Das Ist Mein Blut
eine der größten wasserwirtschaftlichen Maßnahmen der Bundesrepublik geplant , hat sich das neue Fränkische Seenland zu einem der bedeutendsten Touristenmagneten der Region gemausert . Auch an diesem Pfingstwochenende werden wieder Familien mit Kindern Strandfeeling genießen , Surfer über die Wasseroberfläche eines der großen Seen pflügen und Petrijünger ihre Angeln auswerfen , um Hecht , Karpfen oder Zander zu fischen . Sonnenanbeter und Sandburgenbauer kommen im Fränkischen Seenland ebenso auf ihre Kosten wie Kulturfreunde , die sich mit der langen , wechselvollen Geschichte der Region beschäftigen oder am Abend auf einer der Freilichtbühnen Theater in ganz besonderem Ambiente genießen wollen . Einem Ausflug zu den Fränkischen Seen könnte an diesem Wochenende allenfalls das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen .
31
Am Samstagmorgen hing ein bleierner Himmel über der Region, aber wenigstens war es trocken – für den Augenblick zumindest. Eva stand vor dem langgestreckten weißen Gebäude der Polizeiinspektion und rauchte zusammen mit einem uniformierten Kollegen. Sie zündete sich gerade – völlig gegen ihre Gewohnheit – eine zweite Zigarette an, als Rainer gähnend zu den beiden stieß. »Morgen«, grüßte er mit belegter Stimme. Er ließ den Blick über die Bäume und den bewölkten Himmel schweifen.
»Suchst du was?«, fragte Eva höflich.
»Ja, die Sonne«, grummelte er. »Wenn ich gewusst hätte, dass die Lagebesprechung im Freien stattfindet …«
»Let the sunshine in your heart«, begann der uniformierte Kollege fröhlich zu singen, hielt aber inne, als er Rainers grimmigen Blick auffing. »Ich geh mir einen Kaffee holen«, verkündete dieser laut und stapfte ins Gebäude. Eva drückte die halbgerauchte Zigarette aus und folgte ihm. Auf der Treppe erzählte sie ihm von ihrem Gespräch mit dem Arzt im Rother Klinikum, und noch ehe sie die Tür zum Dienstraum geöffnet hatten, steckten sie schon wieder tief im Fall Kronauer.
Die erste Information des Tages ließ beide hoffen, der Lösung des Falls endlich näher zu kommen. Der Schuhabdruck, den Rainer auf dem Garagendach entdeckt hatte, war noch frisch gewesen und konnte durchaus von dem Angreifer stammen. Leider hatten sie keine korrespondierende Spur vom Kronauer-Tatort zum Vergleich, aber Evas Unmut darüber verflog, als sie erfuhr, dass in dem Schuhabdruck außer der Gartenerde des Garagendachs ein wenig andere Erde gefunden worden war, die mit großer Wahrscheinlichkeit von dem Brachfeld hinter den Ruinen des Castrums Sablonetum kam. Diese kleine Verbindung zwischen den beiden Tatorten und Opfern sagte ihnen zumindest, dass sie auf der richtigen Fährte waren, wenn sie den Mord an Kronauer und den Angriff auf Elisabeth Baarer-Weiher als einen Fall behandelten.
»Sonst noch was Konkretes?«, wollte Eva wissen. Friedolin, mit Laptop auf dem Schoß, nickte. »Das Mittel in Kronauers Blut. Es stammt von einem recht starken Schlafmittel, das oft bei alten Leuten eingesetzt wird, vor allem in Zusammenhang mit Unruhezuständen. Wird flüssig verabreicht. Ich konnte noch nicht herausfinden, ob eure Margarete Hofmann dieses Mittel nimmt – ihr wisst ja, wie das ist, wenn man aus einem Arzt was herausholen will …«
Oder aus einem Pfarrer, dachte Eva verbittert. Dann überlegte sie laut: »Ob sie es ihm versehentlich gegeben haben könnte? Rainer, du sagst, die Medikamente standen bei ihr auf dem Tisch … vielleicht hat sie ihr Glas mit seinem vertauscht? Sollten wir sie selbst fragen, ob das möglich ist?«
»Aber wird sie es uns sagen? Selbst wenn sie einen Fehler gemacht hat, ob sie das zugeben wird?«
Eva zuckte mit den Schultern. »Wir müssen es versuchen. Schau, eines ist sicher, dass die Frau an dem Abend nicht aus dem Haus gegangen ist und Kronauer umgebracht hat. Aber wir müssen die Sache mit dem Schlafmittel wissen.« Sie dachte nach. »Er kann es doch eigentlich nur dort bekommen haben. Wenn ihm nicht die Wirtin am Schloss was in sein Getränk gekippt hat … Wir fahren noch mal zu der Frau. Was noch?«
Rainer verschränkte die Arme. »Der Anruf. Die Hofmann hat bei Kronauer angerufen, uns hat sie jedoch gesagt, er hätte sich bei ihr gemeldet. Warum hätte sie das tun sollen, wenn sie nicht mit ihm reden wollte?«
»Zerstreutheit?« Eva schüttelte leicht den Kopf. »Vielleicht hat sie es sich auch anders überlegt und wollte uns das nicht erzählen. Jedenfalls ist sie nicht auf diesem Garagendach
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