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Das Jahr der Kraniche - Roman

Das Jahr der Kraniche - Roman

Titel: Das Jahr der Kraniche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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gehen. Ich will nicht, dass du nur aus Pflichtgefühl bei mir bleibst.«
    Sie hätte ihn schütteln mögen.
    Wie kommst du auf die Idee, dass du mich unglücklich machen könntest?
    » Ich verspreche es dir. Wenn du mich nicht mehr glücklich machst, werde ich dich verlassen. Aber du musst mir das Gleiche versprechen.«
    Es war in dieser Nacht zu einem seltsamen Schwur gekommen: Ein Mann und eine Frau, die kurz davor standen zu heiraten, die einander innig liebten, die sich ein Leben ohne den anderen nicht vorstellen konnten, schworen sich in allem Ernst, dass sie sich trennen würden an dem Tag, an dem ihre Liebe erloschen wäre.
    Niemals, niemals werde ich aufhören, dich zu lieben. Egal, was passieren wird, meine Liebe zu dir wird nicht aufhören.
    Sie war keine naive Schülerin, die sich zum ersten Mal verliebt hatte. Sie hatte erlebt, wie einem die Liebe einfach abhanden kommen kann. Sie hatte die Wut erfahren, die sich in einem Menschen aufbaute, der zwar erkannte, dass die Liebe vorbei war, der sich aber nicht dazu durchringen konnte, die Sache zu beenden. Sie hatte die Qual erlebt, die täglich größer wurde, wenn zwei Menschen den Mut nicht aufbrachten, den gemeinsamen Weg zu verlassen. Sie wusste sehr genau, dass eine Liebe, die man für unerschütterlich und endlos hielt, sich auflösen konnte, ohne dass man in der Lage war, etwas dagegen zu tun. Und trotz all diesem Wissen und dieser Erfahrungen war sie überzeugt, dass sie niemals aufhören würde, diesen Mann, den ihr das Schicksal zugedacht hatte, zu lieben.
    »Es geht ihr nicht um dich. Verdammt, Jan, merkst du das denn nicht? Sie will nur dein Geld.«
    Elkes Augen hatten Funken gesprüht, als sie ihn anschrie. Die kleine Person hatte am ganzen Körper gezittert. Sie hatte auf ihn eingeprügelt, ungeachtet wie lächerlich das wirken musste. Das untergewichtige, sechzehnjährige Mädchen, das auf die breite Brust des Mannes schlug, der sie nicht nur um fast vierzig Zentimeter überragte, sondern auch fast fünfzig Kilo schwerer war. Er hatte ihre Hände festgehalten und versucht, ihr klarzumachen, dass das alles Quatsch sei.
    Aber sie hatte sich losgerissen und weitergetobt. Er sei zu gut für diese Frau. Sie hätte keine Klasse, sie würde ihn betrügen und verraten, und eines Tages würde sie ihn verlassen, nachdem sie ihn ausgenommen haben würde wie eine Weihnachtsgans.
    »Sie wird dir das Herz brechen, du Idiot.« Er hatte sie einfach stehen lassen, war aus der Küche gegangen, in der dieser ungleiche Kampf stattgefunden hatte. Und dann hatte er das Klirren und Scheppern gehört. Und ihren wütenden Aufschrei. Alles, was auf dem Tisch gestanden hatte– Gläser, Teller, Kerzenleuchter–, hatte in Scherben und Stücken auf dem Küchenboden gelegen. Die wilde Wut in ihrem Blick, mit dem sie ihn ansah, als er in die Küche zurückgekommen war, hatte ihn seine Fassung verlieren lassen. Und er hatte sie am Arm genommen und aus der Küche gezerrt, durch die große Halle hindurch. Er hatte sie vor die Tür gestoßen und geschrien, dass sie sich nie wieder blicken lassen solle. Der Knall, mit dem die schwere Eichentür ins Schloss gefallen war, dröhnte noch heute in seinen Ohren. Und das Hämmern ihrer Fäuste gegen die Tür.
    »Du wirst es bereuen. Und du wirst daran denken, was ich dir gesagt habe.«
    Ihre Stimme hatte sich überschlagen vor Zorn. Er hatte reglos hinter der Tür gestanden. Und als sie endlich ruhig wurde, hatte er durch das Fenster gesehen, wie sie davonstürmte und von der Nacht verschluckt wurde. Am nächsten Tag war er abgereist, fest entschlossen, Elke nicht mehr in sein Leben zu lassen. Es hatte lange gedauert, bis sie wieder miteinander gesprochen hatten. Und obwohl sie dann beide so taten, als sei nichts geschehen, hatte er das Gefühl gehabt, dass sich die Kluft, die sich in jener Nacht zwischen ihnen aufgetan hatte, nie wieder würde schließen können.
    »Du weißt, dass mir dein Geld völlig wurscht ist.«
    Lauras Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück. Sie war aus dem Auto ausgestiegen. In ihren Augen lag ein Flehen.
    »Ich würde dich auch lieben, wenn du in einem Zelt wohnen und jeden Tag vor einem Supermarkt sitzen und die Leute um einen Euro anbetteln würdest. Sag mir, dass du das weißt, Jan!« Und dein Alter ist mir auch egal. Ich liebe dich. Nicht trotz deines Alters, auch nicht wegen deines Alters. Ich liebe dich, weil du der bist, der du bist. » Könntest du mir nicht versprechen, dass du aufhörst, an mir

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