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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Clemens
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behalten.
    Sie atmete aus.
    »Henk ist immer unzufrieden und hat mich erst kürzlich beleidigt und einen Weiberhelden genannt.«
    Er grinste und ein klein wenig Stolz schwang in seiner Stimme mit, als er sagte: »Das ist natürlich Blödsinn. Aber er lebt fast schon asketisch, seit er alleine ist. Jemand wie ich, der das Leben liebt, ist in seinen Augen ein reiner Genussmensch.«
    Ja, das konnte sie sich vorstellen.
    Er nahm einen Schluck von seinem Tee, der sicher kalt sein musste.
    »Aber ich bin noch ein wenig unschlüssig und nicht ganz sicher, was ich tun soll. Einerseits will ich mein Land nicht verkaufen, weil ich nicht zu den Leuten gehöre, die alles veräußern, um sich ein angenehmes Leben zu machen. Andererseits brauche ich es nicht und habe keine Kinder. Irgendwann werden mich Nichten oder Neffen beerben. Und weiß der Teufel, was die dann tun. Verstehen Sie meinen Konflikt?«
    »Das Leben ist kein Ponyhof«, sagte Claire zu ihrem eigenen Entsetzen.
    Er lachte.
    »Sie sind eine energische Frau. Das gefällt mir.«
    Gott sei Dank, er war nicht böse.
    »Womit könnte ich Sie denn zum Verkauf überreden?«, fragte sie. »Ein eigenes Hotel war immer schon mein Wunschtraum. Und die Stelle ist ideal. Irland ist überhaupt wunderschön«, fügte sie schnell hinzu, obwohl sie noch nichts davon gesehen hatte.
    Er lächelte.
    »Ich würde gerne mehr über ihren Wunschtraum wissen. Was halten Sie davon, wenn wir Samstag essen gehen, und Sie erzählen mir alles ganz genau?«
    »Ja, gerne«, sagte sie, nun froh, dass Tim nicht dabei war.
    Als sie sich wenig später verabschiedete, sagte sie: »Sie sehen aus wie ein Schriftsteller. Die Pfeife, die Jacke, die vielen Bücher.«
    Er schmunzelte. »Das bin ich auch.«
    »Ach, wirklich? Wie interessant.«

    Erleichtert fuhr Claire wieder zurück. Der Spruch mit dem Ponyhof stammte von Nina. Wahrscheinlich hatten ihre Eltern das einmal zu ihr gesagt, weil sie mit Tim reiten ging. Das passte ihnen damals nicht, obwohl sie keinen Pfennig dafür zahlen mussten.
    Einmal, es war an einem Geburtstag, wahrscheinlich Tims, waren entfernte Verwandte eingeladen, Cousins der Mutter, die sich unbedingt revanchieren wollte, weil sie Monate zuvor auch eine Einladung bekommen hatte. Die Stimmung war gedämpft, weil die Erwachsenen sich nicht viel zu sagen hatten und die jungen Leute sich beobachtet fühlten. Einer der Männer, ein Onkel, witzelte eine Weile über Tim, über dessen altmodische Brille, die ihn wie Jerry Lewis aussehen lasse. Tim sagte nichts, aber Nina wurde zunehmend wütend. Schließlich erzählte der Onkel, dass er sich mit einem Kollegen zerstritten habe, der ihm nun das Leben schwer mache. Er, dieser Kollege, schwärze ihn bei allen anderen an und verbreite Gerüchte über ihn. Manchmal würde er gerne alles hinwerfen und er lebe nur noch für das Wochenende. Er sah sich daraufhin beifallheischend in der Runde um, aber niemand sagte ein Wort. Mitten in die Stille platzte Nina heraus und sagte: »Das Leben ist nun mal kein Ponyhof.«
    Abends klingelte das Telefon im Büro, als Claire gerade das Abendbrot zubereitete. Tim war noch im Stall. Sie nahm ab und meldete sich.
    Eine noch jung klingende Stimme fragte auf Deutsch: »Jetzt sagen Sie bloß nicht, dass Sie Nina sind.«
    Claire schwieg einen Moment verdutzt und fragte dann: »Mit wem spreche ich denn?«
    »Entschuldigung«, die Stimme stotterte ein wenig. »Ich bin Jennifer. Kann ich mit Tim sprechen?«
    »Ja, ich hole ihn. Und ich bin nicht Nina«, sagte Claire konsterniert. Dann ging sie in den Stall und sagte Tim, er werde am Telefon verlangt.
    »Eine Jennifer.«
    Tim stellte die Mistgabel sofort ab und stürmte ins Haus. Claire hinter ihm her.
    Noch bevor sie ihn fragen konnte, war er am Telefon.
    »Jennifer? Hast du was herausgefunden?«
    Dann schwieg er, nickte hin und wieder und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Sein eben noch hoffnungsfroher Gesichtsausdruck verdüsterte sich wieder.
    »Ja, gut«, sagte er schließlich. »Danke trotzdem. Und wenn du reiten möchtest, kannst du jederzeit kommen.«
    Dann legte er auf.
    »Jetzt erzähl aber mal«, Claire brannte darauf, mehr zu erfahren. »Wer ist diese Jennifer?«
    Tim spitzte die Lippen und sagte zögernd: »Bestimmt lachst du mich aus.«
    »Nein, tue ich nicht. Jetzt sag schon.«
    »Jennifer ist Privatdetektivin. Ich habe Sie angeheuert, damit sie Nina findet. Aber sie hatte bis jetzt keinen Erfolg und ich glaube auch nicht mehr, dass sie sie finden

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