Das ist nicht wahr, oder?
war auch nicht nüchtern.
Die Vorstellung einer nur LSD-Nutzern bekannten eigenen Welt ängstigte und faszinierte mich zugleich und der damit einhergehende Jargon, mit dem Jim nur so um sich warf, begeisterte mich. Ich wollte unbedingt »Kontakt« zu einem Dealer haben und glaubte, dass ich das guten Gewissens nur dann von mir behaupten könnte, wenn ich mit einen Apotheker schlief oder wenigstens jemanden kennenlernte, der gelegentlich Speed verkaufte. Die zweite Möglichkeit erschien mir leichter und weniger gefährlich in Bezug auf Geschlechtskrankheiten. Außerdem kannte ich keinen Apotheker.
Jim erzählte mir einmal, wie er bei sich zu Hause auf einige Freunde gewartet hatte, die ihn abholen wollten, um gemeinsam LSD einzuwerfen. Er beschloss, sich schon mal mit einem Dreifachtrip in Stimmung zu bringen, während seine Mutter im Nachbarzimmer fernsah. Leider hatten seine Freunde denselben Entschluss gefasst. Sie waren bereits vollkommen high, als sie zu Jim fuhren, was wirklich dumm und gefährlich war, nur dass sie in Wirklichkeit am Esstisch saßen und
glaubten,
sie würden im Auto fahren, was nicht so gefährlich, dafür aber genau genommen noch dümmer war. Vier Stunden lang blieben sie am Tisch sitzen, keiner wollte aus dem Auto aussteigen, weil keiner wusste, wo die Bremsen waren. Es dürfte die längste Autofahrt der Welt ohne Auto gewesen sein. Jim kritzelte derweil Strichmännchen auf ein Telefonbuch in seinem Zimmer und war gerade mit einem fertig, da erwachte es plötzlich zum Leben und sagte: »Eh, Alter, zeichne mir mal einen bekloppten Hund.«
Da wusste Jim, dass die Wirkung der Drogen eingesetzt hatte. Als kurz darauf seine Mom ins Zimmer kam, flog ein riesiger Adler an ihr vorbei und landete auf dem Bett. Wie Jim mir erzählte, begann das Strichmännchen zu schreien, aber Jimignorierte es, denn er war zwar high, aber nicht so high, dass er nicht gewusst hätte, dass eine Unterhaltung mit einem gezeichneten Männchen auf einem Telefonbuch wahrscheinlich Verdacht erregt hätte.
Er merkte, wie seine Mom ihn misstrauisch musterte, war aber inzwischen so high, dass er nicht mehr wusste, ob
er
ihr eine Frage gestellt hatte, die sie nicht beantwortet hatte, oder
sie
ihn etwas gefragt hatte, das er nicht beantwortet hatte. Er wollte aber auf keinen Fall auf eine Frage, die er ihr vielleicht gestellt hatte, eine zweite folgen lassen, zumal er sich ja nicht an die Frage erinnern konnte, die er ihr vielleicht gestellt hatte. Sie saßen also beide im Grunde nur da und starrten sich um die Wette an, was irgendwie oberpeinlich war. Dann meinte das Strichmännchen, wenn der Adler keine Halluzination wäre, wüsste seine Mom jetzt, dass Jim high wäre, denn welcher Typ würde schon so tun, als wäre ein Adler im Zimmer vollkommen normal? Jim lachte nervös und versuchte seiner Mom durch einen Blick zu verstehen zu geben, dass es schon seltsam zuging in einer Welt, in der Adler auf dem Bett landen oder auch nicht.
In Wirklichkeit muss er etwas wie »Scheiße Mann, ich bin total high« gesagt haben, denn am folgenden Tag schickte seine Mom ihn in die nächste psychiatrische Reha-Einrichtung. Dort half man ihm, Gott zu finden, und machte ihn mit Drogen bekannt, die ein viel größeres Suchtpotenzial hatten als alles, was ihm auf der Straße begegnet wäre. Bei seiner Rückkehr redete er nur noch von Lithium und Jesus, und als ich meinte, ich würde nur gern mal LSD ausprobieren, verdrehte er die Augen, als wäre er eine Art Weinguru und als hätte ich ihn gefragt, wie man eine Flasche Billigfusel aufschraubt. Drogis haben manchmal erstaunliche Vorurteile. Es dürfte sich um so ziemlich die einzige gesellschaftliche Gruppe handeln, in der dieselben Leute, die sich vor deinen Augen eben noch gegenseitig Tranquilizerfür Pferde in den Hintern gejagt haben, verächtlich auf dich herabsehen, weil du nicht so cool bist wie sie. Es sei denn, es gibt irgendwelche Fetischgruppen für Pferdeklistiere, aber das weiß ich nicht. Moment, ich sehe das im Internet nach.
AchduheiligeScheiße!
Bitte
nicht
nachsehen, Leute.
Aber wenn man mit Drogis abhängt, begegnet man irgendwann zum Glück auch dem perfekten Dealer, in meinem Fall Travis, einem Typen Ende zwanzig mit langen blonden Haaren, der zu Hause bei seinen Eltern wohnte. Er kannte irgendwie immer jemanden, der Drogen hatte. Dagegen hatte er nur ganz selten selber welche, er war also kein richtiger Dealer, aber immer wenn meine Freundinnen und ich Pot brauchten,
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