Das Isaac-Quartett
Nachricht geschrieben und unterzeichnet haben. Aber wie auch immer, Isaac konnte das Telegramm nicht ignorieren. Wichtig stand da. St. Stephens. Mittwoch 10 Uhr früh.
Er traf Mittwoch Vormittag gegen halb neun auf dem Dubliner Flughafen ein. Auf diesem Trip war er nicht Moses Herzog. Isaac hatte keine Verwendung für eine Tarnung. Er war nicht gekommen, um einen Mann zu töten. Er war nur der Commish. Er hatte kein Zimmer im Shelbourne reserviert. Er wollte mit der Nachmittagsmaschine zurück nach New York.
Ein Taxi brachte ihn in die Stadt. Isaac hatte sich nicht die Mühe gemacht, Dollar in irische Pfund zu wechseln. Der Fahrer nahm sein Geld ohne Zögern und setzte ihn am nordwestlichen Eingang zum St. Stephens Green ab. Es hätte auch August sein können. Isaac fuhr dieselbe Kälte um die Ohren. Er schlenderte einmal um den Park. Männer und Frauen in ihren Novembersachen umschwirrten ihn. Es war ein Schultag. Weit und breit keine Jungs auf dem Gras. Die weißen und braunen Enten waren verschwunden. Isaac entdeckte nicht einen Vogel auf dem alten Teich. Er überquerte die steinerne Brücke. Im Gartenhäuschen saß ein Mann. Sein Kopf war aufrecht und steckte in einem aus acht Stücken zusammengesetzten Wollkäppi.
Isaac erkannte den König an seinen Ohren. Aristokratische Ohren. Ohne Spitzen, ohne baumelnde Ohrläppchen. Aber dieses dunkle, zigeunerhafte Gesicht wirkte merkwürdig steif. Ein lebender Mensch sitzt nicht mit einem derart geraden Kopf da. Dermott hatte die Augen offen. Er trug ein Crotona-Park-Grinsen. Sein Hals war mit Draht an der Wand des Häuschens befestigt. Man hatte ihm die Kehle aufgeschlitzt. Das Blut unter der Serviette, die ihm in seinen Hemdkragen gestopft worden war, war geronnen. Isaac musste nicht lange raten. Seine eigenen Leibwächter mussten ihn umgebracht haben. Sie hatten gute Arbeit geleistet. Dermotts Handgelenke und Knöchel waren mit Drähten zusammengebunden, und man musste ihm schon in den Kragen schauen, um das Blut zu sehen. »Ach, du armer Mistkerl, du hättest nicht herkommen dürfen. Dublin ist nichts für dich …«
Wozu ihn losmachen? Vielleicht fiel ihm dann der Kopf ab. Das Blut sickerte langsam durch das Lätzchen in seinen Kragen. Isaac ließ den König, wie er war. Vielleicht entdeckte ein Parkwächter den toten Mann im Gartenhäuschen und verständigte die irische Garda. Die Bullen würden mit den Achseln zucken. Sie würden die Leiche zwanzig Stunden lang in Dublin Castle aufbahren, das Ganze dann zu einer »peinlichen Angelegenheit« deklarieren, völlig unerklärlich, wie jeder Mord unter konkurrierenden Gangs, genau wie in Amerika.
Eine nette Geste, ihm das Wollkäppi aufzusetzen. Die pechschwarzen Haare des Königs wären wohl zu sehr aufgefallen. Wenn man keine Liebe zum Detail mitbrachte, war man einfach kein guter Killer. Isaac schlenderte zurück zum Nordwesttor. Die Leibwache des Königs war da, vier alte Männer mit identischen Käppis. Isaac nickte Tim Snell zu, dem alten Sergeant aus dem Büro des Chief Inspectors.
»Guten Morgen, Tim … Gute Arbeit … Einen Mann am Hals verdrahten.«
Timothy lächelte. »Wir dachten uns, es würde dir gefallen, Isaac.«
»Habt Ihr ihn mit seinem eigenen Messer umgebracht?«
»Ja, das haben wir.«
»Und das Telegramm ist von dir.«
»Natürlich«, meinte Tim. »Hab ich mit dem Füllfederhalter des Königs geschrieben. Hab den halben Tag dazu gebraucht. Um die richtigen Worte zu finden, verstehst du … Zu Ehren deiner Beförderung. Herzlichen Glückwunsch, Isaac. Es ist nicht jedem alten Sack von einem Cop vergönnt, im Stephens Green zu stehen und mit dem Commish zu plaudern.«
»Lass dich von dem Titel nicht verwirren, Tim. Ich bin immer noch derselbe Kerl, den du vor drei Monaten durch die Kais gefahren hast. Es ist ziemlich unfein, seinen Chef umzubringen.«
»Der? Er hat uns nichts bedeutet. Nur Dreck unterm Fingernagel, nicht mehr. Mr. Dermott Bride. Ein Spitzel, der sich die Federn putzt und aus der Bronx spaziert … Wir arbeiten für den richtigen König.«
»Den Fischer … Ihr schneidet Hälse durch für Coote McNeill.«
»Schsch«, machte Tim und lächelte auf die ihm eigene Art. »Es ist unhöflich in einem öffentlichen Park Namen fallenzulassen. Warum begleitest du uns nicht, mein Lieber? Unser Wagen steht auf der anderen Straßenseite. Wir könnten unsere Unterhaltung mit Polstern unterm Hintern fortsetzen … Und brüll gar nicht erst nach den Bullen. Die Garda sind anständige
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