Das Isaac-Quartett
Westen?«
»Isaac, hör um Gottes willen auf, mich zu nerven. Ich nehme an, du bist im Besitz einer Akte über jeden, der Raubüberfälle macht, in ganz Manhattan.«
Sie hatte das irische Temperament ihrer Mutter geerbt, dieses klare, wunderschöne Stirnrunzeln Kathleens.
»Kannst du nicht Papa zu mir sagen?«
»Mein Gott«, sagte sie. »Wollen wir damit noch mal von vorn anfangen? Alle nennen dich Isaac. Warum sollte ich dich nicht so nennen?«
Isaac spürte, dass seine Kraft zurückkehrte. Seine Hände ballten sich. »Pack deine Sachen. Du ziehst zu mir.«
»Pustekuchen.«
Er hätte sie in seine Wohnung in der Rivington Street schleifen können, dafür sorgen, dass ihre Beulen ein reines Violett anstelle des Grüns annahmen, doch das tat er nicht. Nur durch Überredung würde er sie von Blue Eyes fortholen und er würde keinen Architekten mehr für sie suchen. Ehen machten dieses Mädchen unglücklich. Sie schüttelte Ehemänner ab, verteilte sie um sich und fiel von einem Mann zum anderen. Isaac wollte das Prickeln in ihren Schenkeln dulden, aber Coen bekam sie nicht. Er wollte nicht zulassen, dass ihre Verrücktheit ihn durch Blue Eyes bis ins Präsidium verfolgte. Coen gehörte ihm.
»Wenn du hier bleibst, Marilyn, dann bleibe ich auch. Manfred kocht uns sicher heiße Schokolade … In getrennten Zimmern kann er uns in den Schlaf lullen. An der Wand hängen wir einen Zeitplan auf, wer zuerst badet. Manfred kann sicher gut Rücken schrubben. Hast du verstanden, Marilyn? Ohne dich gehe ich nicht.«
»Wie bist du nur ein solcher Hurensohn geworden, Isaac?«
»Langjährige Übung«, sagte er. »Jetzt pack schon.«
Sie traf keine Vorbereitungen, zu gehen. Sie musterte die schmale, verkniffene Falte unter seiner Nase und bemitleidete die Feinde und Freunde ihres Vaters; Isaac ließ sich von niemandem plattwalzen.
»Marilyn, wenn er uns zusammen sieht, wird er derjenige sein, der leidet, nicht du … Zwing mich nicht, Coen zu beerdigen. Ich kann ihn zu einem ruhmreichen Büroangestellten machen. Möchtest du gern, dass er für den Rest seines Lebens in einem Keller Karteikarten für einen Kommissar sortiert? Das willst du doch gewiss nicht. Zeig dich kooperativ.«
»Das tätest du nicht«, sagte sie. »Ohne Coen kommst du nicht aus.«
»Das werde ich schon lernen. Täusch dich nicht in deinem alten Vater, Marilyn. In meinem Beruf bedeutet Zuneigung nichts. Ich würde Manfred zum Krüppel schlagen, wenn er mir in die Quere käme.«
»Daddy Isaac«, sagte sie mit dampfenden Nüstern. »Das brauchst du mir nicht zu erzählen.« Und sie sammelte ihre Unterwäsche zusammen, die gelben, roten und blauen Netzhöschen, die sie trug, und stopfte sie in ihren Koffer. Sie warf Isaac einen Pullover zu. »Falt ihn zusammen; um Himmels willen. Was glaubst du, wie viele Hände ich habe?«
»Soll ich Manfred eine Nachricht hinterlassen?«
»Nein. Er wird sich die Geschichte selbst zusammenreimen. Wer sonst würde sich die Mühe machen, mich zu kidnappen?«
Plötzlich überkam Isaac eine Scheu. Er konnte sich nicht mit Siegen über seine Tochter abfinden. »Marilyn, du kannst ihn immer noch in meine Wohnung einladen … Ich habe nicht gesagt, dass du ihm ganz aus dem Weg gehen musst.«
»Halt’s Maul, Isaac.«
Sie biss sich auf die Lippen, um nicht zu weinen. Isaac sah das Blut. Er war zu eingeschüchtert, um ihr das Blut mit seinem Taschentuch abzuwischen. Er dankte Kathleens verfluchtem Jesus dafür, dass er kein zweites Kind hatte. Zwei Marilyns hätten ihn zugrunde gerichtet. Lieber hätte er sich vor der Tür des PC mit Barney Rosenblatt duelliert, als seine dürre Tochter anzuschauen. Isaac fühlte sich erbärmlich. Er war am Ende. Er konnte ihr seine Liebe nicht entziehen. Sie war ein Teil seines eigenen dicken Fleisches. Ihre Schultern fielen zusammen und mit leisen gluckernden Geräuschen, bei denen sich Isaacs Kehle zuschnürte, begann sie zu weinen. Mit einem Finger strich er über ihr Haar. Sie rührte sich nicht. Er packte sie wie ein Bär. »Das wird schon wieder gut, Liebling.«
Sie gingen die Treppe hinunter; Isaac trug den Koffer und hielt Marilyn an der Hand. Für das Recht, seine Tochter an der Hand zu halten, hätte er einen Mord begangen. Rupert, Stanley und St. Bartholomew entfielen ihm.
TEIL ZWEI
8
»Mr. Weil, Mr. Philip Weil.«
Der Reporter kauerte sich unter Philips Türklinke, das Auge ans Schlüsselloch gepresst, und wartete, dass die Dunkelheit sich lichten würde. Er war ein
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