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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
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teils aus Erleichterung, dass er mich doch nicht ermorden wollte, und teils weil ich wusste, dass er mich nicht zum Pinkeln ausdem Auto lassen würde, solange ich nicht zustimmte. Ich küsste ihn und er kniete weiter vor mir und versperrte mir den Weg. Und dann fragte ich, ob ich auf die Toilette gehen könnte, und er sah mich mit so einem gequälten Gesicht an, dass ich mich schon fragte, ob ich jetzt die romantische Stimmung versaut hatte, aber dann richtete er sich auf und ich sah, dass er sich versehentlich in einen Haufen Glasscherben gekniet hatte, was wirklich der Wahnsinn war, denn nichts ist romantischer als ein Heiratsantrag, nach dem man eine Tetanusspritze braucht.
    Ich weiß noch, wie ich damals dachte, wenn ich nicht so dringend hätte pinkeln müssen, hätte ich wahrscheinlich gesagt, wir sollten noch warten, denn in Wahrheit war ich ein wenig zu kaputt, um irgendjemanden zu heiraten. Aber als ich von der Toilette zurückkam, hatte Victor schon alle unsere Bekannten angerufen und über mein Jawort informiert.
    Ich wollte ihn noch einige Male überzeugen, dass er mit seinem Antrag einen schrecklichen Fehler begangen hätte, aber sobald ich darauf beharrte, dass er mit einer seiner Debütantinnen von damals besser beraten gewesen wäre, tat er das als mangelndes Selbstwertgefühl ab. Selbst als ich erklärte, ich wäre in gewisser Hinsicht gestört, fand er das eine Übertreibung meinerseits. Er kannte meine kleineren Panikattacken und gelegentlichen Zusammenbrüche und glaubte irrtümlich, damit schon das Schlimmste erlebt zu haben.
    Dann wachte ich eines Morgens kurz nach unserer Verlobung auf, als er die Hand nach mir ausstreckte. Plötzlich hielt er inne und setzte sich auf. Betont ruhig sagte er: »Schatz …? Hast du … ins Bett gepinkelt?«
    Und ich darauf empört: »WIE BITTE?! Ich pinkle doch nicht ins Bett!« Und dann dachte ich: »Igitt, habe ich wirklich ins Bett gepinkelt?« und tastete herum und spürte nichts, aber dann sah ich diese große gelbe Pfütze, die langsam durch dieDaunendecke in den Graben zwischen Victor und mir sickerte. Ich schrie »OHMEINGOTT, KATZENPISSE!« und schlug die Decke hastig zurück. Die Katzenpisse spritzte überallhin.
    Victor sprang aus dem Bett, würgte und überschüttete mich und den Kater mit Beschimpfungen, und da wurde mir erst klar, dass er trotz seines Megaekels immer noch versucht hatte, Ruhe zu bewahren und verständnisvoll zu sein, weil er glaubte, ich hätte ihn voll gepinkelt. Offenbar in der Annahme, ich wäre so durchgeknallt, dass ich
willkürlich auf ihn uriniere.
Und da dachte ich, vielleicht hat unsere Beziehung doch eine Chance.
    Trotzdem tat Victor mir leid, denn er wusste zwar, dass ich geistig schon gestört war, glaubte aber, ich wäre von Natur aus dünn, er nahm also an, dass ich zwar »verrückt« war, aber irgendwie sexy und verrückt. Er schickte mich zum Collegepsychiater und der redete mir die Magersucht aus und ich legte sofort fünfzehn Kilo zu, was zwar sehr gesund war, aber gar nicht mehr sexy. Außerdem nahm ich auf einmal feste Nahrung zu mir, kostete also deutlich mehr Geld, als Victor ursprünglich eingeplant hatte. Insgesamt machte er mit mir ein richtig schlechtes Geschäft.
    Und ich war noch durchgeknallter, als ich zugab.

ES WAR KEIN EINTOPF
    Ich fand es immer unfair, dass ich vor unserer Hochzeit so wenig Zeit hatte, mich bei meinen künftigen Schwiegereltern einzuschmeicheln, während Victor das bei meinen Eltern ein ganzes Jahr lang tun konnte.
    Zugegeben, wir hatten es beide nicht leicht. Bei seinem ersten Besuch zum Abendessen bei mir zu Hause saßen wir zusammen mit meiner Mom im Wohnzimmer. Mom und ich saßen auf dem Sofa und konnten von dort aus sehen, wie mein Vater auf Zehenspitzen ins Zimmer kam. Er hatte den Finger an die Lippen gelegt, wir sollten Victor nicht verraten, dass er hinter ihm stand, und unter den rechten Arm hatte er sich einen lebenden Rotluchs geklemmt. Nicht im Traum hätte ich mir vorstellen können, dass mein Vater tatsächlich einen lebenden Luchs auf den Mann werfen würde, den ich beeindrucken wollte. Es wäre für mich der wahrscheinlich schlimmste Albtraum meines Lebens gewesen. Ich nahm also an, dass er den Luchs versehentlich ins Haus gelassen hatte und dann eingeschlafen war, dass er aber seinen schrecklichen Fehler erkannt hatte, als er beim Aufwachen Victors Stimme hörte, und ihn jetzt heimlich durch die Hintertür nach draußen bringen wollte, damit Victor nicht auf den

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