Das irische Erbe
dich stattdessen zum Essen einladen?«
Sie nickte stumm. Sein Blick ruhte auf ihrem Gesicht.
So hatte Viktor sie nie angesehen. Das ist es also, dachte sie vage. Das ist das, was mir bei Viktor immer fehlte. Sie hätte ihre Gefühle nicht beschreiben können, sie waren überwältigend. Und gleichzeitig schien es ihr, als sei nun endlich das passiert, auf das sie so lange schon wartete.
Erst als Ben wieder gefahren war, fiel ihr Marisa ein. Sie war wohl nur eine ehemalige Freundin, die in seinem Leben keine Rolle mehr spielte.
Wieder war es laut auf dem Hof. Es wurde gehämmert, ein Bagger kämpfte mit den Holzwänden und fast zehn Arbeiter tummelten sich in den Ruinen der Scheune und verständigten sich auf Irisch miteinander.
Es war viel passiert, seit sie nach Irland gekommen war. Damals glaubte sie, dass sie wieder zurückkehren würde. Mit Tim. Aber alles war anders gekommen. Nina war wieder da, das Hotel war fast fertig, der Gärtner musste noch letzte Hand an die Bepflanzung der Auffahrt legen.
Sie hatten lange überlegt, wie das Hotel heißen sollte. Nina hatte Vorschläge gemacht wie › Ponyhof Sammers ‹ oder › Pferdehotel ‹ . Tim hatte überhaupt keine Idee und meinte, ob man darauf nicht ganz verzichten könne. Claire schlug schließlich › Sammershouse ‹ vor. Das war einfach, aber einprägsam. Und dass es bei ihnen Pferde gab, würden sie in der Werbung noch extra unterstreichen.
Sie hatten bereits mit einer Werbekampagne im Internet begonnen und zwei Reisebüros mit der Vermittlung beauftragt. Zu ihrer Freude kamen fast täglich Anfragen per E-Mail. Die Tatsache, dass man sein Pferd mitbringen konnte, fand regen Zuspruch.
Nina hasste das Internet. Sie nannte es Teufelszeug und weigerte sich, es zu benutzen. Sie lebte in ständiger Furcht, ein Virus könne alles zerstören. Claire fragte sich insgeheim, wie sie ihre Arbeit im Finanzamt eigentlich geschafft hatte.
Über die Inneneinrichtung der neuen Zimmer hatte sie lange nachgedacht, Vorstellungen entwickelt und wieder verworfen und schließlich Ninas Idee aufgegriffen, jedes Zimmer etwas anders zu gestalten. Jeder Hoteleinrichter hätte sicher davon abgeraten und von einem einheitlichen Eindruck gesprochen, der sich in der Einrichtung wiederfinden sollte. Aber sie sah das anders. In keinem Zuhause der Welt waren alle Räume identisch eingerichtet, und ein Zuhause sollte das Hotel sein. Für die Gardinen, die Sessel und das Bettzeug hatte sie warme Töne ausgesucht. Am Vortag waren die unterschiedlichsten Möbel und Lampen für die Zimmer gekommen. Das Foyer glich kurz einem Möbellager, bis alles an Ort und Stelle gebracht wurde. Die Teppiche lagen bereits. Bens Männer hatten sie fachmännisch verlegt.
Ben hatte vorgeschlagen, auf einen der Hauswirtschaftsräume zu verzichten und stattdessen ein Spielzimmer für Kinder einzurichten. Die Idee gefiel ihr und Nina liebte den kunterbunt möblierten Raum jetzt schon.
Die Rezeption war von zwei Schreinern aufgebaut worden und wirkte sehr elegant. Drei Palmen vermittelten ein mediterranes Ambiente. Es fehlte nur noch die Clubgarnitur für das Foyer, die aber innerhalb der nächsten zehn Tage kommen würde. Dann waren sie fertig.
Auch die Stallungen waren nun komplett hergerichtet und um fünf große Boxen erweitert worden. Tim konnte zudem noch vier Ponys erwerben. Ein Stall ganz in der Nähe wurde vom Eigentümer aufgegeben. Er bot Tim die Tiere an, die er sich zusammen mit Nina ansah. Sie würden sie in der nächsten Woche holen.
Erste Bestellungen für Weihnachten und Ponyreiten im Frühjahr lagen bereits vor. Und Tim und Nina hatten damit begonnen, eine Trekkingtour für den Sommer auszuarbeiten.
Ihr Tagesablauf war ein anderer geworden. Sie stand immer noch früh auf, zwängte sich aber nicht in ein Kostüm, sondern schlüpfte in bequeme Jeans und half Tim und Nina im Stall. Immer noch hatte sie Respekt vor den großen Tieren, konnte ihre vorherige panische Angst aber nicht mehr verstehen.
Wenn sie im Stall fertig waren, frühstückten sie zusammen und besprachen die Pläne für den Tag.
An zwei Abenden in der Woche kam Alex und gab ihr weiter Unterricht. Er versuchte es jedenfalls. Nina, die auch etwas lernen wollte, war von der Idee angetan und setzte sich oft zu ihnen. Aber sie konnte sich nicht konzentrieren, stellte unzählige Fragen und sprach dann von den Pferden.
Im Moment hatte es ihr Farewell angetan. Sie wollte ihn nun an den Sattel gewöhnen und bat Claire, ihr
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