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Das Jahr der Kraniche - Roman

Das Jahr der Kraniche - Roman

Titel: Das Jahr der Kraniche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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geborgen.

3
    Henriette Klemm schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Sie kommen eine Woche zu spät, es tut mir wirklich leid.«
    Laura ärgerte sich, dass sie ihren Plan, sich im Templiner Krankenhaus zu bewerben, so lange hatte schleifen lassen. Wenn sie sich, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte, gleich zu Anfang, als sie hier angekommen war, bei der Personalchefin vorgestellt hätte, dann wäre ihr eine Stelle als Krankenschwester sicher gewesen.
    »Bei Ihren Referenzen hätte ich keine Sekunde gezögert, Sie einzustellen. Das ist wirklich zu schade.«
    Sie verabredeten, dass Lauras Bewerbung bei Frau Klemm liegen bleiben und dass diese sich, sobald sie wieder eine Stelle zu vergeben hätte, umgehend bei Laura melden würde.
    So sehr Laura ihr neues Leben genoss, so sehr sehnte sie sich danach, wieder in ihrem Beruf zu arbeiten. Sie hatte sich schon dabei ertappt, dass sie neidisch auf Jan war, wenn er an seinem Schreibtisch saß und an dem Entwurf für das Kölner Kaufhaus arbeitete. Oder auf Marius und Elke, die beide in ihren Berufen so zufrieden schienen. Natürlich gab es im Haus und im Garten jede Menge zu tun. Doch manchmal fragte sich Laura, ob es nicht auch reichen würde, wenn sie das Unkraut in den Rosenbeeten einmal die Woche zupfen würde, und ob es wirklich nötig war, jeden Tag mit dem Staubsauger durch das Haus zu gehen. Ein Zweipersonenhaushalt war nun mal keine abendfüllende Sache für sie. Ja, wenn sie Kinder hätten, dann würde das alles ganz anders aussehen. Dann würde sie auch gern, jedenfalls in den ersten paar Jahren, zu Hause bleiben. Aber solange sie keine Familie waren…
    Ein paar Mal hatte sie Jette Politschek in ihrem Heim besucht. Doch das, was sie sich heimlich erhofft hatte, nämlich vielleicht doch noch etwas über ihre Vorgängerin Julia zu erfahren, war nicht eingetreten. Jette hatte sich gefreut, sie zu sehen. Sie hatte ihre Hand festgehalten und davon geredet, wie sie die Hortensien eingepflanzt hatten. Oder die Himbeerbüsche, die jetzt voll mit Früchten hingen. Es war eindeutig, dass Jette und Julia eine innige Freundschaft verbunden hatte. Aber wenn Laura es einmal wagte zu fragen, ob Julia denn mit Jan glücklich gewesen sei oder ob es vielleicht einen anderen Mann in ihrem Leben gegeben hatte, dann hatte Jette sie nur verständnislos angesehen.
    »Du warst so blass, Julchen. Ich hab solche Angst um dich gehabt.«
    Diesen Satz wiederholte sie so oft, dass Laura sich langsam fragte, ob Julia nicht vielleicht schwer krank gewesen war. Sie hatte es aber nicht gewagt, Jan noch einmal auf seine frühere Freundin anzusprechen. Es war wie eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen ihnen, dass sie die Vergangenheit nicht mehr erwähnen wollten.
    Elke sah es Laura sofort an, dass es mit dem Bewerbungsgespräch nicht geklappt hatte.
    »Das ist doch keine Katastrophe. Ich wäre froh, wenn ich nicht mehr arbeiten müsste.«
    Sie hatte Laura erzählt, dass Marius, obwohl seine Praxis wirklich gut ging, nicht genug Geld verdiente, dass sie den Kredit, den sie für das Haus aufgenommen hatten, ohne Weiteres zurückzahlen konnten. Also hatten sie vereinbart, dass Elke wenigstens noch so lange als Lehrerin arbeiten würde, bis sie schuldenfrei waren.
    »Ich vermute mal, das wird dann am Sankt-Nimmerleins-Tag sein.«
    Sie standen im Supermarkt an der Kasse, wo sie Einweckgläser und Gelierzucker gekauft hatten, um in den nächsten Tagen zusammen die Himbeeren aus Lauras Garten und die reiche Aprikosenernte von Elkes Bäumen zu Marmelade und Kompott zu verarbeiten.
    »Ich hab aber Lust, wieder zu arbeiten. Muss ja nicht unbedingt im Krankenhaus sein. Kannst du mal Marius fragen, ob er nicht vielleicht von einem Kollegen weiß, der eine Sprechstundenhilfe sucht?«
    »Klar kann ich das. Er kennt jeden Arzt hier in der Gegend. Aber dass mir dann später keine Klagen kommen, weil du nicht mehr genug Zeit für dein Eheleben hast.«
    »Ihr arbeitet doch auch beide, und es schadet eurer Ehe nicht.«
    Elke lächelte in sich hinein, als sie bezahlte.
    »Schon. Aber ihr seid ja praktisch noch in den Flitterwochen. Ich sag es dir, genieß diese Zeit. Es werden auch mal andere kommen.«
    Und dann, erst dann, würde sich herausstellen, ob Laura und Jan tatsächlich zueinander gehörten. So wie sie und Marius. Einmal hatte Jan es ja schon erleben müssen, dass seine Verbindung zu einer Frau der allerersten Irritation nicht standgehalten hatte. Es hatte sich herausgestellt, dass hinter der Fassade des

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