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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
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statische Knistern einer Fernverbindung.
    »Äh …
hallo?
Travis?«, fragte der Mann am anderen Ende. Ich: »Nein, hier spricht nicht Travis. Ist da einer von den Thundercats?«
    »Wer?«,
fragte der Mann. Er klang sehr ärgerlich.
    »Ich glaube, wir sind beide mit der falschen Nummer verbunden«, sagte ich und wollte auflegen, aber da begann der Nicht-Thundercat rumzubrüllen, aber ich konnte ihn nicht verstehen und dachte, wahrscheinlich war er nur wütend, weil er zu seiner Enttäuschung plötzlich festgestellt hatte, dass er nie ein Thundercat sein würde. Dann kam mir plötzlich, dass ich womöglich mit gar niemandem sprach, sondern mir alles nur einbildete. Vielleicht war ich nicht einmal am Telefon. Vielleicht unterhielt ich mich mit einem Apfel. Oder einer Wüstenspringmaus. Dann dachte ich, wenn es wirklich eine Wüstenspringmaus war, schlüpfte sie mir vielleicht gleich ins Ohr undfraß meine Ohrschnecke, also ließ ich das Telefon fallen und ging weg. Travis fragte hektisch: »Wer war denn dran?« Und ich: »Kein Thundercat.
Vielleicht
eine Wüstenspringmaus. Sieht mein Ohr okay aus?«
    Travis hätte jetzt wahrscheinlich einfach den Anrufbeantworter einschalten sollen, aber ich glaube, er hatte auch was genommen, denn er schien irgendwie zu schmelzen und die meisten nüchternen Menschen tun das meiner Erfahrung nach nicht. Und dann musste ich mich übergeben. Ich sagte noch: »Alter, ich glaube, ich muss mich übergeben.« Und Travis sagte: »Nein, das glaubst du nur.« Darauf ich: »Gott, da bin ich ja froh.« Und dann übergab ich mich. Auf Travis’ Füße. Travis gab mir eine fast leere Chipstüte, in die ich mich übergeben sollte, und ich saß in einem dunklen Zimmer und kotzte – ungeheure Mengen. So viel, dass ich schon vermutete, da waren Dinge dabei, die ich nie gegessen hatte. Travis legte eine Kassette mit »L. A. Woman« von den Doors ein. Das würde helfen, sagte er, und es hat auch tatsächlich geholfen, obwohl das ganze Haus mit haarigen Kobolden angefüllt war und sich auf gespenstische Weise aufzulösen schien. Außerdem war ich mir ziemlich sicher, dass in den Schränken kleine Feuer brannten, und jedes Mal, wenn das Band von den Doors abgelaufen war, fing ich wieder an zu kotzen und Travis hörte mich und musste es zurückspulen und wieder abspielen.
    Das ging in den nächsten vier Stunden alle fünf Minuten so.
    Aber irgendwann zwischen der Phase, in der ich eingebildete Schrankfeuer austrat, und dem Zeitpunkt, als ich endlich einschlief, muss ich noch einen Moment geistiger Klarheit und Erleuchtung gehabt haben. Ich weiß das, weil ich später beim Aufwachen neben einer vollgekotzten Chipstüte sah, dass jemand eine bizarre Hetzrede gegen Schlümpfe an die Wandgekritzelt hatte, und zwar in meiner Handschrift. Darum herum hatte ich noch einige Male meinen Namen geschrieben. Offenbar sollte mir niemand die Urheberschaft an der Erkenntnis streitig machen, dass Schlümpfe in Wirklichkeit friedliche bisexuelle Kommunisten sind. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass Drogen schlecht sind, und ich nahm nie wieder welche. 7 Ich beschloss, mir neue Freunde zu suchen, und ging, aber davor kratzte ich noch meinen Namen von der Wand ab und ersetzte ihn durch »Travis«. Weil ich fürchtete, er könnte mir das Gekritzel trotzdem anhängen, setzte ich auf das »i« in seinem Namen noch ein Herz, denn alle wussten, dass ich nicht zu denen gehöre, die so was machen. Travis allerdings auch nicht. Wahrscheinlich war ich einfach noch ein wenig high.
    Jedenfalls will ich damit sagen, dass Drogen schlimmes Zeug sind, es sei denn, man will damit nur die anderen von peinlichen Dildogeschichten ablenken. Und auch, dass einem so was abgesehen von Übelkeit, Verfolgungswahn und anderen Peinlichkeiten im Rückblick zwar irgendwie cool vorkommt, aber
damals überhaupt nicht.
Wie im Leben. Man wünscht sich, dass Thundercat Leo einen anruft, aber stattdessen hat man die ganze Zeit unnötig Angst, dass einem Wüstenspringmäuse in den Kopf kriechen. Was auch eine Art Metapher für das Leben ist. Eine richtig schlechte.

UND DESHALB WÄRE NEIL PATRICK HARRIS DER ERFOLGREICHSTE MASSENMÖRDER ALLER ZEITEN
    In der Woche nach meinem einundzwanzigsten Geburtstag traf ich einige gute Entscheidungen. Ich hatte mich noch nicht betrunken (sobald es legal war, hatte es plötzlich seinen Charme verloren) und ich war voll auf meine Magersucht konzentriert, wirklich eine der besten psychischen Störungen, die man haben

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