Das Isaac-Quartett
dem Jungen wandelte sich in unglaubliche Wut. Er hielt Ruperts Ohr zwischen den Fingern. Er hätte ihm die Nase abgerissen. Rupert schlug ihn nieder. Philips Brust fiel gegen seine Knie. Ein einfacher Stoß hatte ihn aus der Fassung gebracht, nicht etwa ein heimtückischer Schlag.
»Fass nicht noch mal mein Ohr an, Papa. Dazu bin ich zu alt.« Rupert verhöhnte ihn nicht; er griff Philip unter die Arme und bog seine Knie gerade. Er war behutsam mit seinem Vater, als er ihn aufhob. Dann ging er in die Küche. Philip konnte nur seinen Rücken sehen; der halbe Rupert steckte im Kühlschrank. Er hieb seine Zähne in das Fleisch einer Tomate und verteilte rote Spucke über das Innere des Kühlschranks. Er schluckte gierig Essiggurken. Er wühlte seinen Kopf in den Behälter mit dem Hüttenkäse. Philip erbleichte angesichts des Appetits seines Sohnes. Noch nie war er einem Jungen mit derart gefräßigen Kiefern begegnet. Rupert bestand nur aus Zunge und Zähnen. Philip konnte nichts mehr mit ihm anfangen. Wie sollte er diesem seinem Kind gegenübertreten, das versuchte, das Universum in seinen Mund zu stecken?
»Rupert, hast du einen Journalisten im Treppenhaus bemerkt, einen Mann namens Brill?«
Rupert tauchte aus dem Kühlschrank auf; von seinen Augenbrauen bröckelte Hüttenkäse. »Den Fettsack in dem Trenchcoat? Er hat mich gegrüßt.«
»Aber er hat dich an der Tür gesehen.«
»Na und? Was kann er schon tun, Papa? Lass ihn doch bei Isaac quatschen. Das interessiert kein Schwein.«
»Isaac war hier«, verkündete Philip, als Rupert wieder in den Hüttenkäse tauchte. »Ich habe gesagt: Isaac war hier.«
Mit den Lippen in dem Behälter nuschelte Rupert: »Ich habe es gehört, Papa.« Er tauchte auf, um Luft zu schnappen und schnippte sich Käse von der Nase. »Warum hast du ihm Fotos von Esther und mir gegeben?«
»Er hätte die Wände eingerissen, Rupert. Isaac lässt einem nicht viel Raum zum Atmen. Aber er will dir helfen … Rupert, hat er dir etwas getan?«
»Du bist ein Holzkopf, Papa. Isaac hat dich zu dem gemacht, was du bist. Er hat dir den Blick vernebelt. Du und Mordecai, ihr könnt nicht genug davon kriegen, ihm zu huldigen. Zumindest schöpft Mordecai eine gewisse Befriedigung daraus. Er brüstet sich mit Isaac. Er redet über den jüdischen Gott, der den Vorsitz über New York City führt, den koscheren Bullen, der jedes Verbrechen aufklären kann. Und du, Papa? Für dich ist er der Größte. Du isst deine eigene Leber auf und sagst kein Wort dabei. Wo ist dein Terrain? Isaac hat dir nur Mist übrig gelassen. Er hat dich zum Prinzen der Essex Street gemacht. Du läufst in deinen drei guten Hemden rum und wünschst, du wärst Isaac.«
»Du bist verrückt«, sagte Philip. »Ich neide ihm seine Erfolge nicht.«
Rupert suckelte an seinen Wolfszähnen. »Erfolge, Papa? Das ist es ja gerade. Erfolg worin? Im Leute-Umpusten? Er tänzelt als Paradegaul vor Puerto Ricanern und armen Juden rum. Isaac kann in Frieden scheißen, weil er seine Verehrer und Anhänger hat. Er kann jede Kirche und jeden Schulhof beiderseits der Bowery betreten, und man lächelt ihm bestimmt zu. Selbst der Meerrettichverkäufer verneigt sich vor Isaac. Papa, wenn du nur lernen könntest, ihn zu verachten, würde er mit einem Taschentuch über den Ohren aus der Stadt laufen. Er würde sich in seine Bestandteile auflösen. In Riverdale würde er sich ausweinen.«
Rupert schnappte seine Jacke vom Boden und stopfte sich Lebensmittel in die Taschen. Nachdem er den Kühlschrank seines Vaters leer gefegt hatte, kletterte er in das Jackett und watschelte zur Tür. Die Taschen hingen ihm unter den Knien.
»Ich verstecke dich«, sagte Philip. »Du kannst hier bleiben.«
»Was passiert, wenn Isaac unter die Betten schaut?«
»Dann findet er den Staub von zwanzig Jahren und ein paar fehlende Bauern.«
»Danke, Papa, aber ich muss gehen.« Rupert zog seine Ärmel hoch, um seinen Vater zu umarmen. Dann eilte er ins Treppenhaus. Konservendosen schepperten in seinen Taschen. Tony Brill tauchte hinter einem Notausgang auf. »Das ist er doch, Mr. Weil, nicht wahr? Rupert persönlich. Einen Flüchtling kann ich am Gang erkennen.«
Tony Brill lief nicht hinter Rupert her. Er stürzte sich auf Philips Tür. Philip sperrte ihn aus. »Ich kann ihn retten, Mr. Weil … Vertrauen Sie mir.«
Philip ignorierte das Gequatsche und ging wieder in die Küche. Er interessierte sich für den Wetterbericht. Sagte das Fernsehen Schnee voraus? In
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