Das ist nicht wahr, oder?
Metallica-Roadie, der mit Willie Nelsontourt, aber die Jungs bemühten sich nach Kräften, mir meine Befangenheit zu nehmen, und schienen insgeheim beeindruckt, dass ich freiwillig mitgekommen war. Erst bei unserer Ankunft im Viehhof erfuhr ich, um was es ging: Eine Kuh sollte künstlich befruchtet werden. Der Lehrer schlug vor, dass ich ihm helfe. Meine Arme wären kleiner, das mache es für die Kuh »angenehmer«. Ich war zunächst unsicher, was er mit »helfen« meinte, doch klärte sich das auf, als er mir einen schulterlangen Handschuh über den Arm rollte. Er drückte mir eine offene Thermosflasche mit Sperma in die Hand und zog das Sperma in eine Bratenspritze auf.
Wahrscheinlich hätte ich jetzt einfach weglaufen sollen, aber sein Blick hielt mich irgendwie davon ab. Es war der Blick eines Mannes, der darauf wartet, dass ein Mädchen kreischend wegläuft und er sich auf ihre Kosten lustig machen kann. Oder der Blick eines Mannes, der überlegt, wie er der Kantinenhilfe erklären soll, dass er das Sperma ausgerechnet ihrer Tochter geben
musste,
weil ihr Arm als einziger in das Armkondom passte. Schwer zu sagen. Jedenfalls schien er zu erwarten, dass ich kniff, und das wollte ich mir verdammt noch mal nicht von einem Mann vorschreiben lassen, der in einer Thermosflasche Sperma mit sich herumschleppte.
Und so kam es, dass ich mit dem Arm bis zur Schulter in der Vagina einer Kuh steckte und vor den Augen einer Gruppe männlicher Teenager Sperma aus einer Spritze drückte. Näher bin ich einer Pornodarstellerin nie gekommen. Plötzlich zog sich die Kuhvagina unerwartet zusammen und ich merkte, dass mein Arm feststeckte. Unwillkürlich schrie ich auf. Der Lehrer geriet in Panik, weil er glaubte, die Kontraktion kündige an, dass die Kuh sich gleich setzen werde, und sagte, ich sollte meinen Arm sofort vorsichtig herausziehen, denn die Kuh würde ihn mir brechen, wenn sie sich setzte. Eine unangenehme Aussicht nichtnur, weil es schmerzhaft klang, sondern auch, weil man niemandem erklären möchte, dass man sich den Arm in der Vagina einer Kuh gebrochen hat. Ich zerrte meinen Arm also heraus und die Kuh sah sich angewidert nach mir um. Im selben Moment merkte ich, dass ich die Bratenspritze nicht mehr in der Hand hielt.
Ich würde jetzt ja gern sagen, ich hätte die Zähne zusammengebissen und mit der grimmigen Entschlossenheit von Bruce Willis in dem Film, an dessen Namen ich mich nicht erinnere, gesagt: »Ich geh da noch mal rein.« In dem Film über Armageddon. (Anm. d. Lektorin: Wirklich? Der Film hieß ARMAGEDDON.) Stattdessen holte ich tief Luft, hielt den Kopf mit der letzten Würde, die ich aufbringen konnte, hoch, zog den Handschuh langsam vom Arm ab und ging. Niemand rief mich zurück, wahrscheinlich weil niemandem eine höfliche Formulierung für »Du hast die Spritze in der Vagina der Kuh stecken lassen« einfiel. Oder vielleicht weil ihnen klar war, dass der erste, der etwas sagte, wahrscheinlich zu meinem Nachfolger bestimmt würde. Vermutlich hat jemand die Bratenspritze herausgeholt (zumindest um der Kuh willen), aber ich weiß es nicht, weil ich nicht geblieben bin. Stattdessen habe ich draußen gewartet, bis die anderen endlich auftauchten. Ich war auf einigen Spott gefasst, doch der kam nie. Die Jungs wirkten ein wenig bleich und zittrig, brachten sich aber nur gegenseitig mit einigen dummen Sprüchen zum Lachen, und mein Landwirtschaftslehrer klopfte mir beim Einsteigen in den Bus beruhigend auf den Rücken.
Als wir vor der Schule eintrafen, kam meine Schwester gerade aus der Turnhalle, wo sie für einen Promo-Auftritt geübt hatte. Sie war immer noch als Wally verkleidet und wedelte schwungvoll mit ihren Schwanzfedern. Als sie mich sah, wartete sie. Schweigend gingen wir nebeneinander zum Eingang und mir wurde bewusst, dass wir ein ziemlich merkwürdiges Paar waren. »Was ist los?«, fragte sie vorsichtig. »Du siehst komisch aus.«
»Ich bin deinem Rat gefolgt, einfach mal ganz normal zu sein«, sagte ich. Ich klang ruhiger, als ich gedacht hatte.
»Und?«, fragte sie.
»Und
ich musste den Arm in die Vagina einer Kuh stecken«, sagte ich, den Blick in die Ferne gerichtet.
Lisa blieb stehen und sah mich, wenn ich ihren Blick richtig deutete, enttäuscht an. Oder schockiert. Es war schwer zu beurteilen, solange sie den Vogelkopf aufhatte. Dann ging sie weiter und blickte unbewegt auf die Baumwollfelder um uns, als wäre die passende Reaktion auf meine Feststellung dort zu finden. »Hm«,
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