Das Jahr der Kraniche - Roman
zukünftigen Familie hatte. Und zwar genauso ein Hund wie der, der sie sich doch so offensichtlich ausgesucht hatte.
»Ich fürchte, nicht.«
Auf der Polizeiwache hatten sie ihnen zwar gesagt, dass niemand einen Hund als vermisst gemeldet hatte, was Laura dazu bewogen hatte, zufrieden wieder abzuziehen. Doch Jan hatte darauf bestanden, dass Polizeiobermeister Kuhn, der sich ihrer angenommen hatte, herumtelefonierte, um herauszubekommen, ob nicht doch irgendwo ein Hund weggelaufen war. Einen Moment lang hatte sie sich über sein korrektes Verhalten geärgert. Es war doch so offensichtlich, dass der Hund bei ihnen sein wollte. Aber Jan hatte an den Besitzer gedacht, der sich wahrscheinlich Sorgen machte. Vielleicht waren da auch ein paar Kinder, die sich die Augen nach ihrem Freund ausweinten.
»Wahrscheinlich haben sie ihn misshandelt«, hatte Laura eingeworfen. »Sonst wäre er ja nicht weggelaufen.«
»Er könnte sich aber auch verirrt haben. Vielleicht hat er einfach nicht wieder nach Hause gefunden.«
Sie hatte nicht verstanden, wieso er den Hund nicht behalten wollte.
»Wenn du willst, können wir uns einen eigenen Hund anschaffen. Einen süßen kleinen Welpen.«
Sie hatte nur stumm genickt, dabei aber die guten Mächte im Universum angefleht, dass sie ihnen helfen mögen, genau diesen Hund behalten zu können.
Keine Ahnung, was ich an ihm finde. Er mag mich ja nicht mal. Aber irgendwie gehört er zu Jan. Ich will einfach, dass er bei uns bleibt. Also bitteschön, ihr da oben, ihr kriegt das doch wohl hin.
Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange, schnupperte an seinem Hals. Dass sie sich gar nicht an ihm satt riechen konnte! Es war nicht nur das französische Rasierwasser, das er benutzte, es war sein eigener Duft, der sie immer wieder taumeln machte.
»Hmmm… Ich fasse es nicht, wie gut du riechst.«
Wenn sie eine Katze gewesen wäre, hätte sie jetzt angefangen zu schnurren. Sie rieb ihre Wange an der seinen, auch das leichte Kratzen seiner Barthaare, die schon ein paar Stunden nach der letzten Rasur einen dunklen Schatten auf seine Wangen legten, gefiel ihr außerordentlich gut.
»Weißt du, was ich mir wünsche?« Sie sah ihm tief in die Augen. »Dass alles immer genauso ist wie heute.«
Wenn sie gewusst hätte, wie tief ihn diese Worte berührten. Er legte den Arm um sie. Drückte einen Kuss auf ihr schimmerndes Haar.
»Ich hoffe, das wirst du übermorgen auch noch sagen.«
»Wieso nicht? Denkst du, ich werde dich übermorgen nicht mehr lieben? Oder hast du vor…«
»Das Frühjahr hier ist nicht immer so hell und sonnig. Übermorgen kann es schon wieder grau und trübe sein. Dann siehst du vor lauter Nebel keinen Meter, es regnet tagelang, die Straßen versinken im Matsch, und der Ostwind kann im März durchaus noch einmal sibirische Kälte bringen.«
»Wundervoll«, murmelte sie an seiner Brust. »Wir werden vor dem Kamin sitzen und Tee trinken. Und dem Wind zuhören, wie er in den Bäumen rauscht. Ich werde uns dicke Suppen kochen, und irgendwann werden wir unsere Freunde zum Glühwein einladen. Weißt du eigentlich, dass ich eine Meisterin im Plätzchenbacken bin?«
Wie kam es nur, dass sie einfach durch nichts zu erschüttern war? Hatte er sie wirklich verdient, diese sonnige Frau, die dem Leben nur gute Seiten abzugewinnen schien?
»Hej, Jan. Ich hab schon gehört, dass du wieder da bist.«
Marius Berg kam ins Café. In der Hand hatte er seine Arzttasche, gleichzeitig kramte er in seiner Jackentasche nach dem Autoschlüssel.
»Marius, hallo! Laura, das ist Marius Berg, Elkes Mann. Komm, setz dich zu uns. Trink einen Kaffee…«
»Tut mir leid. Ein Notfall. Hanno ist anscheinend zusammengebrochen. Der Postbote hat ihn vor deinem Haus gefunden. Ich bin auf dem Weg zu ihm.«
Seine Stimme klang besorgt. Er nickte ihnen zu und eilte aus dem Café auf sein Auto zu, das in der Nähe geparkt war.
Jan war sofort aufgesprungen. Er legte einen Geldschein auf den Tisch, nahm die Tüten mit den Einkäufen. Laura packte ihre Tasche.
»Ist Elkes Mann Arzt?«
»Seine Praxis ist in dem gelben Haus dort drüben.«
Jan ging eilig vor ihr zu ihrem Auto. Laura wusste, dass er besorgt war. Sie beeilte sich, ihm zu folgen.
Dabei hat der Tag doch so toll angefangen.
» Es war bestimmt nur ein Schwächeanfall. Vielleicht schlägt das Wetter um«, versuchte sie, Jan zu beruhigen. Er sagte nichts, nickte nur.
Ist doch klar, dass er sich Sorgen macht. Er kennt Hanno schon sein ganzes Leben.
Jans
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