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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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zuschlagen und jemandem den Ärmel aufschlitzen oder den Schädel rasieren.
    Die Dinge entwickelten sich ganz nach McNeills Plan. Mit Hilfe des kleinen Dermott und der Devils von der Clay Avenue konnte er jede Gang der Bronx schlagen. Aber der König hatte eigene Pläne. Er war nicht zufrieden damit, das Messer und der Knüppel von Coote McNeill zu sein. Er traf sich heimlich mit dem Mann. Sie standen vor der Schul auf der Webster Avenue und rauchten. Niemand hätte erwartet, dass sich ein irischer Captain und ein irischer Schläger im Schatten einer Synagoge über eine neue Politik unterhielten.
    »Du undankbarer Balg«, sagte McNeill. »Habe ich dich nicht schon genug protegiert? Ich hab dich diesem Affen, Arthur Greer, vorgezogen. Du bist der verdammte Herrscher der Bronx. Die Glatzen pissen sich auf die Zehen, wenn der König sein Messer zückt.«
    »Ich will mehr«, zischte Dermott aus dem Mundwinkel.
    »Na toll. Soll ich dir vielleicht ein Abzeichen an die Brust heften und dich Sergeant McBride nennen?«
    »Nein. Sie sollen mir eine Collegeausbildung verschaffen.«
    McNeill hatte auf den Stufen der alten Schul einen Lachanfall. Er wischte sich die Augen mit dem Taschentuch. »Esel lassen sie nicht aufs College. Du bist zu alt. Du bist doch mindestens zwanzig, um Himmels willen.«
    »Ich bin siebzehn.«
    »Du hast nie die Highschool zu Ende besucht.«
    »Na und? Ich will ein College von Ihnen, Captain McNeill. Sonst können Sie sich ein anderes Baby suchen.«
    Sie lächelten sich an. Der Bursche bluffte. Sie wussten es beide. Der kleine Dermott konnte gar nicht weg von der Hütte. Wohin auch? Aber Coote gefiel die Idee von dem kleinen Gangster im College. Die Polizei konnte sich einen netten, gebildeten Spitzel ranziehen. Coote ging damit zu seinem Chef, zu First Deputy O’Roarke. »Ned, dieser dunkelhaarige Mistkerl wird uns nützlich sein. Wir hätten einen Halsabschneider mit Collegeabschluss.« Doch selbst der große O’Roarke konnte kein College überreden ihn zu nehmen. Sie mussten ihn erst aufpäppeln. Und in Neds Büro gab es nur einen Kerl, der über Karl Marx quatschen konnte. Der junge Deputy Inspector Sidel. »Ned, leihst du uns das Superhirn mal aus?«
    »Du kannst ihn haben«, meinte O’Roarke.
    Isaac war dafür wie geschaffen. Das Hirn hatte Verbindungen zum Columbia College. Sie konnten den König in die richtige Richtung schieben. Aber sie verrieten Isaac nichts von ihren Absichten, den kleinen Dermott voranzubringen. Sie schickten Isaac zu den Devils. Er brachte ihnen Dostojewski ins Clubhaus. Die meisten Devils gähnten. Sie wollten sich lieber ein paar Skalps holen. Nur der König sog Isaacs Gequatsche auf. Er musste jahrelange Vernachlässigung ausgleichen. Er lernte jeden Mord des Prinzen Hamlet von Elsinore auswendig und er schaffte es aufs Columbia College.
    »Friedhöfe«, meinte Tiger John in seinem Mantel verächtlich. Sie brauchten Stunden, den Friedhof bei Esau Woods zu finden. John wollte nicht aussteigen. Er schlenderte doch nicht auf einem jüdischen Friedhof zwischen Grabsteinen herum und ließ sich von den Harpyien krallen, die sich hinter Bäumen versteckten. Warum lag diese Annie Powell eigentlich bei den Juden vergraben?
    »Ein komischer Priester, der sie hier in Esau Woods begräbt«, meinte er zu Dermott.
    »Der Priester war Isaac.«
    Dermott ging zur Hütte des Friedhofswärters und klopfte ans Fenster. Der Mann wollte nicht öffnen. Dermott schob fünfzig Dollar unter der Tür hindurch. Der Wärter beschnüffelte das Geld und steckte den Kopf zum Fenster hinaus. Er trug eine dicke Wollmütze. »Was wollen Sie?«
    »Ein Grab«, sagte Dermott.
    »Für Sie?«
    »Nein. Eine Frau liegt hier begraben.«
    »Unter welchem Namen?«
    »Keine Ahnung. Sie ist mit Isaac Sidel hergekommen.«
    Ein Anflug von Wissen tauchte unter der Mütze auf. Der Wärter lächelte. »Die Christin, meinen Sie … Diese großen Commissioner können uns nichts vormachen. Sie liegt in Feld 11, Reihe B … Sie finden dort eine Markierung mit einem roten Wimpel.«
    Dermott ließ die Hütte hinter sich. Der Wärter rief ihm mit tiefer Verachtung hinterher. »Was ist mit Ihnen los? Sie können doch nicht einfach so nackt da rein. Das hier ist heiliger Boden.«
    Er gab dem König eine Jarmulke. Er drückte Dermott außerdem eine riesige Taschenlampe in die Hand. Auf der Hälfte aller Friedhöfe in Queens hätte man das Geklapper dieser Batterien hören können. Dermott stapfte mit einem riesigen lauten

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