Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
Vom Netzwerk:
versuche, diese Krankheit mit Würde zu tragen und geduldig auf den Tag zu warten, an dem ein Heilmittel gefunden wird. Und an dem ich meinen Affendiener bekomme. 14

DAS CRACK WAR NICHT MAL VON MIR
    Kurz nachdem ich meine Stelle gekündigt hatte, um Schriftstellerin zu werden, kündigte auch Victor und ging zu einer Firma für medizinische Software. Es war fantastisch, abgesehen davon, dass wir jetzt beide zu Hause arbeiteten und einander ständig an die Gurgel gingen. Ich schrieb viele Artikel als freie Mitarbeiterin, damit wir unsere Rechnungen bezahlen konnten, darunter einmal auch eine Besprechung schlechter Pornografie. Victor marschierte mit seinem Britney-Spears-mäßigen Headset durchs Haus, schloss Geschäfte ab und schrie Dinge wie »KAUFEN! VERKAUFEN! FÜR DIESES PROJEKT BRAUCHEN WIR MEHR ELEFANTEN!« oder etwas in der Art. Ich habe ehrlich gesagt nicht mal richtig zugehört. Ich weiß nur, dass nichts die Konzentration mehr stört als ein Mann, der ziellos durchs Haus wandert und laut mit sich selber über Tabellen und Rendite spricht, während man selbst versucht, einen satirischen Artikel über die unvergängliche kulturelle Bedeutung von
Edward mit den Penishänden
zu schreiben.
    Auf seinen Gängen durch das Haus stürmte Victor immer wieder unabsichtlich in mein Arbeitszimmer und es sah dann so aus, als diskutiere er mit den Katzen, die sich erschrocken unter meinem Schreibtisch versteckten, erregt über irgendwelche Projekte. Ich fixierte ihn mit einem wütenden Blick, auf den er aber nie reagierte, deshalb rief ich auf meinem Computer rasch einen Porno-Clip auf, der mit meiner Arbeit zutun hatte, spulte zum Höhepunkt vor und drehte die Lautstärke voll auf. Victor sah mich entsetzt an, deckte die Sprechmuschel ab und verließ fluchtartig das Zimmer. Dabei drückte er verzweifelt auf die Stummtaste und zischte an mich gerichtet etwas von einer wichtigen Telefonkonferenz. Draußen fragte er – wieder mit seiner professionellen Telefonstimme –, ob noch alle da wären, es würde so klingen, als wäre jemand verletzt. Er reagierte ziemlich gut, das musste ich ihm lassen. Dann kam er noch einmal zurück und erklärte, dass er für seine Telefonkonferenzen absolute Ruhe bräuchte, und ich erklärte, dass er bitte sehr gefälligst in seinem eigenen Arbeitszimmer telefonieren sollte. Daraufhin empfahl er mir, zu arbeiten, statt um drei Uhr nachmittags Pornos anzusehen, worauf ich erwiderte, ich würde sie nicht zum Spaß ansehen, sondern müsste eine Rezension darüber schreiben. ICH SAH SIE AUS BERUFLICHEN GRÜNDEN AN. Dafür, dass wir während der Arbeit überwiegend im Schlafanzug dasaßen, während im Hintergrund Pornos liefen, hatten wir erstaunlich viel Stress.
    Victor brummte noch etwas von Sitte und Anstand und ging und ich schrie ihm nach: »DAS IST MEINE ARBEIT, DU ARSCH. HÖR AUF, MICH ZU STÖREN, SONST KRATZE ICH DIR DIE AUGEN AUS.« Er drückte wieder auf die Stummtaste und drohte, meinen Kaffee zu vergiften. Es ging also ganz ähnlich zu wie in einem richtigen Büro, nur dass es bei uns Katzen gab und man laut sagen konnte, was man in einem Büro mit abgetrennten Zellen und Sicherheitsbeamten nur in Gedanken gesagt hätte.
    Davor, als wir beide noch außer Haus gearbeitet hatten, hatten wir beim Nachhausekommen einträchtig über die Idioten unserer jeweiligen Firmen geschimpft, die uns offenbar fertig machen wollten. Jetzt ging nicht einmal mehr das. Wir waren allein und von daher war vollkommen klar, wenn unsjemand fertig machen wollte, waren wir es selber. Nach vielen Monaten, in denen wir uns bis aufs Messer bekriegten, kamen wir endlich überein, dass wir ein größeres Haus mit weiter auseinanderliegenden Arbeitszimmern brauchten. Zugleich wurde uns klar, dass uns nichts an Houston band. Wir waren frei und konnten ziehen, wohin wir wollten. Victor schlug Puerto Rico vor, aber als ich in mich ging, wusste ich auf einmal, wohin ich wollte, und niemand erschrak darüber mehr als ich selbst, denn es widersprach allem, was ich mir Jahre zuvor bei Haileys Geburt vorgenommen hatte.
    Hailey entdeckt die Freuden von Matsch und Dreck.
    Damals war mein erster Gedanke gewesen, dass ich einen Drink brauchte und dass es in Krankenhäusern Bars geben sollte. Anschließend hatte ich mir vorgenommen, dass Hailey eine ganz andere Kindheit haben sollte als ich. Beim Anblick ihres kleinen Gesichts gelobte ich, nie große, tote wilde Tiere auf dem Küchentisch zu deponieren oder Pumas frei im Haus

Weitere Kostenlose Bücher