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Das Jahr auf dem Lande

Das Jahr auf dem Lande

Titel: Das Jahr auf dem Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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auf ein herablassendes Grinsen gefaßt. »Aber wir sind ja auch schlichte, bescheidene Leute.«
    »Ich finde das Auto sehr hübsch«, entgegnete Lester. »Eine verblaßte Schönheit aus glanzvoller Vergangenheit«, fügte er hinzu, und Jo dachte, daß er eigentlich gar nicht so übel war.
    »Ich glaube nicht, daß ich unser Auto Ihrer Familie vorstellen werde. Es würde sicher keinen Anklang finden.«
    Aber Kusine Jane sollte schon sehr bald in die heiligen Gefilde eindringen, und das aus eigenem Antrieb. Denn eines Tages, als sie am Tor der Holdens vorbeifuhren, nachdem sie Lesters Schafböcke inspiziert hatten, begann das Auto laut zu schnaufen. »Sie hat kein Kühlwasser mehr«, meinte Robert resigniert. »Wahrscheinlich hat sie irgendwo ein neues Leck. Es bleibt uns nichts anderes übrig, wir müssen Mr. Holden um Wasser bitten.«
    Langsam fuhren sie die Auffahrt hinauf, während Kusine Jane verzweifelt stotterte, und entschuldigten sich bei James Holden, als dieser höflich, aber keineswegs begeistert zum Vorschein kam. »Tut mir leid, daß wir Sie so überfallen, aber Kusine Jane verdurstet. Ich glaube nicht, daß sie noch einen Kilometer schaffen wird. Hätten Sie vielleicht einen Eimer Wasser für uns?«
    James lächelte gezwungen und ging davon, gefolgt von Robert und Sheikh. Robert hatte den Motor laufen lassen, weil er befürchtete, daß Kusine Jane sonst nicht mehr anspringen würde, und sie schleuderte ihm wütende Schimpflaute nach. Cynthia trat auf die Veranda, warf einen verwirrten Blick zum Himmel und dann auf Kusine Jane und Jo und lächelte verständnisvoll. »Das ist also das berühmte Auto. Ich dachte, daß ein Hubschrauber über uns hinwegfliegt. Was für ein nettes kleines Ding! Und daß es trotz seiner geringen Größe soviel Lärm machen kann...«
    Jo lachte. »Ist Kusine Jane nicht entzückend? Adrian ist allerdings weniger begeistert.«
    »Adrian?«
    »Mein Vater. Wenn es um Autos geht, ist er ein gräßlicher Snob.«
    »Ich habe noch nie gehört, daß junge Leute ihre Eltern beim Vornamen anreden. Elizabeth ist in dieser Beziehung eher altmodisch.«
    Jo unterdrückte ein Grinsen. Sie mußte Beth einmal dazu überreden, Mr. Holden »James« zu nennen oder noch besser »Jimmy«. »Es klingt vielleicht etwas seltsam, aber wir haben unsere Eltern immer so angeredet. Es macht ihnen nichts aus.«
    »Ich weiß nicht recht... Vielleicht kann man auf diese Weise die Kluft zwischen den Generationen überbrücken, von der ja jetzt soviel gesprochen wird.«
    Jo wollte gerade sagen, daß die Anredeform keine Rolle spiele, es komme nur darauf an, wie man zu seinen Eltern stehe, als James Holden und Robert mit einem Eimer Wasser zurückkamen. James machte mit einiger Anstrengung eine scherzhafte Bemerkung über Kusine Jane, und Robert fragte boshaft: »Wollen Sie sich mal ans Steuer setzen, Sir? Sie fährt besser, als sie aussieht.«
    James erklärte, er hätte wichtige Geschäftsbriefe zu schreiben, und dann sahen sie alle die alte Mrs. Holden in der Tür stehen, die erstaunt auf das Vehikel starrte, das da ihre elegante Auffahrt verunzierte. Jo fragte sich, ob es respektlos wäre, der alten Dame zuzuwinken, unterließ es lieber und versuchte sich zu verneigen — ein schwieriges Unterfangen, wenn man in der winzigen Kusine Jane saß. Mrs. Holden nickte gnädig und beorderte dann mit einer herrischen Geste ihren Sohn zu sich. Jo und Robert konnten hören, was sie sagte, denn es gehörte zu den verwirrenden Eigenschaften der alten Dame, daß sie ihre Mitmenschen für taub hielt.
    »James, du hättest mit dem Auto fahren sollen. Ich mag den jungen Mann. Er ist ein Gentleman. Es ist natürlich schlimm, daß er dazu gezwungen ist, ein so schreckliches Vehikel zu fahren, aber er ist stolz darauf. Wahrscheinlich ist es sein erstes Auto. Es wäre höflicher gewesen, seine Einladung anzunehmen.«
    Dann stieg sie würdevoll die Stufen herab und begrüßte Robert sehr herzlich. »Ein bemerkenswerter Wagen. Ich würde sehr gern einmal damit fahren.«
    Robert, hin- und hergerissen zwischen Verlegenheit und Belustigung, erwiderte zögernd: »Nun ja... Sie werden das Auto sicher nicht sehr komfortabel finden, aber ich finde es toll von Ihnen, daß Sie es ausprobieren wollen. Jo, halt keine Maulaffen feil, steig aus und halt dein Riesenvieh fest. Wart hier auf mich, ich mache eine kleine Rundfahrt mit Mrs. Holden. Kommen Sie, ich helfe Ihnen, Madam. Es ist ein bißchen schwierig einzusteigen.«
    »Ich bin noch nicht

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