Das Isaac-Quartett
ins Präsidium mitgebracht haben. Das Mädchen hatte ihn benutzt. Jetzt konnte er ihr Gesicht besser sehen. Es war von Glassplittern und verbranntem Pulver zerschnitten und verätzt. Ihre Unterwäsche war nicht auffindbar. Sie war in einer Matrosenjacke, Mokassins und bloßer Haut zu Isaac gekommen. In der Nähe der Leiche standen drei gesprungene Mayonnaisegläser. Isaac brauchte eine Weile, um an den Gläsern zu schnuppern; erst dann bemerkte er, dass ein Arm des Mädchens bei der Explosion abgerissen worden war.
Zwei Männer mit Helmen, Blechschürzen, Strampelhosen aus Asbest und gigantischen Frotteehandschuhen drangen in das Klo ein. Sie gehörten zur Bombensicherung, die in der Polizeiakademie untergebracht war. Isaac vertrat ihnen den Weg. »Ihr könnt wieder nach Hause gehen«, sagte er. »Der Fall ist abgeschlossen. Die Einzelheiten könnt ihr in meinem Bericht nachlesen.«
Beide Helme murrten. »Leck uns doch am Arsch.« So was fiel in ihren Bereich. Bei einem Bombenanschlag konnte ihnen niemand erzählen, sie seien Eindringlinge. Sie mussten die Trümmer sichten.
Isaac nannte seinen Namen und schrie in die Asbesthauben: »Der First Dep hat mir die Befugnis erteilt. Wenn ihr auch nur ein Stück Glas anrührt oder etwas in Unordnung bringt, sorge ich dafür, dass euch gewaltig eingeheizt wird.«
Die Männer zuckten hinter ihren Schürzen die Schultern. Mit Frotteehandschuhen konnten sie sich auf keinen Ringkampf mit Isaac einlassen. Sie warfen verstohlene Blicke auf die Möse des toten Mädchens und gingen wieder; ein abgerissener Arm interessierte sie nicht. Phinney, der Sonntagswächter, kauerte mit aschfahlem Gesicht auf dem Treppenabsatz. Er hatte Angst, das Bad zu betreten, und rief von draußen: »Isaac, wer ist das dumme Mädchen?«
»Ein Lollipop. Esther Rose.«
»Sie hat gesagt, sie müsse mal zum Pinkeln … Ich habe nicht … Woher hätte ich denn wissen sollen, dass sie Zunder unter der Jacke geschmuggelt hat, Isaac?«
»Das hast du dir selbst zuzuschreiben, Phinney. Das Präsidium ist kein öffentlicher Pisspott. Niemand darf diese Treppe hinaufgehen. Man wird dich an die Decke nageln, bis dir deine Rente aus den Ohren tropft.«
Phinney biss auf einem Knöchel herum. »Was soll ich bloß erzählen, Isaac? Bitte, erfinde eine Geschichte für mich.«
»Man muss gescheit sein, um zu lügen, Phinney. Du wirst die Wahrheit sagen. Jetzt halt den Mund, und bezieh deinen Posten wieder. Cowboy ist nur einen Sprung von hier fort. Jeden Moment werden wir hundert Bullen am Hals haben.«
10
Marilyn hatte Schwierigkeiten mit ihrem neuerlichen Junggesellentum. Im Hause ihres Vaters gab es mehr als eine Frau. Isaac hatte seine »Verlobte« in die Rivington Street geholt. Er konnte Ida nicht in ihrer eigenen Wohnung herumlaufen lassen, solange Rupert Weil fähig war, Feuerleitern zu überfallen. Also mussten die drei sich die Luft zweier kleiner Zimmer teilen. Die Frauen kamen nicht miteinander aus. Marilyn bemühte sich, doch Ida machte die Nähe eines gebildeten Mädchens kribbelig. Sie schämte sich ihres Schweißes und der Käsebröckchen, die ihr immer ins Haar fielen, während sie im Restaurant Blintzen zubereitete. Neben Marilyns zarten Ellbogen und gojischen Rippen erschien ihr ihr eigener Körper wie schäbige zweite Wahl. Ida schniefte in den Käse; sie hätte sich am liebsten kopfüber in den Zuber Haferschleim gestürzt und wäre ertrunken.
Marilyn wurde erst ruhig, wenn Isaac und seine »Verlobte« zur Arbeit gegangen waren. Dann hatte sie die Rivington Street für sich allein. Nachmittags badete sie, schrubbte sich die Fingernägel und betrachtete versonnen die Adern ihrer Hand. Sie vermisste Blue Eyes. Doch wenn sie sich hinter dem Rücken ihres Vaters heimlich zu Coen geschlichen hätte, hätte sie seine Chancen bei Isaac und dem First Dep vernichtet. Marilyn wusste, dass ihr Vater nachtragend war. Sie kannte seine Rachsucht. Isaac war eifersüchtig auf Coen.
Als Isaacs alleinstehende Tochter musste sie die Toilette mit einem alten Mann, der gegenüber wohnte, teilen. Dieser alte Mann verdreckte die sanitären Anlagen. Als Junggeselle verachtete er Frauen, die im Sitzen pinkelten. Marilyn musste die Toilette nach ihm spülen; er war viel zu heikel, die Schnur zu berühren, die an dem Wasserbehälter befestigt war. Wenn er sich wenigstens die Mühe gemacht hätte, die Toilettentür zu schließen, hätte sie dem Junggesellen ganz aus dem Weg gehen können. Wenn er auf dem Klo saß, wand
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