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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
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folgte ein minutenlanger Krampfhusten und dabei sprühte ich die anderen mit Stückchen meiner, wie ich fest glaubte, zerfetzten Lunge ein. Ich dürfte so der uncoolste Drogenkonsument aller Zeiten gewesen sein.
    »Alles im grünen Bereich, Doc Holliday?«, fragte dann jemand.
    »Husten verstärkt die Wirkung«, log ich mit einer Stimme, die klang, als hätte ich ein Sorbet aus Kieselsteinen verschluckt. »Man soll so viel wie möglich husten, bis man das Gefühlhat, dass man sich übergeben muss. Hab ich im ROLLING STONE gelesen.« Die anderen waren inzwischen so high, dass ihnen das durchaus einleuchtete, deshalb begannen sie absichtlich zu husten und Spucke flog durch das ganze Auto, bis der Erste fast kotzen musste. Und dann lachten wir. Denn Fastkotzen ist irgendwie witzig, wenn man high ist und nass von der Spucke der anderen.
    Obwohl ich offenbar überwiegend immun gegen Pot war, lehnte ich bei geselligen Anlässen nie einen Joint ab, denn dann waren meine Hände beschäftigt. Ich war immer noch furchtbar schüchtern und wäre lieber in der Eselshow von Tijuana aufgetreten, als mit Leuten, die ich kaum kannte, Small Talk machen zu müssen. Das Schöne an Marihuana ist, dass es die Menschen sofort zusammenbringt. Eben stehst du noch mit Fremden herum und alles schweigt verlegen, weil du irgendwie auf Dildos zu sprechen gekommen bist, und dann flüstert jemand, dass der Bruder der Gastgeberin an einem Dildounfall gestorben ist, und du fühlst dich ganz mies, weil du ein so heikles Thema angesprochen hast, andererseits bist du total neugierig, weil
wie stirbt man an einem Dildounfall?
Vielleicht, dass einem eine ganze Schachtel davon auf den Kopf fällt? Aber du traust dich nicht zu fragen, weil dir schon schrecklich unangenehm ist, dass du überhaupt von Dildos angefangen hast, die jetzt sogar irgendwie einen Menschen getötet haben, und du ermahnst dich innerlich, auf Partys künftig nicht mehr davon zu reden, aber du weißt, du wirst dich nicht daran halten, weil du schon jetzt weißt, dass du bei der nächsten Gesprächspause von diesem Mädchen anfangen wirst, das du kennst und dessen Bruder an einem Dildounfall gestorben ist. Und dann merkst du, dass du genau diesem Mädchen gerade gegenüberstehst. Und dann, wenn alles so schrecklich peinlich ist, dass du schon überlegst, ob du jemanden ins Knie stechen sollst, nur um die anderenabzulenken und selber schnell wegzulaufen, also dann zieht jemand einen Plastikbeutel mit Pot heraus – und auf einmal ist alles ganz easy. Du stehst Schulter an Schulter mit den anderen und siehst zu, wie der Joint feierlich gerollt wird, während einige Anwesende Tipps zum Rollen geben und eifersüchtig gehütete Zippo-Feuerzeuge herumzeigen, richtige kleine Preziosen. (Anmerkung: Dieses Wort gibt es wirklich und man kann es im Scrabble verwenden. So, und jetzt könnt ihr mit Recht sagen, dass ihr hier ein Buch lest, das bildet und nicht nur von Dildos handelt, die unschuldige Menschen töten.
Bitte sehr, gern geschehen.)
Einzelgänger, die vielleicht eben noch mit leiser Verachtung die Klobrille der Gastgeberin mit einer Schutzschicht aus Toilettenpapier abgedeckt haben, ziehen jetzt fröhlich an einem Joint, der nass von der Spucke eines Dutzends fremder Leute ist, und tauschen sich über ihr Intimleben aus wie alte Kriegskameraden.
    Im Interesse der Wahrheit sollte ich darauf hinweisen, dass ich einmal tatsächlich richtig high war. Ich hatte zusammen mit meiner Freundin Hannah mexikanisches Gras geraucht. Zu Hannah fühlte ich mich hingezogen, weil wir beide gerne Babydoll-Kleider, löchrige Strümpfe und Springerstiefel trugen. Wir empfanden nur tiefste Verachtung für andere Jugendliche, die dem Herdentrieb folgten und sich nicht trauten, individuell und unverwechselbar zu sein wie wir, zwei
absolut identisch angezogene
Gothic-Mädchen.
    Hannah hatte als Kind so eine Betsy-Wetsy-Puppe, die sie überallhin mitnahm. Wenn man ihr die Flasche gab, machte sie Pipi, aber Hannah riss ihr immer nur den Kopf herunter und füllte sie mit dem Gartenschlauch bis zum Hals. Auch das Wickeln übersprang sie. Sie drückte einfach auf Betsys aufgeblähten Bauch und schon spritzten zwei Liter falsches Pipi aus dem rudimentären Harntrakt aus Kunststoff auf die Büchsedes Nachbarn. »Sie schlägt nach ihrem Vater«, pflegte Hannah über Betsy zu sagen. »Das läuft einfach nur durch.« Betsys Halsloch leierte mit der Zeit vom vielen Kopfabziehen aus und der Rumpf ging verloren, aber den

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