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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Clemens
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konnte nicht erkennen, was die Linien darstellen sollten. Vielleicht ein riesiges Einkaufszentrum. Ein Computer der neuesten Generation stand auf einem kleinen Tisch und summte gelangweilt. Eine elektrische Rechenmaschine blinkte. Verschiedene Radiergummis zeigten unterschiedliche Abnutzungsgrade. Rote und schwarze Textmarker lagen mit geöffneter Spitze neben einem überfüllten Aschenbecher. Sie werden austrocknen, dachte sie flüchtig.
    Die Blondine war etwas lauter geworden und wollte wissen, wann er ihr das Schreiben denn diktieren wolle, und Hastings sagte geduldig, sobald die Besprechung mit der Kundin erledigt sei. Wie lange er denn brauche, wollte das Mädchen wissen und warf Claire einen wütenden Blick zu. Sie solle doch einfach mit der Ablage anfangen, sonst dauere es noch länger, sagte Hastings abschließend. Maulend verzog sie sich.
    Claire hatte noch zwei Kartons entdeckt, die vor dem anderen Schreibtisch standen. Einer davon war offen. Zusammengerollte Pläne schauten heraus, weitere Pläne lagen auf dem Boden, so als habe jemand hektisch nach etwas gesucht.
    »Genug gesehen?«, fragte er ironisch. Irritiert sah sie ihn an. Wie zum Teufel sprach er denn mit ihr? Sie war doch eine potenzielle Kundin, die Geld in seinen Betrieb bringen würde. Am liebsten wäre sie aufgestanden. Die ganze Situation behagte ihr plötzlich nicht mehr. Aber sie wusste nicht, wo sie so schnell einen anderen Architekten finden sollte und sagte daher nur: »Ich überlege gerade, ob ich von Ihrem Büro auf Ihre Arbeitsweise schließen sollte.«
    Dann blickte sie wieder auf den großen Plan. Es konnte auch eine Art Galerie sein mit verschiedenen kleineren Geschäften in unterschiedlichen Geschossen.
    »Eine Kirche«, sagte er.
    »Was?«
    »Das ist eine Kirche.«
    »Sie bauen auch Kirchen?«, wunderte sie sich.
    »In erster Linie entwerfe ich sie.«
    Er schwieg und musterte sie und wieder irritierte sie seine Art, sie anzusehen. Er mochte sie offensichtlich nicht. Sie hatte einmal gehört, dass es so etwas gab. Abneigung auf den ersten Blick.
    »Wollen Sie mir nicht erzählen, was Sie zu mir führt?«, insistierte er.
    Wieso kam sie sich in seiner Gegenwart nicht wie eine Geschäftsfrau, sondern wie eine dumme kleine Angestellte vor? Die Chemie zwischen ihnen stimmte jedenfalls nicht. Vielleicht sollte sie sich wirklich einen anderen Architekten suchen.
    »Es geht um den Sammershof, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte sie zögernd. Alex hatte ihn immerhin empfohlen, dem musste sie jetzt einfach vertrauen. »Wir planen den Umbau eines Hauses in ein Hotel mit ungefähr acht bis zehn Zimmern.«
    »Das sagte mir Alex schon. Ich muss mir natürlich zuerst ein Bild von der Örtlichkeit machen.«
    »Ich habe den Lageplan mitgebracht«, sagte sie. »Wenn Sie ihn sich ansehen möchten.«
    Sie reichte ihm den Plan. Er warf nur einen kurzen Blick darauf und gab ihn ihr zurück: »Der ist veraltet und hilft mir nicht. Ich schlage vor, dass wir einen Ortstermin machen mit anschließender Besprechung.«
    Vielleicht hatte er ja doch viel zu tun. Und in diesem Fall würde der Umbau für ihn nur ein kleiner Auftrag sein. Sie zögerte einen Moment und sagte dann langsam: »Wir planen auch einen Anbau an das Gesindehaus, aber wahrscheinlich erst später.«
    »Gesindehaus?«, fragte er mit einem süffisanten Unterton.
    Sie ärgerte sich schon wieder.
    »Das kleinere Wohnhaus. Im Vertrag wird es › Gesindehaus ‹ genannt. Sie können es sich ja mal ansehen. Wann können Sie denn kommen?«
    Er griff nach einem Terminkalender und blätterte darin herum. Sein dichtes Haar zeigte bereits vereinzelte graue Strähnen. Die gebräunte Haut ließ darauf schließen, dass er sich viel im Freien aufhielt.
    »Übermorgen Nachmittag. Gegen drei Uhr.«
    »Okay«, sie nickte. Ben Hastings klappte den Terminkalender wieder zu.
    »Ich habe vor Jahren zwei nebenstehende Häuser in ein Hotel umgebaut. Ich habe Aufnahmen davon, die ich Ihnen mitbringen kann, wenn Sie möchten.«
    »Ja, gerne«, sagte sie und war bereit, die Friedenspfeife zu rauchen.
    »Dieses Hotel war nach einem Jahr heruntergewirtschaftet«, fuhr er ungerührt fort. »Neben dem Direktor gab es einen Assistenten, einen Maître, vier Kellner und sogar einen Sommelier. Und in der Küche hantierte ein Sternekoch.«
    So etwas passierte häufig, das wusste sie nur zu gut. Aber an ein solches Hotel hatte sie auch nicht gedacht. Hastings schien auf eine Reaktion ihrerseits zu warten und musterte sie mit

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