Das irische Erbe
irgendwann sowieso zur Trennung gekommen.«
Tim nickte zufrieden.
Sie dachte über ihre Worte nach. Sie war sich sicher, dass es so gekommen wäre. Aber wahrscheinlich hätte es noch einige Zeit gedauert, bis sie erkannt hätte, dass sie nicht zueinanderpassten. Manches brauchte eben seine Zeit.
Sie lehnte sich entspannt zurück und nahm sich vor, Irland so gut wie möglich kennenzulernen. Sie wollte mehr über die Geschichte des Landes wissen. Über die große Hungernot zum Beispiel oder die Abhängigkeit vom britischen Nachbarn. Und dann die mythische Schönheit Irlands, die so viele Besucher ins Land zog. Es gab so viel zu entdecken.
Irland war jetzt ihr Zuhause.
11
S ie saßen beim gemeinsamen Frühstück. Tim hatte die Tiere schon versorgt und war dann in die Küche gekommen. Er sprach von Cora, die allmählich unruhig wurde, da ihr die Bewegung fehlte, und kam dann auf das Wohnhaus zu sprechen.
»Vielleicht sollten wir hier anbauen, damit du etwas mehr Platz hast«, schlug er vor.
»Keine schlechte Idee«, stimmte sie vorsichtig zu. Aber sie musste die Kosten im Auge behalten und die erste Zeit überbrücken, in der sie noch nicht viele Gäste haben würden.
Als habe er ihre Gedanken erraten, sagte Tim: »Anfangs werden wir wohl kein allzu großes Einkommen haben. Aber im Laufe der Zeit wird sich das bestimmt ändern. Alex sagte kürzlich, es sei gut, dass wir kein Fremdkapital brauchen.«
Sie runzelte die Stirn und hoffte, dass Tim Dritten gegenüber nicht allzu freimütig über ihre finanzielle Situation sprach.
»Wie sieht es denn mit deinem bisherigen Einkommen aus?«, fragte sie.
»Oh, gar nicht so schlecht«, sagte er gut gelaunt. »Ich konnte immer zwischendurch Pferde für Ausritte ausleihen. Und bis vor Kurzem hatte ich sogar zwei Privatpferde unterstehen. Aber die Besitzer sind wieder zurück nach Deutschland gegangen und haben die Pferde verkauft. Manchmal habe ich auch Unterricht gegeben. Alles in allem habe ich mein restliches Kapital nicht anrühren müssen.«
Sie lächelte erleichtert.
»Alex hat mir übrigens einen Architekten empfohlen«, fiel Tim ein. »Ben Hastings. Das ist derjenige, der wusste, wem das Grundstück gehört. Die Telefonnummer habe ich auf den Block gekritzelt.«
Zufrieden legte sie den Hörer auf und blickte auf ihre Uhr. Es war noch genug Zeit, um sich zurechtzumachen und auf das Gespräch vorzubereiten.
Tim wusste noch von Alex, dass Ben Hastings aus England stammte und in Deutschland studiert hatte. Erst seit zwei Jahren lebte er wieder in Irland. Wahrscheinlich hatte er noch nicht viele Kunden und konnte daher kurzfristig ihren Auftrag übernehmen, überlegte sie.
Claire stand lange vor dem Kleiderschrank und entschied sich für ein helles Kostüm und passende Schuhe. Sie wollte ganz geschäftsmäßig auftreten, wie eine Frau, die genau wusste, was sie tat. Ihre Haare steckte sie zu einem kleinen Knoten zusammen und schminkte sich dezent. Dann stopfte sie die Lagepläne und ihre handschriftlichen Notizen in eine Aktentasche, die sie im Büro gefunden hatte, und machte sich auf den Weg.
Sie hatte etwas Mühe mit dem Linksverkehr und fuhr langsamer als gewöhnlich. Der Autofahrer hinter ihr hupte einmal, aber sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Erleichtert stellte sie den Wagen schließlich auf dem Parkplatz ab, den Tim ihr beschrieben hatte.
Bevor sie losfuhr, hätte sie beinahe einen Streit vom Zaun gebrochen, weil Tim nicht mitkommen wollte. Er meinte, sie käme auch alleine klar und habe doch alles im Kopf. Sie sagte ihm, dass es ihr gemeinsames Projekt sei und er sich nicht nur auf die Pferde konzentrieren könne. Sofort zog er den Kopf ein und machte ein schuldbewusstes Gesicht.
»Schon gut, lass nur. Es ist ja nur das erste Gespräch«, schwächte sie ab und war erleichtert, als er wieder grinste. Das Architekturbüro war in einem dreistöckigen Haus untergebracht. Auch hier sorgten bepflanzte Blumenkästen für Farbe. Die Haustür war dunkelgrün und mit einem blanken Messingklopfer verziert, der auch benutzt wurde, wie sie an der stumpfen Stelle unter dem Klopfer sehen konnte. Sie war etwas zu früh dran und sah sich um. Auf der gegenüberliegenden Seite lag ein kleines Café. Ein Kaffee wäre jetzt nicht schlecht.
Sie betrat das Café in der Erwartung von Teehausstühlen und kleinen runden Tischen. Stattdessen verlief eine gepolsterte Bank an den Wänden entlang mit kleinen Tischen, die sich die Gäste heranziehen konnten. Sie setzte
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