nun«, setzte er an, »sie müssen gepflegt werden. Ich lasse in regelmäßigen Abständen einen Fachmann zum Auskämmen kommen.«
    »Kann man denn sehen, ob Schäden entstanden sind?«
    »Ja, sicher. Anzeichen für Verfall sind starker Bewuchs mit Flechten und Moosen, das Dach verfärbt sich, wird dunkler und ähnelt dann Torf. Aber wenn man darauf achtet, ist Reet ein guter Baustoff mit guter Wärme- und Schalldämmung. Und es ist atmungsaktiv.«
    Er zog an seiner Pfeife und sah sie abwartend an. Sie kam endlich auf das Grundstück zu sprechen und fragte sich gleichzeitig, warum zum Teufel Tim eigentlich nicht dabei war. Es war doch sein Land. Sie erzählte ihm, dass sie ein Hotel plane und das Grundstück brauche, um die Terrasse zu vergrößern und mehr Garten zu bekommen. McConell hörte ihr schweigend zu, nickte und nahm wieder einen Zug aus seiner Pfeife.
    Als sie schwieg, sagte er: »Noch nie hat einer meiner Vorfahren ein Stück Land verkauft.«
    Ihr Herz sank.
    »Hinzu kommt«, er zog noch einmal an der Pfeife, blickte unwillig auf den Pfeifenkopf und stand auf.
    »Es gibt eine Vereinbarung zwischen meinem und Henk Mulreadys Vater. Die beiden waren Brüder.«
    Er rührte mit einem Pfeifenreiniger im Pfeifenkopf und legte die Pfeife dann sacht in einen Ständer. Mit seiner dunkelgrünen Strickjacke, dem markanten Gesicht und den feinen Händen sah er so aus, wie sie sich einen Schriftsteller vorstellte.
    »Die Geschichte ist etwas kompliziert und ich will Sie nicht damit langweilen. Aber eigentlich bin ich verpflichtet, das Stück vor einem Verkauf Henk anzubieten.«
    Verflixt.
    »Andererseits«, er setzte sich wieder, »habe ich es ihm vor über zehn Jahren angeboten und da wollte er es nicht. Insoweit habe ich meine Verpflichtung eigentlich erfüllt.«
    Sie sah ihn erwartungsvoll an und McConell erzählte, dass Mulready das Grundstück dann doch haben wollte, als er erfuhr, dass der vorherige Besitzer des Hofes daran Interesse zeigte. Er vermutete damals, Mulready wollte den Leuten nur Steine in den Weg legen. Deshalb habe er es erst einmal

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