Das ist nicht wahr, oder?
Kopf bewahrte Hannah auf, vielleicht als Erinnerung daran, dass es womöglich besser war, wenn sie keine Kinder bekam. Dann wurde Hannah älter und wir kamen in die Phase, wo man aus allen möglichen Dingen wie Coladosen, Glühbirnen oder Melonen Bongs bastelt. Eines Abends machten wir auch aus dem Kopf des Babys einen Bong. (Dieser Satz steht bestimmt noch in keinen Memoiren. Wäre jedenfalls zu hoffen. Ich würde es ja im Internet überprüfen, aber mal ehrlich, das mit dem Pferde-Klistier-Fetisch hat mir einen Heidenschreck eingejagt, deshalb tue ich es nicht.) Wir bohrten ein paar Löcher in Betsys Schädeldecke, deckten sie mit Gitterdraht ab, zündeten den Pot an und saugten den Rauch durch Betsys pinkfarbenen Schmollmund. Nachdem wir das einige Male wiederholt hatten, merkte ich, dass ich ständig kichern musste und dass mir schwindlig und übel war … ich war total high. Hannah meinte großspurig, dass liege an ihrem außergewöhnlichen mexikanischen Marihuana, aber ich vermute, es lag an den giftigen Dämpfen des verbrannten Kunststoffs von Betsys weichem Babyschädel. Aber egal, das damit einhergehende Krebsrisiko nahm ich in Kauf, schließlich war ich das erste Mal richtig high und ich wollte auch Hannah die Freude nicht verderben, schließlich hatten wir einen einmalig schönen Bong und das wäre gewesen, als hätte der erste Mensch, dem Leonardo da Vinci seine Mona Lisa zeigte, gefragt: »Warum ist die so klein?« Und ziemlich genau daran musste ich an dem Abend denken, an dem ich das LSD des Pizzajungen nahm.
Wow, das ist wirklich eine verwickelte Geschichte. Die Drogen sind schuld.
Jedenfalls wartete ich zwei Stunden lang darauf, dass die Wirkung einsetzte. Mir war nur ein wenig schwindlig und ich wollte mich schon damit abfinden, dass nur Betsys brennender Skalp mich je high machen würde. Dann fühlte sich schlagartig alles anders an. Alles tat mir weh und wurde ganz fest und ich dachte, entweder der Trip geht los oder ich bekomme eine Grippe. Ich fragte Travis und er versicherte mir, das wäre ganz normal, Ursache wäre das Strychnin. Darauf ich: »Äh … Strychnin? Wie … wie das Zeug im Rattengift?« Und Travis ganz cool: »Yeah. Man tut immer ein wenig Strychnin dazu, damit das LSD sich mit dem Papier verbindet, und davon kriegst du leichte Krämpfe, aber du stirbst nicht dran, also entspann dich.« Darauf in meinem Kopf: »ABER MAN SAGT DOCH NICHT JEMANDEM, DER AUF LSD IST, DASS ER GERADE KRÄMPFE VON RATTENGIFT HAT, TRAVIS«, aber ich sagte das nicht laut, weil ich plötzlich Angst hatte, wenn ich schreie, könnte mein Geschrei in die Zunge hineingehen statt über sie weg nach draußen und sie könnte anschwellen und ich ersticken, und da merkte ich, dass ich wahrscheinlich high war.
Dann wurde ich abgelenkt, denn ich hörte dieses klingelnde Geräusch, und ich sagte den anderen immer wieder, sie sollten leise sein, weil ich herausfinden wollte, was es war, aber sie waren zu beschäftigt damit, die Wände abzulecken, weil sie meinten, die fühlten sich genauso an wie ein Lutscher. Ich wollte schon sagen, dass das aber ein Lutscher aus bleihaltiger Farbe wäre, da fiel mir ein, dass wir ja gerade alle Rattengift gegessen hatten, der Schaden war also wahrscheinlich schon angerichtet, und wenn wir überlebten, machte uns das nur stärker.
Ich hörte das Klingeln wieder und kroch auf den Knien durchs Haus, weil ich dachte, ich könnte vielleicht irgendwie unter den Schallwellen meiner zugedröhnten Freundinnen hindurchkriechen, die soeben zu der erschreckenden Erkenntnisgelangt waren, niemand könnte ihre Gesichter im wirklichen Leben sehen, weil man Spiegeln nicht trauen dürfe. Ich überlegte, ob Travis daran gedacht hatte, vor Beginn des Trips die Küchenmesser zu verstecken, und wollte ihn suchen und fragen, da begann das Klingeln wieder. Travis nahm gerade einem Mädchen mit Gewalt einen Dosenöffner ab und brüllte: »Kann mal jemand an das verdammte Telefon gehen?!« Da begriff ich, woher das Läuten kam.
Genau gleichzeitig entdeckte ich die unendliche Schönheit eines klingelnden Telefons, eines Geräusches, das die nüchterne Welt, wie ich jetzt wusste, niemals auch nur annähernd würdigen konnte. Sogar die Idee des Telefons erschien mir irgendwie bedeutungsvoller. »Am anderen Ende könnte was weiß ich wer sein«, dachte ich. »Zum Beispiel Mr. T. Oder einer von den Thundercats.« Die Vielfalt der Möglichkeiten war überwältigend. Ich nahm den Hörer ab und lauschte auf das
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