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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Straße zur One Police Plaza. Die Cops hatten einen Platz ganz für sich allein, einen Knotenpunkt aus Beton, mit Terrassen und Brüstungen und einem riesigen Scheißhaus dazu, einem Mausoleum aus roten Ziegeln.
    Sie umschwirrten Isaac, kaum dass er das Gebäude betreten hatte. »Commish, Commish.« Seit Monaten hatte ihn niemand zu Gesicht bekommen. Nun hatten sie endlich einen Commissioner. Nicht diesen Leisetreter von Tiger John, der in den Gängen in Gebrüll ausbrach und einen Borough Commander abstrafte, wenn der ihn falsch angeguckt hatte. (Aber was war schon die richtige Art gewesen, Tiger John anzugucken?) Der Sonderstaatsanwalt erwischte ihn mit heruntergelassenen Hosen. Man legte dem Leisetreter vor tausend Cops Handschellen an. Tiger John hatte die ganze Polizei mit Schande überzogen, das hatte er. Mangen baute ihm ein hübsches Heim auf Riker’s Island. Dort würde er sitzen, und die Jungs in One Police Plaza würden ihm bestimmt keine Karte schreiben. Der Leisetreter konnte seine Memoiren schreiben und erklären, wie seine Finger in den Taschen einer Nutte gelandet waren. Aber wehe, Mangen wagte es, sich auf Isaac den Mutigen zu stürzen! Den neuen Commish kriegte keiner aus dem Präsidium. Im Leben nicht.
    Er beanspruchte das Territorium eines Commissioners nicht für sich. Er ging ins Büro des First Dep im zwölften Stock. Die Haare standen ihm zu Berge. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Sein Büro war voller Fremder. Er ging von einem Zimmer ins nächste; Captains und Angestellte wandten den Blick ab und starrten die Wände an. Wer waren diese Jammergestalten? »Wo ist Havisham? Wo ist Brodsky? Wo ist Marvin Winch?« Die Captains hörten, wie Isaac tobte. Er packte sich einen von ihnen. »Wie heißt du?«
    »Smiley. Captain Smiley.«
    »Wer hat dich hier hingesetzt?«
    Isaacs Blicke bohrten sich in den Captain. »Bist du taub, Mann? Wer hat dich hier hingesetzt?«
    »Der Chief Inspector.«
    »Du hast für Coote gearbeitet, du Flachwichser?«
    Smiley musste den Teufel in Isaacs Antlitz gesehen haben. Sein Unterkiefer klappte weg.
    »Und was habt ihr getan, wenn ich hier angerufen habe?«
    »Wir haben die Nachricht nach oben weitergegeben. Zum McNeill.«
    Isaac ruderte mit beiden Armen. »Raus«, sagte er. »Ihr alle. Verpisst euch.«
    Captains und Angestellte flohen vor ihm. Sie wussten nicht, wie sie den neuen Commish besänftigen sollten. Sie lungerten auf dem Gang herum, mit ihren Bleistiften, Holstern und Radiergummis. Coote hatte ein ganzes Team ins Büro des First Dep eingeschleust. McNeill hatte Isaacs Männer gleich dutzendweise versetzt. Wahrscheinlich leckten sie in den fünf Boroughs den Staub von den Fingerabdruckkarten.
    Eine Etage rauf und schon war er im Büro des Chief Inspectors. Cootes Leute kauerten mit gesenkten Köpfen hinter ihren Schreibtischen. Isaac besah sich die Wände. Dann verfluchte er sich selbst. Er war ein Hornochse. McNeill hatte die ganze Bude mit Angelkrimskrams vollgehängt: dünne, wunderschöne Angelruten, mit denen man einen makellosen Wurfbogen ziehen konnte, Trophäen mit einer derart kleinen Beschriftung, dass man sich schier die Augen dabei verbrannte, sie zu lesen, Angelhaken, Landkarten von versteckten Forellenbächen, Fotos von erstaunlichen Lachsfängen, Fetzen eines uralten Glücksstiefels. Isaac hatte den verdammten Mist schon einmal gesehen. McNeill hatte all diesen Krempel schon in seinen alten Räumen in der Centre Street hängen gehabt. Isaac musste sich diesen Scheiß an der Wand anschauen, damit ihm der Kopf durchgerüttelt wurde. Coote war der Fischer, von dem Annie gesprochen hatte. Coote, Coote der Fischer. Himmel, er hätte das Mädchen retten können, wenn er sich nur an all diese Haken, Lachse und Forellen erinnert hätte.
    Isaac zeigte auf einen fetten Angestellten. »Nehmt den Müll von der Wand und schickt das Zeug eurem alten Chef, mit besten Empfehlungen von Isaac Sidel. Nein … sagt ihm: Alles Liebe vom Commissioner. Er wird’s schon verstehen.«
    Cops versammelten sich vor dem Büro des Chief Inspectors. Die Geschichten hatten wie ein Lauffeuer die Runde im Haus gemacht: Der Commish marschierte in ein Zimmer und überzog seine Captains mit Feuer und Schwefel. Nichts und niemand konnte dem scharfen Auge Isaacs entgehen. Ihm hockte ein Quälgeist auf den Augenbrauen. Ein Zucken, ein Blinzeln, und das Schicksal eines Mannes war besiegelt. Isaac schnappte sich auf dem Gang einen kleinen Sergeant, nahm ihn mit ins Büro

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