Das irische Erbe
rot und stammelte etwas Unverständliches und Claire fragte: »Hat er dich etwa noch nie gefragt?«
Nachdem Nina wieder verschwunden war, kam Ben zu Claire. Er brachte ein Ale mit und drückte es ihr in die Hand.
»Und Nina ist wieder in ihrem Element, nicht wahr?«, fragte er.
»Ja. Jetzt ist alles wieder gut. Schon seltsam«, fügte sie nachdenklich hinzu.
»Was denn?«
»Wenn Nina nicht weggegangen wäre, wäre ich kaum nach Irland gekommen.«
Er nickte.
»Sie tun alles für Ihren Bruder, oder?«
»Ja«, sie zuckte mit den Schultern. »Er ist nun einmal mein kleiner Bruder.«
Ben lachte. Dann wurde er wieder ernst.
»Sie haben sich ziemlich viel aufgeladen, nicht wahr?«
Sie sah ihn ratlos an.
»Na ja, das Hotel, das sie führen werden. Die Sorge um Ihren Bruder. Und jetzt lernen Sie auch noch reiten.«
Sie wurde verlegen.
»Alles halb so wild. Und ich bin ja nicht alleine.«
McConell erschien, in seiner Begleitung eine junge Dame, die sicherlich weder seine Schwester noch seine Cousine war. Die junge Frau trug hüftlanges schwarzes Haar und sah mit ihren grünen Augen wie ein Fotomodell aus. Er steuerte sofort Claire an und gratulierte ihr. Dann stellte er seine Begleitung vor und sagte sofort: »Leider kann ich nicht bleiben. Ich muss meine Cousine gleich noch zum Flughafen bringen.«
Ben grinste und Claire musste spontan lachen, täuschte dann aber einen Hustenanfall vor und fragte: »Soll ich Ihnen das Haus zeigen?«
»Ein anderes Mal sehr gerne. Aber jetzt bin ich etwas in Eile.«
Er trank ein schnelles Bier. Seine Cousine wollte nichts trinken und beteiligte sich auch nicht an der Unterhaltung. Nach zehn Minuten verabschiedete er sich. Kaum waren die beiden wieder gegangen, tauchte Nina mit einem älteren, stattlichen Mann auf.
»Claire, das ist der Bürgermeister«, sagte sie und Claire reichte dem Mann die Hand.
Er sprach ein wenig Deutsch, aber Claire fiel ins Englische, als sie merkte, dass er nicht alles verstand. Dann tauchte die Frau des Bürgermeisters mit Tim auf und die drei verschwanden in den Stallungen.
Claire holte sich etwas von dem Eintopf und setzte sich damit auf eine der Bänke. Sie ließ ihren Blick über die Menge schweifen. Die Leute waren gut gelaunt und schienen sich zu amüsieren. Alles redete durcheinander. Jemand hatte einen Hund mitgebracht, der auf der Suche nach etwas Essbarem war. Claire gab ihm schließlich ein Stück Wurst. Allmählich wurde es etwas frischer. Sie lief rasch ins Haus und holte sich eine Strickjacke.
Wieder auf dem Hof, kam Alex auf sie zu. Er lächelte und meinte: »Nina ist ganz die Alte. Ich bin wirklich froh, dass sie wieder da ist.«
»Ja, ich auch. Die beiden gehören einfach zusammen.«
Das war ihr so herausgerutscht und sie horchte in sich hinein. Aber es stimmte. Nina und Tim, das war eine Einheit.
»Und Sie haben sich sicher akklimatisiert, oder?«, fragte Alex.
»Ja, ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, wie ich vorher gelebt habe. Es ist so, als sei es immer schon so gewesen. Seltsam, nicht wahr?«
Tim stellte sie noch einem Züchter vor, der ihr endlos lange von seinen Stuten erzählte. Als er eine Pause machte, entschuldigte sie sich und ging zu den Stallungen. Sie schob das Tor auf und schlüpfte hinein. Ein seltsamer Geruch stieg ihr in die Nase, aber sie konnte ihn nicht identifizieren. Scabri wieherte leise, Esquire schlief im Stehen. Samira stand an der Boxentür und sah ihr entgegen, so als habe sie sie erwartet.
»Na, du«, sie schob die Tür auf. Das Tier war richtig zutraulich geworden und ihr gegenüber völlig ohne Angst. Manchmal wieherte sie sogar, wenn sie ihre Stimme hörte. Sie strich über ihr glänzendes Fell, das sich wie Seide anfühlte. Die Mähne war zu lang, sie musste sie unbedingt frisieren. Und der Schweif musste auch geschnitten werden. Das war als Nächstes dran.
Sie machte leise Schritte auf der Stallgasse aus. Sicher Tim. Die Schritte verstummten. Sie klopfte das Tier noch einmal und verließ die Box wieder. Aber es war nicht Tim, sondern Ben, der auf der Stallgasse stand.
»Ich habe mir schon gedacht, dass ich Sie hier finden würde.«
Er kam vorsichtig einen Schritt näher, aber die Stute legte sofort die Ohren an.
»Schon gut«, murmelte Claire und ging auf ihn zu.
»Alex erzählte mir, dass Sie mit der schwierigen Stute als Einzige zurechtkämen.«
Sie freute sich, sagte aber nur: »Wenn man richtig mit ihr umgeht, ist sie lammfromm.«
Wieder roch es komisch. Was war das
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