Das Isaac-Quartett
waren.
Isaac liebte die Sonntagnachmittage in der Centre Street, an denen die Kommissariatsräume nicht von Beamten und knabenhaften Bullen überquollen, die als Laufboten und Schreibtischhengste dienten. Er konnte sich in den halbverlassenen Korridoren herumtreiben, ohne Würdenträgern, FBI-Männern oder Inspektoren, die von der Londoner Mordkommission oder der französischen Sûreté zu Besuch kamen, in die Arme zu laufen; nur Sonntagsbullen, zu denen auch Isaac zählte, die mit ihren Notizbüchern und ihren Dienstabzeichen verheiratet waren und den Geruch von dunklem Holz und die Annehmlichkeiten eines sinkenden Gebäudes liebten: Das Präsidium fiel mit einer Geschwindigkeit von einem Zentimeter pro Jahr in den Boden. Um das Gebäude herum waren Pfeiler aufgestellt worden, um es abzustützen, und die städtischen Ingenieure behaupteten, das Absinken auf fast vier Millimeter pro Jahr begrenzen zu können.
Isaac tauchte unter den Pfeilern durch, die sich wie ein enormer Eisenrock an das Präsidium klammerten, passierte eine schmale Tür – das Präsidium musste seine Feinde und Freunde unter die Lupe nehmen – und blieb vor dem Glaskasten des Sicherheitsbeamten stehen; der Wächter, der die restliche Woche über in Brooklyn arbeitete, saß in einem kugelsicheren Käfig. Dieser Sonntagsmann hatte es drauf, Mädchen auf der Straße aufzulesen. Er quatschte sie an, wenn sie vor seinem Käfig standen und ihre Titten gegen die grüne kugelsichere Scheibe drückten. Phinney, der Sonntagswächter, war zu taktvoll und zu besonnen, sie in sein Wachhäuschen einzuladen. Doch jetzt war ein Mädchen bei ihm. Isaac konnte ihr Gesicht nur von der Seite sehen. Unter der Matrosenjacke waren ihre Beine nackt. Ihre langen, nackten Waden verfehlten ihre Wirkung auf Isaac nicht, aber ihm war unverständlich, wie ein Mädchen mitten im Februar ohne Socken auf die Straße gehen konnte. Er begrüßte den Wächter. Phinney sagte: »Guten Tag, Boss«, und lächelte dabei dämlich. Isaac konnte sich leisten, ihm das durchgehen zu lassen. Nach Barneys Hochzeit würde die irische Mafia zum Abendmahl eilen: Das Präsidium war frei von Kommissaren.
Isaac ging die Treppe hinauf. Der diensthabende Sergeant, der zu O’Roarkes Abteilung gehörte, schlief auf einer Bank. Isaac wollte ihn nicht stören. Mit einer leisen Drehung des Türknopfes schloss er seine Bürotür. Einige Bänder über Bullen, die einen Supermarkt filzten, waren ihm von einem seiner Lockvögel zugespielt worden, und er wollte sie noch einmal abhören. Isaac saß hinter seinem Schreibtisch und suchte nach Spulen. Er schrie nicht vor Schmerz auf, als er sich einen Finger in der Schublade einklemmte, doch er hätte schwören können, dass sein Schreibtisch bebte. Ein lauter Knall, wie das Zerplatzen einer Papiertüte in seinem Schädel, schleuderte Isaac vom Stuhl. Das Fenster schiss Glas. Isaac hatte die Backe an der Wand. Wellenartige Erschütterungen zogen sich durch den Fußboden, dichte Muster übel riechender Luft stiegen auf und stopften Isaac den Mund mit Rauch. Schleim und Gipsbröckchen spuckend kroch er aus dem Raum. In der Decke hatten sich Risse gebildet. Die Wände waren zu bröseliger Rinde geworden.
Der diensthabende Sergeant lag unter der Bank. Sein Kopf kam zum Vorschein, um Isaac und seinen weißen Skalp finster anzuschauen – der Chef hatte den Putz nicht abgeschüttelt.
»Der Herr sei uns gnädig, Isaac, jetzt ist es also passiert. Das Gebäude ist eingesunken. Ob sie zu uns vorstoßen können, Chef? Meinen Sie, es wird möglich sein, einen Tunnel zu graben?«
Isaac belächelte das Delirium des Sergeanten. »Fassen Sie sich, Malone. Die Rettung wird sich einfach bewerkstelligen lassen. Wir können nicht mehr als vierhundert Meter gesunken sein.« Der Sergeant zog seinen Kopf gänzlich ein. Isaac schämte sich. »Malone? Es tut mir leid … Es war eine kleine Bombe. Sie muss in der Toilette unter meinem Büro losgegangen sein.«
Malones Kopf rührte sich nicht. »Können das diese verrückten Puerto Ricaner gewesen sein, Isaac? Oder die Schwarze Befreiungsfront? Haben die versucht, ein paar Bullen lebendig zu begraben?«
»Nein, nein, dieser Kuss war mir zugedacht.«
Isaac rannte einen Stock tiefer. Mit einem Taschentuch vor dem Gesicht ging er ins Klo. Unter dem Waschbecken lag eine Matrosenjacke. Isaac schimpfte sich selbst einen idiotischen Trottel; er hätte sich das unbestrumpfte Mädchen näher anschauen sollen. Phinney konnte sie nicht
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